Was Egîd und Arîn auf dem Lêlîkan erlebten

Egîd und Arîn waren bei der ersten Aktion gegen das türkische Militär auf dem Tepê Lêlîkan dabei. Egîds erste Patrone funktionierte nicht, aber mit seinem letzten Schuss rettete er Arîn das Leben.

Schritt für Schritt besetzt die türkische Armee seit vergangenem Dezember Südkurdistan. Der Tepê Lêlîkan im Bradost-Gebiet, auf dem türkische Einheiten stationiert sind, ist ständiges Angriffsziel der Guerilla. Die HPG-Kämpfer*innen Egîd und Arîn waren bei dem ersten Angriff dabei. Gegenüber ANF äußerten sie sich dazu, wie sie diese Aktion erlebt haben.

Egîd Welat: Ein unbeschreibliches Gefühl

Auf die erste Aktion auf dem Tepê Lêlîkan wartete die gesamte Guerilla gespannt, vor allem im Bradost-Gebiet. Der türkische Staat hatte diesen Berg gerade erst besetzt. Deshalb wurde eine Aktion erwartet, mit der dem Feind ein harter Schlag versetzt wird. Es waren nicht besonders viele Freundinnen und Freunde, die an dieser Aktion teilnehmen sollten. Wir trafen unsere Vorbereitungen, es waren schwere und halbautomatische Waffen vorgesehen, außerdem Scharfschützengewehre und Kleinwaffen. Ich selbst benutzte bei der Aktion die von der Guerilla modifizierte Zagros-Waffe. Nach der Aufklärung und einer Planungsversammlung warteten wir auf den Befehl von Bager, der den Angriff koordinieren sollte. Bei der Vorbereitung herrschte große Aufregung. Man kann dieses Gefühl kaum beschreiben.

Dem Kommandanten Agirî gerecht werden

Die Offensive gegen die türkische Besatzung ist nach dem Kommandanten Agirî benannt, der gefallen ist. Er hatte die Gabe, andere selbst in den schlechtesten Situationen aufzumuntern und zu motivieren. Unsere Vorstellung von Militanz bedeutet, immer lebendig, hoffnungsvoll und zielgerichtet zu sein. An den Gesichtern der Freundinnen und Freunde, die für die Aktion ausgesucht waren, konnte ich ablesen, dass der Erfolg unausweichlich war. Mit großer Wut und dem Wunsch nach Vergeltung machten wir uns auf den Weg zum Tepê Lêlîkan.

Bager gibt den Angriffsbefehl: Fangt an

Als wir uns von den anderen verabschiedeten, lachten die Freundinnen und Freunde aus der Aktionsgruppe. Wir wussten einfach, dass es gut laufen wird. Wir teilten uns in Gruppen auf, zu zweit sollten wir uns an einer Stelle positionieren. Fünfzehn Minuten vor Beginn der Aktion nahm ich meinen Platz ein. Ich bereitete meine Zagros vor, stellte das Zielfernrohr ein und legte Munition ein. Meine Ohren konzentrierten sich auf das Funkgerät, meine Augen auf das Zielfernrohr. Meine Hand lag am Abzug. Alle Gruppen meldeten sich über Funk zurück. Als ich an der Reihe war, sagte ich, dass ich bereit war. Über den ganzen Lêlîkan hatte sich eine tiefe Stille gelegt. Sie wurde von Bagers Stimme unterbrochen: „Fangt an!“

Als erstes wurden die B7 und Mörsergranaten eingesetzt. Anstelle der Todesstille trat der Gefechtslärm. Für die türkischen Soldaten war es ein Schock. In den ersten Minuten wehrten sie sich nicht einmal. Dann ging ein Teil zum Gegenangriff über, ein großer Teil flüchtete in die Umgebung.

„Hätte ich nicht geschossen, hätte er Arîn erschossen“

Den türkischen Scharfschützen sah ich, als er auf einen Felsen kletterte. Ich musste ihn unbedingt treffen. Beim Zielen hörte ich, dass Mîrxan verwundet war. Ich war voller Hass und Wut. Als er selbst den Kopf hob, um zu zielen, drückte ich ab. Es war mein erster Schuss bei dieser Aktion. Der Soldat stürzte. Später stellte sich heraus, dass ich mit diesem Schuss Arîn gerettet hatte. Sie befand sich in der Angriffsgruppe und ihr war die Munition für ihre B7 ausgegangen. Deshalb kauerte sie an einer Stelle unterhalb des Felsens und wünschte sich sehnlichst, dass jemand von uns den Scharfschützen abschießen würde.

