Namen von Metîna-Gefallenen veröffentlicht
Die Guerillakämpfer:innen Berçem, Rustem, Şahin, Ciwan und Jiyan sind im Widerstand gegen die türkischen Invasionsangriffe in der Region Metîna im Süden Kurdistans gefallen.
Die Guerillakämpfer:innen Berçem, Rustem, Şahin, Ciwan und Jiyan sind im Widerstand gegen die türkischen Invasionsangriffe in der Region Metîna im Süden Kurdistans gefallen.
Wie das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) mitteilt, sind die Guerillakämpfer:innen Berçem Umut (Suzan Duman), Rustem Arpêt (Orhan Yakut), Şahin Nûda (Bedran Gökdemir), Ciwan Minbic (Salih Tewfîq) und Jiyan Timoqî (Dîlan Tunç) bei Angriffen der türkischen Armee im Widerstandsgebiet Girê Ortê in der Region Metîna gefallen. Die HPG weisen in ihrer Erklärung darauf hin, dass die türkische Armee bei den Besatzungsangriffen im Süden Kurdistans mit dem Einsatz geächteter Kampfmittel Kriegsverbrechen begeht:
„Unsere Weggefährt:innen Berçem, Rustem, Şahin und Ciwan sind bei Angriffen mit chemischen Waffen und taktischen Nuklearbomben gefallen. Unsere Genossin Jiyan kämpfte mit großem Mut und fiel in einem Gefecht gegen den Feind. Die Besatzungsarmee kann gegen die taktische Intelligenz, die Professionalität, die Performance und den Mut der Freiheitsguerilla Kurdistans im Kampf keine Ergebnisse erzielen und setzt ihre Hoffnung auf den Einsatz von chemischen Waffen und taktischen Nuklearbomben. Mit diesen Kriegsverbrechen beweist sie ihre Hilflosigkeit.“
Berçem, Rustem, Şahin, Ciwan und Jiyan seien mit ihrem Widerstand im Tunnelkrieg am Girê Ortê in die kurdische Geschichte eingegangen, betonen die HPG und sprechen ihren Familien sowie dem kurdischen und dem arabischen Volk ihr Beileid aus. Zu den Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:
Codename: Berçem Umut |
Codename: Rustem Arpêt |
Codename: Şahin Nûda |
Codename: Ciwan Minbic |
Codename: Jiyan Timoqî |
Berçem Umut
Berçem Umut ist in Colemêrg geboren und gehörte dem Stamm der Marînos an. Sie wuchs im Bewusstsein ihrer kurdischen Identität auf und lehnte die traditionelle Frauenrolle in der Gesellschaft ab. Als nahe Verwandte von ihr im kurdischen Befreiungskampf ums Leben kamen, ging sie 2014 in die Berge und schloss sich der Guerilla an. Da sie in einer Bergregion groß geworden war, fiel ihr die Umstellung in ihr neues Leben nicht schwer. Sie bekam eine Grundausbildung in Xakurke und war von dem wertschätzenden Umgang miteinander beeindruckt. In der Ausbildung beschäftigte sie sich mit den Analysen von Abdullah Öcalan zur Frauenbefreiung und ging danach gestärkt in die Praxis. Nach Aufenthalten in Qendîl und Metîna nahm sie an der Verteidigung der ezidischen Gemeinschaft gegen den IS in Şengal teil. Sie beteiligte sich aktiv an den Offensiven gegen die Islamisten und trug zur Befreiung der Region bei. In dieser Zeit gewann sie wichtige militärische Erfahrung. Danach kam sie zurück in die Berge und absolvierte eine militärische und ideologische Weiterbildung an der Şehîd-Ibrahim-Akademie, bei der sie ihre bisherige Praxis auswertete und sich intensiv mit den neuen Guerillataktiken auseinandersetzte. Ihre Schwester Xwînda Marînos (Aysel Duman) kam am 20. März 2018 im Kampf in Gabar ums Leben. Nach der Weiterbildung kämpfte Berçem zunächst in einer mobilen Einheit und ging anschließend nach Metîna, wo sie sich bis zuletzt mutig und entschlossen in der Tunnelanlage im Gebiet Girê Ortê am Widerstand gegen die türkischen Besatzungstruppen beteiligte.
