„Südkurdische Parteien dürfen nicht in türkische Falle tappen“

Neben militärischen Angriffen ist eine der zentralen Strategien des türkischen Staates, Konflikte innerhalb der Kurden zu schüren und eine kurdische Einheit zu verhindern. Der HDP-Politiker Zeyyat Ceylan warnt die Parteien in Südkurdistan vor dieser Falle

Seit dem 27. Mai dauert die Besatzungsoperation der türkischen Armee in Südkurdistan an. Die türkischen Streitkräfte kommen mit Bodentruppen nicht gegen die Guerilla an und führen täglich Luftangriffe aus. Seit Monaten werden auch zivile Siedlungsgebiete in Xakurke, Goşînê, Qendîl und Behdînan bombardiert. Zeyyat Ceylan ist Vorsitzender des Provinzverbands der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Amed und hat sich gegenüber ANF zur Unterstützung der südkurdischen Regionalregion bei der türkischen Invasion geäußert.

Der Traum des türkischen Staates ist nach Ceylans Meinung die Kontrolle über die im Nationalpakt Misak-i Milli benannten Gebiete. „Die Türkei greift von allen Seiten an, damit die Kurden keine Rechte bekommen. Der Staat betrachtet Kurdistan als sein eigenes Territorium und greift die kurdischen Errungenschaften an. Er will über die FSA-Milizen in Idlib und Aleppo die Kontrolle über die Region gewinnen. Darüber hinaus will er auch in Mosul, Kerkûk und Şengal die Herrschaft erlangen. Der Besatzungsplan, der mit der Invasion in Xakurkê eine neue Dimension gewonnen hat, ist sehr umfassend. Bei dieser Operation will der türkische Staat auch den Irak und Irak an seine Seite ziehen.“

Alle vier Teile Kurdistans sind türkisches Angriffsziel

Die AKP-Regierung will keine Lösung der kurdischen Frage, führt Ceylan weiter aus und verweist darauf, dass der von Abdullah Öcalan eingeleitete Friedensprozess von der türkischen Regierung beendet worden ist. Danach sei es auch mit der Ruhe in der Türkei vorbei gewesen: „Der türkische Staat wollte die Kurden mit kleinen Maßnahmen hinters Licht führen. Das ist ihm nicht gelungen, daher hat er erneut zu gewalttätigen Methoden gegriffen. Diese Angriffe dauern seit ungefähr vier Jahren an. Die Angriffe im Norden haben nie aufgehört. Nach dem großen Erfolg in Rojava wollte der türkische Staat die dortigen Errungenschaften zunichtemachen. Und jetzt greift er den Süden an.“

Für den HDP-Politiker ist die Militäroperation in Xakurke keine gewöhnliche Operation: „Eines der Ziele der Türkei ist es, gegen eine Einheit des kurdischen Volkes vorzugehen. Es sollen Konflikte zwischen den Kurden in den vier Landesteilen geschürt und ein ‚Bruderkrieg‘ hervorgerufen werden. Nach Kerkûk und Efrîn soll der Süden besetzt werden. In dieser Hinsicht fällt den südkurdischen Parteien PDK, YNK, Gorran und der Islam-Gemeinschaft eine große Aufgabe zu. Sie müssen es unbedingt vermeiden, in die türkische Falle zu tappen.“

„Ein Wort von Öcalan reicht aus“

Ein Wort von Abdullah Öcalan reiche aus, um Ruhe im Land einkehren zu lassen, betont Zeyyat Ceylan: „Die Kurden wollen gar nichts Besonderes von der Regierung. Sie wollen bloß, dass sich an Recht und Gesetz gehalten wird. Der Staat verhält sich auf diesem Gebiet leider vollkommen willkürlich. Dank des Hungerstreiks konnte ein Gespräch mit Öcalan stattfinden. Abdullah Öcalan ist nicht irgendwer. Das sollte dem türkischen Staat klar sein. Er spielt eine wichtige Rolle für das kurdische Volk. Das hat auch der Staat in seiner Praxis bewiesen. Er hat akzeptiert, dass Öcalan eine Führungsrolle und großen Einfluss bei den Kurden hat. Wenn Öcalan aus dem Entwicklungsprozess außen vorgehalten wird, bricht Chaos im Land aus. Eine einzige Botschaft von ihm reicht aus, um Ruhe im Land einkehren zu lassen. Die Menschen aus Kurdistan warten auf eine Botschaft Öcalans. Er kämpft seit vierzig Jahren für Ruhe und Frieden im Land. Seit Jahren erklärt er, für eine Lösung bereit zu sein und die Kriegssituation beenden zu können. Der Staat muss diesem Aufruf Gehör schenken.“