„Sie war verliebt in die Befreiungsbewegung“

Der Vater der im Mai 2019 bei einem türkischen Luftangriff gefallenen Guerillakämpferin Şînyar Kawa erzählt von seiner Tochter und sagt: „Ihr Tod hat alle in unserem Umfeld erschüttert. Wir sind stolz auf sie.“

Der türkische Staat führt seit Jahren Besatzungsangriffe auf Kurdistan durch. Dagegen führt die kurdische Guerilla einen ununterbrochenen Kampf. Aktuell konzentrieren sich die türkischen Besatzungsambitionen auf Südkurdistan. Şînyar Kawa (Sarina Sarya) war eine der Guerillakämpferinnen, die im Widerstand gegen die türkische Armee gefallen sind.

Die junge Kurdin ist am 15. April 1998 in der südkurdischen Metropole Silêmanî geboren. Ihre Familie stammt aus Dûz Xûrmatû in der Region Germiyan. Dûz Xûrmatû ist eine kosmopolitische Kreisstadt mit kurdischer, arabischer, turkmenischer, schiitischer und sunnitischer Bevölkerung. Die dort lebenden Kurden gelten als patriotisch. Şînyars Familie hat die „Anfal-Operation” miterlebt, bei der zwischen 1986 und 1989 bis zu 182.000 Kurden vom irakischen Baath-Regime getötet worden sind.

Şînyars Vater Kawa Mihyedîn schloss sich in jungen Jahren dem Widerstand an und wurde Peschmerga-Kämpfer. Auch seiner Tochter wurde die Realität ihres Landes sehr früh bewusst und sie entwickelte Interesse an der PKK und Abdullah Öcalan.

In der Schulzeit die PKK kennengelernt

Kawa Mihyedîn erzählt vom Leben seiner Tochter Şînyar: „Nach dem Sturz des Saddam-Regimes sind wir 2004 von Silêmanî nach Dûz Xûrmatû zurückgekehrt. Şînyar ist dort in die Schule gegangen. Sie war ein sehr intelligentes Kind. Wenn man sich mit ihr unterhalten hat, hatte man oft den Eindruck, man redet mit einer Erwachsenen. Als sie aufs Gymnasium kam, lernte sie die PKK und die Philosophie Abdullah Öcalans kennen. Nach ihrem zweiten Jahr am Gymnasium zogen wir wieder nach Silêmanî. Dort hatte sie noch mehr Kontakt zu den Freundinnen. Sie wollte sich eigentlich schon 2012 der PKK anschließen, aber das wurde abgelehnt, weil sie noch zu jung war. Sie organisierte sich mit anderen und bildete sich weiter. Am 30. Juli 2015 ging sie schließlich zur Guerilla. Sie war unser ältestes Kind und sehr patriotisch. Für die Guerilla empfand sie eine besondere Liebe, sie war stolz auf den Guerillakampf.“

Wir sind stolz auf sie

„Ich hatte trotzdem nicht daran gedacht, dass sie in die Berge geht, weil sie noch so jung war. In ihrem dritten Jahr am Gymnasium hatte sie es ja bereits versucht, war jedoch zurückgeschickt worden. Ich redete mit ihr und sagte, dass sie noch jung ist und die Schule abschließen soll. Aber sie interessierte sich nur für Kurdistan und die Kurden. Sie kannte die PKK und verstand sie sehr gut.

Şînyar hat ständig recherchiert. Sie kannte alle Gefallenen. Vor allem die Gefallenen, die eine Fedai-Aktion gemacht haben, waren etwas ganz Besonderes für sie. Sie sammelte ihre Fotos. Dass sie selbst gefallen ist, hat unsere Verwandten und Bekannten sehr erschüttert. Sie ist im Kampf gegen die feindliche Besatzung gefallen. Wir sind stolz auf sie. Ich wünschte mir, ich hätte wie Şînyar in den Bergen gegen den Feind kämpfen können.“

Şînyar Kawa ist am 29. Mai 2019 bei einem Luftangriff der türkischen Armee in der südkurdischen Region Xakurke ums Leben gekommen.