Peyindas: Dorfbevölkerung berichtet über staatlichen Terror

Das Dorf Peyindas in der nordkurdischen Provinz Bedlîs ist weiterhin vom Militär umstellt. Nach Berichten über Übergriffe, willkürliche Razzien und Verhaftungen sprechen nun die Menschen selbst und protestieren gegen das Unrecht.

Das Dorf Peyindas in der nordkurdischen Provinz Bedlîs wird wie mehrere andere Orte in Nordkurdistan vom Militär belagert. Seit dem Beginn der Militäroperation am vergangenen Freitag hat die türkische Armee das Dorf de facto abgeriegelt. Acht Dorfbewohner:innen wurden unter Misshandlungen festgenommen, drei von ihnen inhaftiert.

Nach der Festnahme der Dorfbewohner:innen am 16. August zogen sich die Soldaten zum Schein zurück, lauerten jedoch in den Bergen im Hinterhalt. Das Betreten der Weideflächen ist für die von Viehwirtschaft lebenden Menschen weiterhin verboten.

Journalist:innen von Yeni Özgür Politika machten sich auf den Weg in das belagerte Dorf und sprachen mit den Menschen dort über ihre Erlebnisse. Die tiefen Reifenspuren der schweren Baumaschinen, die in das Dorf gebracht wurden, sind entlang der Dorfstraße sichtbar. Die Dorfbewohner:innen berichten, dass sie aufgrund des Weideverbots und der dort lauernden Soldaten ihre Tiere im Dorf halten und mit Wasser versorgen müssen. Die Hülsen der Rauchbomben, welche die Armee einsetzte, als sie die Häuser der Dorfbevölkerung stürmte, liegen immer noch an vielen Orten herum.

Frauen wurden auf dem Dorfplatz festgehalten

Es wurde bekannt, dass der HPG-Kämpfer Mehmet Veysel Aydemir von einer Heron-Drohne beobachtet wurde. Obwohl er offensichtlich unbewaffnet war, wurde er minutenlang mit Kugeln durchsiebt. Am Morgen des Tages, an dem der Angriff stattfand, drangen Dorfschützer in das Haus der Familie Avras ein und brachten drei dort anwesende Frauen auf den Dorfplatz. Bei brütender Hitze wurden die Frauen von 8.00 Uhr morgens bis 14.00 Uhr vom Militär umstellt dort festgehalten. Sie durften, obwohl sie in der prallen Sonne saßen, keinen Schluck Wasser trinken.

Häuser verwüstet – Dorfbewohnerin als lebendiges Schutzschild benutzt

Die Blockade endete, nachdem Kerem Avras unter Misshandlungen auf seinem Feld festgenommen und ins Dorf gebracht worden war. Sakine Avras, die Ehefrau von Kerem Avras, berichtete von der Durchsuchung ihrer gemeinsamen Wohnung. Sogar die Kissen im Haus wurden geöffnet. Sie sagte, dass die Soldaten sie als lebendiges Schutzschild benutzten und erst hinter ihr die Räume des Hauses betraten. In die Scheune warfen die Soldaten Rauchbomben. Sakine Avras erzählte, dass die Armee auch Produkte wie Waschpulver, Honig und Käse mit Löffeln durchsuchte: „Sie rissen sogar das Holz von den Sofas und untersuchten es. Als sie nichts fanden, gingen sie wieder. Aber sie blieben dann tagelang vor unserem Haus und im Garten. Wir konnten wegen ihnen nicht nach Hause kommen und dort schlafen.“ Avras beschrieb weiter: „Sie kamen und durchsuchten das Haus. Sie dachten, in der Toilette befände sich eine Bombe. Als sie ins Haus kamen, sagten sie mir, ich solle die Toilette und das Badezimmer vor ihnen betreten. Es gab keinen Ort im Haus, den sie nicht durchsucht hätten, sie rissen sogar die Matratzen auf.“

Ich werde dieses Land nicht verlassen“

Die Soldaten durchsuchten die Häuser stundenlang nach Bomben und setzten die Frauen in den Häusern massiv unter Druck. Sakine Arvas berichtete, dass sie gegen die Dorfschützer protestierte, die am Tag der Operation zu ihr kamen, und wie sie gegen die Tür des Panzerwagens schlug, als sie sah, dass ihr Mann Kerem Avras gefoltert worden war.

Wütend und entschlossen erklärte sie: „Ich werde weder dieses Land verlassen noch diesen Kampf aufgeben. Sollen sie doch tun, was sie wollen. Ich werde bis zum Ende hier bleiben und nicht weggehen. Sie betrachten uns alle als Terroristen. Ich akzeptiere dieses Unrecht nicht und werde es niemals akzeptieren.“

Wir wussten nicht, warum wir festgenommen wurden“

Auch andere Frauen betonten, dass sie sich trotz der tagelangen Blockade nicht einschüchtern ließen und gegen die unrechtmäßige Verhaftung von drei Personen protestierten. Necip Tedbirli, der zu den Festgenommenen gehörte, die unter Meldeauflagen freigelassen wurden, sagte, dass ihm und den anderen Festgenommenen immer dieselben Fragen gestellt wurden und dass er nicht einmal wusste, warum sie festgenommen worden waren. Tedbirli berichtete von den Verletzungen, die Kerem Avras durch die Folter der Soldaten davongetragen hatte. Beide Augen seien von Hämatomen zugeschwollen gewesen und er habe nicht laufen können. Tedbirli fuhr fort: „Wir wussten nicht, warum wir festgenommen worden waren. Wir kannten die Leute nicht, nach denen wir gefragt wurden. Nachdem die Aussagen aufgenommen worden waren, wurden drei Personen, darunter mein Vater, verhaftet.“

Das sind keine Menschen“

Sakine Avras gab an, dass das Militär sie versuchte, psychisch unter Druck zu setzen und mit Geld zu bestechen. Abschließend erklärte sie zum Vorgehen der Armee: „Das sind keine menschlichen Wesen, das ist keine Gerechtigkeit. Nach der Durchsuchung haben sie die Dorfbewohner weggeschafft. Es ist nicht in Worte zu fassen, was sie getan haben. Wir wollen frei in unserem Land leben, ohne unterdrückt zu werden. Wie alle Menschen wollen wir friedlich in unseren Häusern leben.“