Staatskapitalismus zerstört das Leben in Colemêrg
Die Ökosysteme in Colemêrg (Hakkari) sind durch Wasserkraftwerke (HES), Elektrizitätswerke und Transformatorstationen bedroht, die dem Reichtum der regionalen Flora massiven Schaden zufügen.
Die Ökosysteme in Colemêrg (Hakkari) sind durch Wasserkraftwerke (HES), Elektrizitätswerke und Transformatorstationen bedroht, die dem Reichtum der regionalen Flora massiven Schaden zufügen.
Colemêrg (Hakkari) erscheint aufgrund seiner Flora und Fauna wie ein Wunder der Natur. Im Stadtzentrum und den verschiedenen Stadtteilen herrschen dank regionaler Besonderheiten und des regionsspezifischen Klimas vier Jahreszeiten gleichzeitig. Die dadurch hervorgerufene Vielfalt des Pflanzenbestandes ermöglicht wiederum eine außerordentliche Diversität der Tiere. Doch dieser Reichtum an Lebewesen wird durch die systematische Zerstörungspolitik des Staates massiv bedroht, der bereit ist, alles Leben seinen kapitalistischen Zwecken zu opfern.
Kapitalistische Ausbeutung der Natur bis zur Vernichtung
Im Jahr 2003 brachte die Regierung eine neue Verordnung ein: „Die Festlegung des Rechtes auf Wassernutzung“. Diese Verordnung stellt einen Wendepunkt dar, da sie eine legale Basis für die Privatisierung der Gewässer schuf. Zudem beschleunigt sie zusammen mit anderen Regelungen die Privatisierung der Energieversorgung und hat so die Grundlage für die Etablierung eines Strommarktes in der Türkei geschaffen. Als Teil dieser Anstrengungen, den Markt für Energie in der Türkei auszubauen, wird das Nutzungsrecht an Flüssen privaten Unternehmen übertragen und die angebliche Notwendigkeit, Energie durch Wasserkraft zu produzieren, erklärt. Diese Bestimmungen über die Nutzungsrechte am Wasser umfassen nicht nur dessen Nutzung durch Wasserkraft für Energiezwecke, sondern beinhalten außerdem die Kontrolle der Unternehmen über die Flüsse selbst, einschließlich der Trinkwassernutzung und Bodenbewässerung.
Die Menschen in den Dörfern entlang dieser Flüsse und das umliegende Ökosystem sind von diesen Gewässern hochgradig abhängig. Sie sind eine zentrale Lebensader für die lokale Bevölkerung, somit ist ihre Lebensgrundlage von der Privatisierung unmittelbar betroffen. Folglich entstanden mit Beginn der Projekte Kämpfe vor Ort. Der Widerstand in den Gebieten, in denen Wasserkraftwerke geplant sind, erfolgt meist folgendermaßen: Die Menschen harren Tag und Nacht auf einem Feld aus, um die Maschinen daran zu hindern, mit der Bautätigkeit zu beginnen. Allerdings erfahren sie dann nach kurzer Zeit gewaltsame Repression. Mittlerweile wurden alle Proteste gegen den Bau von Wasserkraftwerken kriminalisiert. Zahlreiche Menschen starben bei Demonstrationen durch die Gewalt der Sicherheitskräfte. Weitere unzählige Menschen wurden verletzt oder verhaftet.
Bis 2040 will der türkische Staat bis zu 2.000 HES-Systeme auf allen Wasserstraßen der Türkei errichten – ursprünglich geplant waren sogar 7.000. Mit diesen Anlagen sollen am Ende lediglich acht Prozent des nationalen Strombedarfs gedeckt werden. Und der Preis für diese acht Prozent des Strombedarfs ist enorm: Die HES-Systeme haben an vielen Stellen verheerende Auswirkungen auf die Ökosysteme.
HES-Systeme vernichten Natur im Zap-Tal
Im Zuge dieser kapitalistischen Ausbeutungslogik der AKP-Regierung sind an allen fließenden Gewässern in Colemêrg Wasserkraftwerke (HES) gebaut worden. Insbesondere die zahlreichen Wasserkraftwerke (HES) am Fluss Zap haben die Lebensader des Tales zerschnitten und dafür gesorgt, dass das Tal zu großen Teilen vertrocknete. Tausende Pflanzen und Tiere sind vernichtet worden.
Transformatorstationen schaden dem Leben
Derselbe Staat, der einen Großteil des Zap-Tals vernichtete, baut nun in Colemêrg mehrere Kraftwerke und Transformatorstationen, hauptsächlich in den für Landwirtschaft und Tierhaltung geeigneten Teilen des Landes. Eine Transformatorstation wird gerade zwischen Gever (Yüksekova) und Şemzînan (Şemdinli) gebaut, während die Station in dem Dorf Xenanisa Jêr (Otluca) bereits seit dem Jahr 2000 der Natur und den Lebewesen in ihrer Umgebung Schaden zufügt. Die Dorfbewohner*innen in Xenanisa Jêr und den umliegenden Dörfern haben ihre Lebensgrundlage in der Landwirtschaft, Tierhaltung und Imkerei. Sie berichten über den Schaden, den die Transformatorstation ihren Obstplantagen, Gärten und Feldern und zufügt. Auch erzählen sie, dass die Sterberate unter den Bienen seit dem Bau der Transformatorstation erheblich gestiegen ist.
„Wir fordern den Abbau der Transormatorstation“
Die Dorfbewohner*innen, die aus Sicherheitsbedenken keine Erwähnung ihrer Namen wünschen, berichteten gegenüber ANF, dass die Produktivität der Gärten und Felder deutlich gesunken sei. „In den Sommermonaten werden unsere Obstplantagen und Gärten viel zu schnell trocken. Es sterben jetzt mehr Bienen. Uns wurde nicht gesagt, dass die Transformatorstation schädlich ist. Wir wollten die Station ohnehin nicht hier haben, doch obwohl wir uns dem Bau widersetzten, wurde sie hier aufgebaut. Jetzt haben wir erkannt, dass sie uns Lebewesen großen Schaden zufügt. Wir fordern, dass diese Station abgebaut wird!“