Arîn Stêrk: An der B7 ausgebildet

Wir mussten der faschistischen türkischen Armee auf dem Lêlîkan unbedingt einen Schlag versetzen und sie bereuen lassen, jemals hier hergekommen zu sein. Als ich nach der Planung und Aufklärung gerufen wurde, ahnte ich bereits, dass ich an der Aktion teilnehmen würde. Ich ging schnell. Als ich ankam, hatten sich die anderen bereits versammelt. Es wurde festgelegt, wer dabei sein sollte, dann wurden die Aufgaben verteilt. Alle schlugen sich selbst für die Angriffsgruppe vor. Ich hatte Glück und kam in die Gruppe. Ich bin an der B7 ausgebildet worden und kann damit umgehen. Die Stimmung vor der Aktion war ausgelassen.

Zwei Aktionsgruppen

Wir machten uns auf den Weg zum Gipfel. Meine Last war durch die Munition sehr schwer. Serdem trug die B7 für mich bis zu der Stelle, an der es losgehen sollte. Als wir uns dem Gipfel genähert hatten, war noch genug Zeit bis zum Beginn der Aktion. Wir warteten und trafen unsere Vorbereitungen. Der Nebel war für uns von Vorteil, wir konnten uns dadurch freier bewegen. Es gab zwei Aktionsgruppen, die eine wurde von Hawar angeführt, die andere, in der auch ich war, von Mîrxan. Wir waren zusammen losgegangen und hatten uns an einer Stelle getrennt. Zur festgelegten Zeit erreichten wir unseren Platz und brachten uns in Position.

Das Wetter war auf unserer Seite

Als die Aktion begann, war es nebelig und wir konnten nicht weit sehen. Jetzt war der Nebel ein Nachteil. Als wir jedoch zu schießen begannen, löste der Nebel sich plötzlich auf. Es war, als ob auch das Wetter auf unserer Seite stand. Selbst die Natur war gegen die faschistische türkische Armee.

Ich zielte auf die feindliche Stellung und wollte schießen, aber die Munition funktionierte nicht. Deshalb begann die Aktion ein paar Minuten später. Ich legte neue Munition ein, zielte und schoss. Die Stellung wurde zerstört und die Aktion begann. Mîrxan und Serdem gingen zum Angriff über. Als ich den Rucksack mit der B7-Munition aufhob und ein Stück weiter gehen wollte, sah ich, wie drei Soldaten in eine Stellung gingen. Diese Stellung musste ich unbedingt zerstören, weil die Soldaten uns ansonsten daran gehindert hätten, in die Stellung einzudringen. Ich hielt hinter einem Stein an, legte Munition nach und schoss. Mit der Stellung war es vorbei. Mîrxan und Serdem waren schon ein ganzes Stück weiter. Ich versuchte, sie einzuholen, aber ich verlor sie aus den Augen. Sie waren in die Stellungen eingedrungen. Ich schoss und bemühte mich gleichzeitig, zu ihnen zu kommen.

Der Soldat schrie: „Sie kommen!“

Als das Gefecht begonnen hatte, war ein Teil der Soldaten geflohen, ein anderer Teil ging in Verteidigungsposition. Während wir in ihre Stellungen eindrangen, hörten wir einen Soldaten rufen: „Ibrahim, sie kommen, sie kommen!“ Mîrxan wurde verletzt, bevor ich sie erreichte. Serdem versuchte, Mîrxan aus dem Kampfgebiet zu bringen.

Ich bemerkte einen Soldaten in der Stellung. Meine Munition war zu Ende. Ich kauerte mich zwischen die Felsen und überlegte, was ich tun soll. Eine ganze Weile saß ich dort fest, die Soldaten schossen in meine Richtung. Ein türkischer Scharfschütze zielte auf mich und schoss. Plötzlich wurde es ruhig. Ich hob meinen Kopf und sah, dass er tot vom Felsen gefallen war. Schnell nutzte ich die Gelegenheit, mich zurückzuziehen. Ich erreichte den Rest der Gruppe. Bager, der die Aktion koordinierte, gab über Funk das Signal zum Rückzug: „Es reicht für jetzt.“ Wir liefen den Berg hinunter und trafen auf Mîrxan und Serdem. Die Aktion war ein voller Erfolg, wir haben der türkischen Armee einen harten Schlag versetzt und den Mut der Besatzer gebrochen.