Namen von Cûdî-Gefallenen veröffentlicht

Die Guerillakämpfer:innen Amara Rûbar, Harûn Çekdar, Sara Hêvî, Bahoz Ebex, Rûken Gabar und Rêber Kiçî sind im Dezember im Kampf gegen die türkische Armee am Berg Cûdî in Nordkurdistan gefallen.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Namen von sechs Gefallenen veröffentlicht. Amara Rûbar, Harûn Çekdar, Sara Hêvî, Bahoz Ebex, Rûken Gabar und Rêber Kiçî sind im Dezember am Berg Cûdî in der nordkurdischen Provinz Şirnex ums Leben gekommen.

Wie die HPG zum Hintergrund mitteilen, hat die türkische Armee eine Militäroperation im Gebiet Girê Hirmo durchgeführt. Am 16. Dezember wurde das Gebiet breitflächig von Kampfjets und Hubschraubern bombardiert. Danach kam es zu einem Gefecht zwischen den Operationseinheiten und der Guerilla. Harûn, Sara und Rûken sind gefallen, nachdem sie zwei Tage lang gegen Hunderte Soldaten und moderne Kriegstechnologie standhielten. Eine Person ist nach HPG-Angaben in Gefangenschaft geraten. Bei dem Gefecht wurden drei Soldaten verletzt.

Am 19. Dezember führte eine mobile Guerillaeinheit eine Aktion gegen die türkischen Truppen durch und es kam zu einem weiteren Gefecht, das bis zum nächsten Tag andauerte. Dabei wurden fünf Soldaten getötet und drei Soldaten schwer verletzt. „Nach Angaben aus der Region ist außerdem ein Kampfhubschrauber abgestürzt“, so die HPG. Die Guerillakämpfer:innen Rêber, Amara und Bahoz kämpften bis zur letzten Kugel und richteten ihre Handgranaten gegen sich selbst, um nicht in feindliche Gefangenschaft zu geraten.

Die HPG würdigen Harûn, Sara, Rûken, Rêber, Amara und Bahoz als mutige und selbstlose Kämpfer:innen: „Sie waren Heldinnen und Helden, die jahrelang unter schwierigsten Bedingungen mit großer Opferbereitschaft gegen die Besatzer gekämpft haben. Mit ihrem Leben, ihren Aktionen und ihrem Tod als Gefallene sind sie in die Kampfgeschichte unseres Volkes eingegangen. Die Erinnerung an sie wird in den Bergen von Botan und in ganz Kurdistan weiterleben.“ Den Angehörigen der Gefallenen und dem kurdischen Volk sprechen die HPG ihr Mitgefühl aus.

                             

Codename: Amara Rûbar
Vor- und Nachname: Ayşe Kapar
Geburtsort: Etrûş
Namen von Mutter und Vater: Taybet – Ahmet
Todestag und -ort: 20. Dezember 2022 / Cûdî

 

Codename: Harûn Çekdar
Vor- und Nachname: Sabri Yumak
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Narinc – Hamdi
Todestag und -ort: 17. Dezember 2022 / Cûdî

 

Codename: Sara Hêvî
Vor- und Nachname: Medya Gök
Geburtsort: Sêrt
Namen von Mutter und Vater: Gülhan – İbrahim
Todestag und -ort: 17. Dezember 2022 / Cûdî

 

Codename: Bahoz Ebex
Vor- und Nachname: Toruntay Yıldırım
Geburtsort: Wan
Namen von Mutter und Vater: Esmaperi – Şevket
Todestag und -ort: 20. Dezember 2022 / Cûdî

 

Codename: Rûken Gabar
Vor- und Nachname: Güler Güngen
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Asiye – Haci
Todestag und -ort: 17. Dezember 2022 / Cûdî

 

Codename: Rêber Kiçî
Vor- und Nachname: Yusuf Malgaz
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Xezal – Abdulkerim
Todestag und -ort: 20. Dezember 2022 / Cûdî

 

Amara Rûbar

 

