Nordkurdistan: Trotz Verbot auf die Hochalmen

Trotz Verboten und Schikanen durch die türkische Besatzungsmacht ziehen die Menschen aus Colemêrg (Hakkari) mit ihren Tieren auf die Hochalmen.

Weite Teile der Hochalmen Nordkurdistans sind aufgrund des Ausnahmezustands und möglicher Gefechte mit der Guerilla zu militärischem Sperrgebiet erklärt worden. Die Menschen in den Bergregionen leben jedoch hauptsächlich von der Viehzucht. Durch die eingerichteten „Sondersicherheitszonen“ wird ihnen die Lebensgrundlage entzogen.

In der Provinz Colemêrg werden jeden Monat neue Flächen zu Sperrgebieten erklärt. Das Gouvernement hat zu Beginn des Frühlings erneut 30 verschiedene Gebiete zu Sicherheitszonen erklärt. Betroffen sind neben der Umgebung der Provinzhauptstadt auch die Kreise Çelê (Çukurca), Şemzînan (Şemdinli) und Gever (Yüksekova).

Außerdem wurden alle Grenzübergänge im Dreiländereck zwischen der Türkei, dem Iran und dem Irak für den Handel geschlossen. Mit dem somit verhängten Wirtschaftsembargo soll die Bevölkerung zur Migration bewegt werden.

Die Menschen aus Colemêrg fahren trotz allem damit fort, sich aus eigener Kraft Wirtschaftsstrukturen zu schaffen und möglichst unabhängig vom Staat zu leben. Mit Einsetzen des Frühlings bietet die Natur der Region alles im Überfluss. Die Berge und Täler sind zu neuem Leben erwacht und die Tiere werden auf die Hochalmen getrieben. Die Bewohner Colemêrgs setzen damit fort, was sie schon seit Tausenden Jahren machen. Auf den Hochalmen bleiben sie gewöhnlich vier bis fünf Monate. In dieser Zeit werden Käse, Joghurt, Sahne und Fett produziert. Ein Teil davon wird gleich im Sommer verkauft, der Rest wird für den Winter aufbewahrt. Neben der Herstellung tierischer Produkte sind die Frauen in den Frühlings- und Sommermonaten damit beschäftigt, in den Bergen Kräuter zu sammeln, die als Heilkräuter oder zum Verzehr verwendet werden.

„Wir lassen uns die Alm nicht verbieten“

Gegenüber ANF erklärten einige Dorfbewohner*innen, zu den Hochalmen gebe es keine Alternative für sie: „Zuerst hieß es, dass die Sperrzonen im Frühling aufgehoben werden. Das war gelogen. Wir haben auch nichts anderes erwartet. Wir werden das Verbot nicht befolgen. Frühling bedeutet in dieser Region Fruchtbarkeit und Überfluss. Deshalb haben wir damit begonnen, unsere Herden hochzutreiben. Die Hochalmen stellen für uns eine Lebensform dar und sind gleichzeitig unsere Existenzgrundlage. Das ist schon seit Tausenden Jahren so und so wird es auch weitergehen. Das hier ist unsere Heimat. Wir sind ja nicht aus anderen Orten hier hergekommen, warum sollten wir also weggehen?“