In der letzten Zeit sind wiederholt Dokumente aufgetaucht, die auf den Aufbau bewaffneter Gruppen durch den türkischen Geheimdienst MIT in Kerkûk hinweisen. Im Gespräch mit ANF erklärte Şiwan Dawudî, Rechtsanwalt und Abgeordneter der Patriotischen Union Kurdistans (YNK), dass die Verwicklung der Türkei in den Aufbau dieser Gruppen nun bewiesen sei. Der türkische Staat ziele darauf ab, den Frieden in Kerkûk zu stören und den Süden Kurdistans zu besetzen. Um die Annexion der Region voranzutreiben, wurde bereits damit begonnen, die in Kerkûk organisierten turkmenischen Milizen in der Türkei auszubilden.
Zu den Details der Besatzungspläne des türkischen Staates erklärte Dawudî: „Bevor diese Banden organisiert wurden, sind Erşad Salili und Hesen Turan, beides Führungspersonen der Turkmenenfront des Irak (ITC), vom MIT kontaktiert worden. Salili befand sich zu dem Zeitpunkt im Kreis Yaçyi. Der ITC-Gruppe unterstehen 568 Personen. Der MIT bringt sie in Privatfahrzeugen von Kerkûk über den Habur-Grenzübergang nach Silopi in Şirnak. Dort werden sie an den Generalstab weitergeleitet und ausgebildet.“
„Banden werden vom türkischen Staat bezahlt“
Den Recherchen nach wird der Sold der angeworbenen Miliz-Mitglieder vom MIT bezahlt: „Das monatliche Gehalt der Söldner variiert zwischen 400-800 Dollar und wird direkt vom türkischen Geheimdienst ausgehändigt“, sagte Dawudî und erklärte, im Besitz weiterer Informationen über die 568-köpfige Gruppe zu sein. Diese Informationen seien den irakischen Behörden bereits übergeben worden.
„Türkei will sich mit Gewalt im Irak festsetzen“
Zum Ziel der Organisierung von Milizen in Kerkûk erklärte Dawudî: „Das Ziel der Gründung und Organisierung dieser Bande ist es, die in Südkurdistan beginnende türkische Besatzung zu vertiefen. Die Türkei versucht von sich abhängige Gruppen zu schaffen. Im Gleichgewicht der Regionalmächte hat die Türkei gegenüber dem Iran an Gewicht verloren, was sich insbesondere an der Wahl schiitischer Abgeordneter bei den Parlamentswahlen im Irak dieses Jahr zeigte. Es sind nur acht turkmenische Abgeordnete ins Parlament eingezogen, von denen sieben dem schiitischen Glauben angehören. Lediglich ein turkmenischer Abgeordneter ist Sunnit. Die Macht, die die Türkei nach den Wahlen im Irak und insbesondere in Kerkûk verloren hat, versucht sie mit diesen Milizen zurückzugewinnen.“
Um der ITC-Gruppe Legitimität als militärische Kraft des Irak zu verleihen, sei die türkische Regierung an die Hashd-al-Shaabi-Miliz herangetreten: „Hashd-al-Shaabi hat diesen Annäherungsversuch jedoch nicht akzeptiert. Jetzt werden unter dem Deckmantel privater Sicherheits- und Militärunternehmen weitere Versuche gestartet, die ITC-Miliz an die irakische Armee zu binden. Als das Ergebnis der Parlamentswahlen verkündet wurde, umstellten diese Kräfte das Gebäude des Hohen Wahlausschusses des Iraks. Sie werden für politische Ziele benutzt und bereiten sich darauf vor, in der vor uns liegenden Phase Chaos und Durcheinander zu stiften“, sagte Dawudî.
„Diese Kraft wird die Kämpfe vertiefen“
Der politische Beobachter Hêmin Hesîb wies auf die Gefahr hin, welche die Existenz dieser Milizen mit sich bringt hin und sagte: „Die Gründung dieser Gruppen wird an einem Ort wie Kerkûk, an dem Menschen vieler Sprachen, Kulturen und Ethnizitäten leben, für große Widersprüche und Chaos sorgen. Sie werden ein Hindernis für den Frieden und die Sicherheit in Kerkûk darstellen und die Widersprüche und Kämpfe in der Region weiter vertiefen.“
„ITC-Aktivitäten umgehend stoppen“
Der Jurist Hejar Kakai kommentierte die Vorgänge mit den Worten: „Nach der irakischen Verfassung darf keine politische Seite über eine bewaffnete Kraft verfügen. Insbesondere wenn diese Gruppen von anderen Staaten gegründet und ausgebildet wurden, ist dies illegal. Das Thema muss sofort von den irakischen Verantwortlichen untersucht und die politischen und militärischen Aktivitäten der ITC umgehend gestoppt werden.“