Rustem Arpêt
Rustem Arpêt ist in Wan-Westan geboren und mit der kurdischen Kultur aufgewachsen. Er lernte die PKK Mitte der 1990er Jahre kennen, als Guerillakämpfer:innen in sein Dorf kamen. Seine Schwester Bahar schloss sich in dieser Zeit dem bewaffneten Kampf an. Die Guerilla wurde danach zum wichtigsten Thema in seinem Leben. Weil er feststellte, dass ihm das staatliche Schulsystem nichts geben konnte, brach er seine schulische Laufbahn frühzeitig ab und arbeitete in Großstädten in der Türkei, um zum Lebensunterhalt seiner Familie beizusteuern. Dort wurde ihm noch deutlicher, wie der türkische Staat und mit rassistischer Perspektive sozialisierte Menschen das kurdische Volk betrachteten. Als seine Schwester Bahar 2011 im Kampf ums Leben kam, wurde sein Hass auf den Feind noch größer. Den letzten Ausschlag für seine Entscheidung zum bewaffneten Kampf gab ihm 2014 der Angriff des IS auf Rojava und Şengal. Er ging in Feraşîn in die Berge und kam für seine Ausbildung nach Metîna. In der folgenden Zeit nahm er an der praktischen Arbeit in der Region teil und übernahm schließlich in verschiedenen Gebieten Aufgaben, die Vertrauen und ideologische Kompetenz erforderten. Um sich am Widerstand gegen die 2021 eingesetzten Vernichtungsangriffe der türkischen Armee auf die Medya-Verteidigungsgebiete zu beteiligen, kam er wieder nach Metîna und kämpfte zunächst im Gelände und dann im Tunnel von Girê Ortê.
Şahin Nûda
Şahin Nûda ist in Mûş-Gimgim geboren und in einem der kurdischen Freiheitsbewegung nahestehenden Umfeld aufgewachsen. Als Kind wurden ihm Geschichten von der in den Bergen für Freiheit kämpfenden Guerilla erzählt, die Kämpfer:innen wurden zu den Held:innen seiner Kindheit. Die Schule empfand er als Einrichtung für die Assimilierung kurdischer Kinder. Daher ging er nicht lange zur Schule und verbrachte seine Zeit damit, seiner Familie bei der Arbeit im Dorf zu helfen. Als der türkische Staat 2015 sein Vernichtungskonzept gegen die kurdische Bewegung und Bevölkerung umzusetzen begann, schloss er sich in Botan der Guerilla an. Er machte erste Erfahrungen als Guerillakämpfer und kam noch im selben Jahr für eine fundierte Grundausbildung nach Heftanîn. Dabei beschäftigte er sich zum ersten Mal intensiv mit den Inhalten der PKK-Ideologie und der Philosophie von Abdullah Öcalan, gleichzeitig erlernte er die Grundlagen des Lebens in den Bergen und des bewaffneten Kampfes. Nach der Ausbildung blieb er drei Jahre in der Region. Als die Besatzungsangriffe der türkischen Armee in Heftanîn begannen, nahm er mutig und mit großem Erfolg am Widerstand in verschiedenen Gebieten teil. Ab 2018 war er in den Ausbildungsprozess für die Neustrukturierung der Guerilla eingebunden und verbrachte zwei Jahre an militärischen Akademien. Nach einem Jahr im Zagros kam er zurück nach Heftanîn. Die Region wurde vermehrt angegriffen und er kannte die gesamte Gegend gut. Daher konnte er maßgeblich zur Planung und Durchführung von Aktionen gegen die Besatzungstruppen beitragen. Danach kämpfte er in Metîna in einer mobilen Einheit und zuletzt im Tunnelkrieg am Girê Ortê.
