Parteien in Rojava: Kurden gewinnen und verlieren gemeinsam!

Wir haben in Qamişlo mit Vertretern von drei verschiedenen kurdischen Parteien gesprochen. Sie erklärten: „Die Kurden sollten sich nicht mit dem faschistischen türkischen Staat, sondern untereinander einigen und die nationale Einheit umsetzen.“

Mit Vertretern der Kommunistischen Partei Kurdistans (KKP), der Liberalen Partei Kurdistans und der Partei der Demokratischen Linken in Kurdistan haben wir im nordsyrischen Qamişlo über die Fahndungsentscheidung der USA gegenüber Führungskadern der PKK, die Schließung der Büros von Tevgera Azadî und die Isolationshaft gegenüber Abdullah Öcalan gesprochen.

„Die USA und die Türkei wollen die Kurden gegeneinander aufhetzen“

Necmeddin Melle Omar, Generalsekretär der KKP betonte in unserem Gespräch, dass die KKP stets an der Seite der kurdischen Parteien gestanden habe und verurteilte sowohl die Entscheidung der südkurdischen YNK (Patriotische Union Kurdistans), die Büros von Tevgera Azadî zu schließen, wie auch die die Auslobung von Kopfgeldern auf Führungskader der PKK durch die USA.

Omar kommentierte die Fahndungen mit den Worten: „Diese Menschen sind Kinder Kurdistans, die für ihre Opferbereitschaft bekannt sind. Sie sind die Avantgarde der unterdrückten Völker und der Kommunisten. Sie nur als PKK zu betrachten, wird ihnen nicht gerecht. So wie Mustafa Barzanî, Celal Talabani oder Ghassemlou unsere Werte, unseren Fokus und unsere Vorkämpfer darstellen, sind sie es ebenfalls. Und sie dürfen nicht nur als Führungspersonen der PKK verstanden werden. Sie sind unser aller Anführer. Die USA und die Türkei sind terroristische Regime, die darauf abzielen, die Kurden gegeneinander auszuspielen. Wie kann die Türkei ein Freund Südkurdistans sein, während sie in Rojava und in Nordkurdistan Kurden umbringt… Ist so etwas möglich?“

„Alle Parteien in Rojava haben das Recht, politisch aktiv zu sein“

Zur Repression gegen Tevgera Azadî in Südkurdistan sagte Omar: „Die kurdischen Parteien sollten sich nicht auf dieses Spiel einlassen. Es ist ein Fehler der YNK, diese Büros schließen zu lassen. Die Mitglieder von Tevgera Azadî haben gearbeitet, dafür Opfer gebracht und diese Bewegung gegründet. Die Perspektiven von Tevgera Azadî mögen anders als die von PDK und YNK sein, aber sie ist auch nicht gezwungen, ihnen zu ähneln. Wir sind Parteien mit unterschiedlichen Ideen hier in Rojava. Aber auch wenn wir ganz unterschiedliche Ideen haben, so verfügt jede Partei über das Recht, Politik zu machen. Niemand kommt daher und schließt sie. Jeder hat das Recht, seine Ideen und Gedanken zu verteidigen. Wir sind dagegen, gegen Menschen zu kämpfen, die nicht so denken wie wir, und wir sind absolut dagegen, dass irgendjemand die eigenen Ideen jemand anderem aufzwingt. Man kann Tevgera Azadî nicht das Recht nehmen, Politik zu machen.“

„Der Nationalkongress kann nicht ohne die nationale Einheit der Kurden stattfinden“

Ein Kongress der Nationalen Einheit der kurdischen Parteien sei im Interesse der Kurden von unausweichlicher Notwendigkeit, sagte Omar weiter. Er appelliert an Mesut Barzanî, endlich von seinem Irrweg umzukehren und Verantwortung für die kurdische Bevölkerung zu übernehmen.

