Mit dem Beginn des unbefristeten Hungerstreiks für die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan und der lebensbedrohlichen Haftbedingungen in den türkischen Haftanstalten hat sich auch die Repression in den Gefängnissen in der nordkurdischen Provinz Wan (tr. Van) weiter verschärft. Der Hungerstreik, der am 27. November von den Gefangenen aufgenommen wurde, wird momentan gruppenweise für jeweils fünf Tage geführt.
Gefangene, die am Hungerstreik teilnehmen werden bestraft
Im ANF-Gespräch berichtet die Ko-Vorsitzende des Gefangenenhilfsvereins TUHAY-DER in Wan, Kudret Temel, über die Lage in den Gefängnissen in der Provinz. Die Regierung habe trotz aller Warnungen bisher keinen Schritt unternommen, sagt Temel und betont, dass aus diesem Grund sehr ernste Folgen eintreten können. Die Isolation Abdullah Öcalans betreffe nicht nur ihn selbst, sondern die ganze Türkei und die Völker, die in ihr leben. Es gehe dabei um die Frage des Friedens, der Demokratie und der Freiheit. Sie führt aus: „Unsere Freundinnen und Freunde haben sich mit sehr berechtigten Forderungen auf den Weg gemacht. Sie widersetzen sich der großen Ungerechtigkeit, die ihnen aufgezwungen wurde. Sie wollen nicht mehr als ihre Rechte. So werden Gefangene, die wegen der Pandemie ins Krankenhaus gebracht werden müssten, stattdessen in Einzelzellen untergebracht. Ihre Rechte auf Hofgang und Lebensmittel werden verletzt. So sollen die politischen Gefangenen, die sich im Hungerstreik befinden, unter Druck gesetzt werden." Auch Besucherinnen und Besucher der Gefangenen werden schikaniert. So müssen Angehörige bis zum Abend vor dem Gefängnistor warten, bis ihnen dann erklärt wird, dass die Gefangenen eine Disziplinarstrafe hätten und deshalb keinen Besuch empfangen dürften.
„Lasst uns zusammen kämpfen und nicht zu diesem Aufschrei schweigen“
Temel appelliert: „Unser Aufruf an die Regierung ist, die Forderungen der Gefangenen zu akzeptieren, noch bevor es Tote gibt. Geschieht dies nicht, wird die Regierung für das verantwortlich sein, was in Zukunft geschieht. Wir dürfen nicht zum Aufschrei der Hungerstreikenden schweigen. Lasst uns diesem Schrei unsere Stimme verleihen und zusammen dafür kämpfen, dass die legitimen Forderungen der politischen Gefangenen erfüllt werden.“
„Was im Gefängnis von Patnos passiert, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“
Temel beschreibt die Zustände im Gefängnis von Patnos als besonders schlimm: „Im Gefängnis Patnos werden politische Gefangene dazu gezwungen, mit kaltem Wasser zu duschen. An einem kalten Ort wie Patnos ist dies Folter und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und das Justizministerium stellt sich hin und redet immer noch von Gerechtigkeit. Das ist einfach nur skrupellos. Die Menschen haben ihre Strafe erhalten und diese muss dem Vollzugsgesetz entsprechenden vollzogen werden. Niemand kann einfach willkürlich solche ‚Strafmethoden‘ anwenden.“