Ciwan Minbic
Ciwan Minbic ist in Minbic geboren und war Araber. Nach der Einnahme der Stadt durch den IS lebte er lange Zeit unter islamistischer Terrorherrschaft und sah die unmenschlichen Verbrechen, die vorgeblich im Namen des Islam verübt wurden. Als Minbic 2016 von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) befreit wurde, erfuhren Ciwan und seine Familie mehr über die Revolution von Rojava und die dahinter stehenden Vorstellungen eines demokratischen Zusammenlebens. Ciwan verstand das von Abdullah Öcalan vorgelegte Modell einer demokratischen Nation als Lösung für alle Völker und schloss sich den Freiheitskämpfer:innen an. Er bekam eine ideologische und militärische Ausbildung und verteidigte aktiv die Bevölkerung in Nordostsyrien, die zunehmend direkt vom türkischen Staat angegriffen wurde. Um sich weiter zu professionalisieren, ging er schließlich in die Medya-Verteidigungsgebiete und wurde Guerillakämpfer. Das kollektive Leben in der Natur der Berge begeisterte ihn und er wurde zu einem apoistischen Militanten, der sich vollständig dem revolutionären Kampf widmete und große Wertschätzung durch seine Mitkämpfer:innen erfuhr. Um der Expansionspolitik des türkischen Staates etwas entgegensetzen zu können, bildete er sich weiter und ging ins Kriegsgebiet in Metîna. Im Widerstand in der Tunnelanlage am Girê Ortê spielte er mit seiner jugendlichen Dynamik und seiner lebhaften Persönlichkeit bis zuletzt eine wichtige Rolle.
Jiyan Timoqî
Jiyan Timoqî ist in Êlih zur Welt gekommen und gehörte zum Stamm der Timoqî, aus dem sich seit der Entstehung der PKK viele Menschen der Befreiungsbewegung angeschlossen haben. Sie wurde praktisch in die Bewegung hineingeboren und empfand bereits als Kind der Guerilla gegenüber große Zuneigung und Achtung. Als Heranwachsende wurde sie in der kurdischen Jugendbewegung aktiv und lernte dadurch sich selbst sowie die Realität ihres Volkes und des Feindes besser kennen. Ihr wurde bewusst, wie wichtig die Fähigkeit zur Selbstverteidigung für die Gesellschaft und vor allem für Frauen ist. Der Kampf gegen Gewalt an Frauen wurde zu einem Schwerpunktthema für sie. Als die Vernichtungsangriffe des türkischen Staates zunahmen, schloss sie sich 2015 in Garzan der Guerilla an und übernahm von ihrer gefallenen Verwandten Semra Tunç den Kampfnamen Jiyan. In ihrer Ausbildung entwickelte sie sich schnell persönlich weiter und konzentrierte sich aufgrund der intensiven Kriegsphase auf ihre militärischen Fähigkeiten. Danach nahm sie Befreiungsoffensiven gegen den IS in Şengal teil und gewann wichtige Erfahrungen. Vor allem der Kampf der ezidischen Frauen hinterließen einen bleibenden Eindruck bei ihr. 2018 kam sie in die Medya-Verteidigungsgebiete und setzte ihren Kampf in den folgenden vier Jahren in Avaşîn fort. Nach der langen Kampfphase hatte sie die Möglichkeit, an einer Ausbildung an der Frauenakademie Şehîd Bêrîtan teilzunehmen und sich mit der Frauenbefreiungsideologie und ihrer eigenen Persönlichkeit auseinander zu setzen. Von dort aus ging sie auf eigenen Wunsch nach Metîna und beteiligte sich mit großer Entschlossenheit am Widerstand im Tunnelkrieg von Girê Ortê.