„Die Kurden gewinnen oder verlieren zusammen“

Ferhad Telo vom Zentralkomitee der Liberalen Partei Kurdistans verurteilte ebenfalls die Schließung der Tevgera-Azadî-Büros: „Wir betrachten die Schließung der Parteibüros und Zentren von Tevgera Azadî als Angriff auf alle Menschen aus Kurdistan. Von welcher Seite wir es auch betrachten, wenn ein Kurde verliert, dann verliert das ganze Volk, denn die Kurden gewinnen oder verlieren zusammen.“

„Nicht spalterisch sondern kreativ“

Telo kritisierte auch die Hinderung der Teilnahme einer Delegation aus Südkurdistan an dem internationalen Efrîn-Forum durch die Regionalregierung und sagte: „Efrîn ist heute eine Wunde im Herzen des kurdischen Volkes, ein Schmerz.  Es ist ein Schmerz für die Kurden, der nicht hinter Halabja zurücksteht. Deswegen müssen wir alle in Bezug auf Efrîn Haltung beziehen. Efrîn betrifft nicht nur Rojava, nicht nur Nordkurdistan; es ist für alle Kurden wichtig.

Wir finden es nicht richtig, dass eine Delegation aus Südkurdistan, die am internationalen Efrîn-Forum teilnehmen wollte, daran gehindert worden ist. Dies ist keine Haltung, die Kurden zusammenbringt und vereint. Statt einer spalterischen, hetzerischen Haltung müssen wir konstruktiv sein. Wir grüßen alle Parteien in Kurdistan. Wir senden unsere Grüße an Tevgera Azadî. Wir hoffen auf die Entwicklung eines konstruktiven Dialogs, der ein festes Band zwischen den Parteien Kurdistans schafft.“ Telo rief die PDK und YNK dazu auf, sich an der Vorbereitung des Kurdistan Nationalkongresses zu beteiligen.

„So wie die Bevölkerung müssen auch unsere Parteien die Einheit schaffen“

Salih Gedo, Generalsekratär der Demokratischen Linkspartei Kurdistans forderte von der YNK die Wiederöffnung der Tevgera-Azadî-Büros: „Wir haben seit 1975 Beziehungen zur YNK. Wir haben die YNK als eine Partei kennengelernt, die national eingestellt ist und in Kurdistan einflussreich ist. Zu dem, was wir heute in Südkurdistan und insbesondere in Silêmanî erleben sagen wir, heute ist nicht der Tag für Familienstreit, es ist weder der Ort, noch der richtige Zeitpunkt für eine Auseinandersetzung unter Brüdern. Das ist überhaupt nicht hilfreich. Alle wissen, dass die Entscheidungen zur Schließung der Parteien und ähnliche Entscheidungen von den nationalstaatlichen Kräften getroffen wurden. Wir rufen sie auf umzukehren. Die YNK und Tevgera Azadî sollen wie früher Beziehungen zu einander aufbauen können. Tevgera Azadî muss ihre Büros wieder öffnen und vor allem auch in Silêmanî wieder frei Politik machen können.“

„Der Vorsitzende Apo muss freikommen“

Salih Gedo sprach auch über die Isolationshaft gegenüber dem kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan: „Die Inhaftierung und Isolation des Vorsitzenden geht nun ins 20. Jahr. Nicht nur das kurdische Volk fordert Herrn Öcalans Freilassung. Viele Menschen weltweit haben sich dieser Forderung angeschlossen. Alle Menschen, die an der Seite der Menschenrechte und der Freiheit stehen, fordern dies. Vor 20 Jahren hat der türkische Staat diese Wunde aufgerissen. Alle demokratischen Menschen haben dies gefühlt. Die internationale Staatengemeinschaft, insbesondere Amerika, Russland und Europa müssen zum faschistischen türkischen Staat ‚es reicht‘ sagen. Der Vorsitzende Apo muss freikommen und seine Arbeit frei im Volk fortsetzen können.“