Amara Rûbar ist in Etrûş in Südkurdistan geboren, dem Vorläufercamp des Geflüchtetenlagers Mexmûr. Ihre Eltern stammten aus Botan und mussten wie Tausende weitere Kurdinnen und Kurden aufgrund der Politik der verbrannten Erde in den 1990er Jahren aus dem türkischen Staatsgebiet fliehen. Die Familie gehört zum Stamm der Goyî, der für seine Nähe zur kurdischen Befreiungsbewegung bekannt ist. Amara Rûbar schloss sich als Jugendliche der Bewegung an und war zunächst in verschiedenen Bereichen aktiv, bevor sie 2012 in die Berge ging. Nach ihrer Grundausbildung kam sie als junge Militante der YJA Star in die Zap-Region und kämpfte sofort an der Front gegen die türkische Armee im Zagros-Gebirge. Sie wurde im Kampf verwundet und blieb auf eigenen Beschluss trotzdem im Kriegsgebiet. Im Zap gewann sie große Erfahrung, danach hielt sie sich in Gare und Metîna auf und professionalisierte sich in der Guerillataktik. 2019 wechselte sie nach Nordkurdistan und sah als Guerillakommandantin zum ersten Mal ihre ursprüngliche Heimat Botan. Dort trug sie maßgeblich dazu, die modernen Kampftaktiken in der Region einzuführen. Sie bildete zahlreiche Mitkämpfer:innen aus und repräsentierte dabei die Identität der freien Frau. Ihre Schwester Amara Şerif (Cihan Kapar), die sich nach ihr der Guerilla angeschlossen hatte, kam 2021 bei einem türkischen Chemiewaffenangriff in der Tunnelanlage Aris-Faris in Avaşîn ums Leben. Amara Rûbar war Kommandantin der Einheit, die am 19. Dezember die Aktion gegen die türkischen Operationstruppen durchführte.

Harûn Çekdar

 

Harûn Çekdar ist in Şirnex geboren und in der kämpferischen Atmosphäre von Botan aufgewachsen. Als Heranwachsender beteiligte er sich an den Aktivitäten der Jugendbewegung und legte einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Selbstverteidigung. Der türkische Staat kündigte 2015 den Waffenstillstand auf und griff die Zivilbevölkerung und die kurdische Befreiungsbewegung mit großer Grausamkeit an. Harûn ging daraufhin zur Guerilla. Er absolvierte eine Grundausbildung in Botan und nahm in seiner Geburtsstadt am Widerstand für Selbstbestimmung teil. Dabei kämpfte er an vorderster Front und brachte den jungen Menschen an seiner Seite das bei, war er inzwischen erlernt hatte. Anschließend kam er in die Cûdî-Region und setzte seinen Kampf fort. Zur Weiterbildung ging er in die Medya-Verteidigungsgebiete und verbrachte drei Jahre an einer Militärakademie, wo er seine ideologischen und militärischen Kenntnisse verfeinerte und danach andere Kämpfer:innen ausbildete. Nach einer fundierten ideologischen Fortbildung kehrte er nach Nordkurdistan zurück und war Teil der Kommandantur im Cûdî-Gebirge.

Sara Hêvî

 

Sara Hêvî ist in Sêrt geboren. Ihre Familie musste Kurdistan aufgrund der Unterdrückung durch den türkischen Staat verlassen und zog nach Mersin. Ihr Onkel kam im kurdischen Befreiungskampf im Leben und aus ihrem nahen Umfeld schlossen sich viele Menschen der Bewegung an. Ab 2011 war Sara in der Jugendarbeit aktiv. Als Reaktion auf die Morde an Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez am 9. Januar 2013 durch den türkischen Geheimdienst MIT in Paris ging Sara mit zwei Freundinnen in die Berge. Sie selbst übernahm den Kampfnamen von Sakine Cansız, ihre Weggefährtinnen nannten sich nach Fidan Doğan und Leyla Şaylemez Rojbîn und Ronahî. Nach ihrer Grundausbildung hielt sich Sara etwa zwei Jahre in Qendîl auf, wo sie sich ideologisch und militärisch weiterentwickelte und dabei auch viel von Zehra Penaber lernte, die später bei der Verteidigung von Kobanê gegen den IS ums Leben kam. Nach ihrer zweijährigen Praxis im Qendîl-Gebirge übernahm Sara Verantwortung als Teamkommandantin und wollte an der Front kämpfen. Stattdessen wurde sie zunächst an die Haki-Karer-Akademie geschickt, erst danach konnte sie nach Botan gehen und nahm am Widerstand für Selbstbestimmung in Silopiya teil. Ihre Freundin Ronahî, mit der sie zusammen in die Berge gegangen war, kam in diesem Widerstand ums Leben. 2016 kehrte Sara zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete, um ihre bisherigen Erfahrungen auszuwerten. Sie absolvierte eine Spezialausbildung in Sabotagetakten und ging 2018 als Kommandantin der YJA Star wieder nach Botan in die Cûdî-Region, wo sie bis zuletzt mit großem Mut und Geschick kämpfte.

