Nachruf auf Avaşîn-Gefallene

Azad Özgür, Delîla Rojevîn Garzan und Lorîn Bîşeng kämpften für Freiheit gegen die türkische Armee und den IS. Die Guerillakämpfer:innen sind vor fünf Jahren in Südkurdistan ums Leben gekommen.

Azad Özgür, Delîla Rojevîn Garzan und Lorîn Bîşeng

Die Guerillakämpfer:innen Azad Özgür, Delîla Rojevîn Garzan und Lorîn Bîşeng sind vor fünf Jahren in der Region Avaşîn in Südkurdistan gefallen. Das teilte das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) in einem Nachruf mit. Zu ihrer Identität und ihrem Kampf gegen die türkische Armee und den IS machten die HPG folgende Angaben.
 

Codename: Azad Özgür
Vor- und Nachname: Emrah Günara
Geburtsort: Wan
Namen von Mutter und Vater: Zahide – İsmet
Todestag und -ort: 2. Oktober 2019 / Avaşîn

 

Codename: Delîla Rojevîn Garzan
Vor- und Nachname: Fatma Kılıçarslan
Geburtsort: Bedlîs
Namen von Mutter und Vater: Süreyya – İkram
Todestag und -ort: 4. Oktober 2019 / Avaşîn

 

Codename: Lorîn Bîşeng
Vor- und Nachname: Nezahat Çapan
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Taybet – Yasin
Todestag und -ort: 4. Oktober 2019 / Avaşîn

 

Azad Özgür


Azad Özgür ist in Wan-Qelqelî in der Serhed-Region geboren. Er arbeitete bereits in seiner Kindheit als Hirte und ging nie in eine staatliche Schule. Dadurch entging er der an kurdischen Kindern in der Türkei praktizierten Zwangsassimilierung und lernte früh, auf eigenen Beinen zu stehen. In dieser Zeit begegnete er auch zum ersten Mal Guerillakämpfer:innen, die einen prägenden Eindruck bei ihm hinterließen. 2014 ging er in die Berge und schloss sich dem Freiheitskampf an. In seiner Grundausbildung in den Medya-Verteidigungsgebieten gewann er viele neue Erkenntnisse und sagte, sein Beitritt zur Guerilla sei die beste Entscheidung seines Lebens gewesen. Bereits im ersten Jahr in den Bergen nahm er an Aktionen gegen die türkischen Besatzungstruppen teil. 2015 wurde er bei einem feindlichen Angriff am Rücken und Kopf verletzt, nach einer kurzen Behandlung kehrte er zurück an die Front. Im folgenden Jahr nahm er an einer militärischen und ideologischen Fachausbildung teil und lernte in dieser Zeit auch Lesen und Schreiben. Danach kämpfte er mutig und opferbereit im Zagros-Gebirge. Die HPG beschreiben Azad als tapferen, aufrichtigen und selbstlosen Menschen, der von seinen Mitkämpfer:innen geliebt und geachtet wurde.

Delîla Rojevîn Garzan


Delîla Rojevîn Garzan ist in Bedlîs-Tetwan geboren und in einer PKK-nahen Familie aufgewachsen. Ihr Vater wurde in den 1990er Jahren aufgrund seiner politischen Betätigung verhaftet und gefoltert. Der kurdische Freiheitskampf hatte einen prägenden Einfluss auf ihre Sozialisation. Sie lehnte die feudalen Vorgaben für Frauen in der Gesellschaft ab und sehnte sich nach einem freien Leben. Nach dem Mord an Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez am 9. Januar 2013 in Paris entschied sie sich für den bewaffneten Kampf. Kurz nach ihrer großen Schwester Rojevîn (Evîndar Kılıçarslan), die sich in dieser Zeit ebenfalls der Guerilla anschloss, ging Delîla in Garzan in die Berge. Nach einem Aufruf von Abdullah Öcalan wurde ein großer Teil der Guerilla aus dem türkischen Staatsgebiet abgezogen. Delîla ging in die Medya-Verteidigungsgebiete und bekam eine fundierte Ausbildung. Sie beteiligte sich mit großem Enthusiasmus am Guerillaleben und setzte sich intensiv mit dem Frauenbefreiungskampf auseinander. Als der IS 2014 in Kurdistan einfiel, nahm sie an der Verteidigung der Bevölkerung teil und wurde an beiden Füßen verletzt. Nach ihrer medizinischen Behandlung kehrte sie mit ungebrochener Energie zurück in die Stellungen und kämpfte weiter. Sie war eine der mutigen Kurdinnen, die sich den islamistischen Horden entgegenstellten und den IS besiegten. Ihre Schwester Rojevîn fiel 2016 im Kampf gegen die türkische Armee in Gever. Delîla kam zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete und übernahm strategisch wichtige Aufgaben. Zuletzt kämpfte sie in Avaşîn.

Lorîn Bîşeng


Lorîn Bîşeng kam in Şirnex-Silopya zur Welt. Ihre Familie unterstützte die kurdische Befreiungsbewegung seit ihren Anfangsjahren, Lorîn wurde praktisch in die Bewegung hineingeboren. Als sie sich das erste Mal der Guerilla anschließen wollte, wurde sie abgewiesen, weil sie noch sehr jung war. Familienmitglieder und nahe Verwandte kämpften in der Guerilla, und Lorîn hielt an ihrem Entschluss fest. 2015 ging sie in Botan in die Berge und wurde zur Kämpferin ausgebildet. Die Berge Kurdistans waren für sie ein Ort, an dem Freiheit gelebt wurde. Als der Widerstand für Selbstverwaltung in nordkurdischen Städten mit brutaler militärischer Gewalt niedergeschlagen wurde, konzentrierte sich Lorîn auf ihre Kampfausbildung. Sie wollte ihre getöteten Freund:innen rächen und ihr Volk verteidigen. In der folgenden Praxis nahm sie am Widerstand gegen die türkischen Besatzungsangriffe in den Medya-Verteidigungsgebieten teil und fiel durch ihren Mut und ihren selbstlosen Einsatz auf. Sie bildete sich weiter und entwickelte sich zu einer professionellen Militanten der Verbände freier Frauen (YJA Star). Im Kampf an verschiedenen Fronten in den Medya-Verteidigungsgebieten bewies sie taktische Intelligenz und spielte eine wichtige Rolle. Sie kämpfte bis zuletzt mit unerschöpflicher Energie für die Freiheitswerte, an die sie glaubte.