Silopiya: Tränengas und Gummigeschosse gegen Chemiewaffenprotest

In Silopiya haben türkische Polizei und Militär Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse gegen Gegner:innen von Chemiewaffen eingesetzt. Auch eine HDP-Abgeordnete wurde von Plastikpatronen getroffen, zahlreiche Menschen wurden zudem festgenommen.

In der nordkurdischen Grenzstadt Silopiya hat die türkische Polizei Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse gegen Gegnerinnen und Gegner von Chemiewaffen eingesetzt. Zahlreiche Menschen aus der gesamten Provinz Şirnex (tr. Şırnak) waren auf die Straße gegangen, um gegen den Einsatz von geächteten Kriegswaffen durch die Türkei in der Kurdistan-Region Irak (Südkurdistan) zu protestieren. Einige warfen Steine auf Polizisten sowie Soldaten und errichteten Barrikaden aus Mülltonnen. Die Sicherheitskräfte versuchten, die Mengen in die Seitenstraßen abzudrängen, um die Demonstration aufzulösen.

Aufgerufen zu dem „Marsch für die Menschlichkeit“ in Silopiya haben politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter die HDP und DBP, die „Friedensmütter“, Vereine der Gefangenensolidarität, die Frauenbewegung TJA und die Ökologiebewegung Mesopotamiens. Startpunkt der Demonstration mit Ziel Grenzübergang Habur/Zaxo war die Gemeinde Tilqebîn (tr. Başköy). Polizei und Militär hatten sich bereits früh an zentralen Zufahrtsstraßen in Position gebracht und Absperrungen aufgebaut, um den Aufmarsch zu verhindern. Die Beteiligten wanderten teilweise über gebirgiges Gelände, um die im Tal liegende Ortschaft Tilqebîn zu erreichen. Gleich mehrmals setzte die Polizei ihre Wasserwerfer auf die Protestierenden ein und feuerte Tränengaskartuschen ab.


Unter den Beteiligten waren auch führende Politikerinnen und Politiker, darunter die beiden DBP-Vorsitzenden Saliha Aydeniz und Keskin Bayındır. Nachdem sich die Menschenmenge vor dem örtlichen Parteibüro der HDP versammelt hatte, startete die eigentliche Demonstration mit Trillern, Applaus und lautstarken Parolen Richtung Grenze zur Kurdistan-Region Irak. Immer wieder wurde gerufen: „Es lebe der Widerstand der Guerilla“, „Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier“ und „Chemiewaffenangriffe sind Kriegsverbrechen“, aus den Reihen der kurdischen Jugendbewegung hörte man die Parole „Bijî Serok Apo“. Wiederholt zielten Soldaten mit Gummigeschossen in die Menge und verletzten zahlreiche Menschen. Die HDP-Abgeordnete Nuran Imir wurde von Plastikpatronen in die Brust getroffen und erlitt einen Zusammenbruch. Am Rande des Aufmarschs feuerten Militärs scharfe Munition senkrecht in den Himmel. Von den Tränengasangriffen war auch eine Hochzeitsgesellschaft in Tilqebîn betroffen.

Sicherheitskräfte gingen auch gegen Medienschaffende vor, die die Demonstration beobachteten. Mehrere Journalist:innen wurden von Soldaten drangsaliert und zu Boden gestoßen und mit den Füßen in den Rücken getreten. Nur durch das Vorzeigen von Presseausweisen sah das Militär von Festnahmen der Journalist:innen ab. Die Demonstration wurde frühzeitig beendet, direkt im Anschluss überfiel das türkische Militär zahlreiche Wohnungen und führte Festnahmen durch. Nach bisherigem Stand wurden mindestens 32 Personen abgeführt, darunter auch Aydın Aslan, Sekretär der Mêrdîn-Sektion der Vereinigung der türkischen Ingenieurs- und Architektenkammern (TMMOB); Hoşyar Sarıyıldız, Ko-Vorsitzender der HDP Mersin; Mustafa Bozan vom Vorstand der Bildungsgewerkschaft Eğitim Sen in Mêrdîn sowie Mehmet Emin Özel, Vertreter der Angestelltengewerkschaft BES in Mêrdîn. Womit die Festnahmen begründet werden, ist unklar.