Bahoz Ebex

 

Bahoz Ebex ist in Wan-Ebex (tr. Çaldıran) geboren und in einem patriotischen Umfeld aufgewachsen. Er kannte die Befreiungsbewegung bereits als Kind und musste schon früh zum Lebensunterhalt seiner Familie beitragen. Sein Cousin Ibrahim Atabay wurde als Gymnasiast am 7. Oktober 2007 zusammen mit den Guerillakämpfern Sîpan Şervan (Sunullah Keserci) und Necmî Efrîn (Necmeddin Ahmet Hasan) von der türkischen Armee getötet. Bahoz schloss sich 2013 in Tendurek der Guerilla an und machte eine Grundausbildung in Xakurke. 2014 ging er nach Şengal, um das ezidische Volk gegen den IS zu verteidigen. Nach Erfüllung seiner dortigen Aufgabe kam er zurück in die Berge und kämpfte anschließend im Widerstand für Selbstbestimmung in Şirnex und Silopya. Auch danach blieb er in Botan und wurde zu einem führenden Guerillakommandanten.

Rûken Gabar

 

Rûken Gabar ist in Şirnex geboren und mit der Widerstandskultur von Botan aufgewachsen. Bereits als Kind träumte sie davon, eines Tages Guerillakämpferin zu werden. Als sie in Gabar schließlich erstmalig auf Kämpfer:innen traf und mit eigenen Augen den genossenschaftlichen Umgang miteinander und die Lebensweise sah, erfüllte sie sich ihren Kindheitstraum und trat der Guerilla bei. Nach ihrer ersten Praxis in Gabar kam sie zur Grundausbildung ins Zagros-Gebirge und erlernte in der kommenden Zeit verschiedene Kampftaktiken an einer Militärakademie. 2016 ging sie auf eigenen Wunsch nach Botan und nahm am Widerstand für Selbstbestimmung teil. Ihr Bruder Murat Botan (Behlül Güngen) kam im Widerstand in Şirnex ums Leben. Rûken kam danach in die Region Cûdî, wo sie bis zuletzt kämpfte.

Rêber Kiçî

 

Rêber Kiçî ist in Cizîra Botan geboren und gehörte zum Stamm der Kiçî, der für seine Verbundenheit mit dem kurdischen Befreiungskampf bekannt ist. Er wuchs unter dem Eindruck der Unterdrückung durch den türkischen Staat und dem Widerstand der Bevölkerung auf und ging 2014 in Botan in die Berge. Dort hielt er sich eine Zeitlang auf und ging anschließend zur Grundausbildung in die Medya-Verteidigungsgebiete, um im Anschluss an der Verteidigung von Kerkûk gegen den IS teilzunehmen. Hierbei gewann er große Kampferfahrung. Nach Vollendung seiner dortigen Aufgabe kam er wieder in die Berge und absolvierte Lehrgänge in speziellen Kampftechniken. Danach bildete er seine Mitkämpfer:innen aus, wobei er sich selbst ständig weiterentwickelte. Um seine Kenntnisse in die Praxis umzusetzen, ging er nach Botan und nahm eine führende Rolle im neuzeitlichen Guerillakampf ein.