Bei den Protesten gegen den Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam der iranischen Sittenpolizei sind am Montag mindestens vier Menschen getötet worden, 75 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Das meldet die kurdische Menschenrechtsorganisation Hengaw. Bei zwei der Toten handelt es sich demnach um Fouad Qadimi und Mohsen Mohammadi. Sie seien in der Stadt Dîwandere von scharfer Munition der iranischen Polizei getroffen worden, teilte Hengaw mit. Zwei weitere Todesopfer forderten die Proteste in Seqiz. Dort sowie in Dîwandere und Mahabad gab es auch die meisten Verletzten. In Bokan wurde einem zehnjährigen Kind in den Kopf geschossen. Der Zustand des Mädchens sei extrem kritisch, heißt es.
In den von Hengaw vorgelegten Zahlen sind allerdings nur von der Organisation bestätigte Fälle von Toten und Verletzten erfasst. Aktivist:innen berichten von mindestens zehn Toten; drei in Sine, vier in Dîwandere, zwei in Seqiz und einem Opfer in Kamyaran. Diese Angaben ließen sich bisher nicht verifizieren. Bestätigte Informationen zur Zahl der Festgenommenen lagen zuletzt ebenfalls noch nicht vor, Menschenrechtsorganisationen vermuten jedoch mehrere hundert Fälle. Zu den Demonstrationen hatten politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen aufgerufen und zu seinem Generalstreik mobilisiert. Protestiert wurde in zahlreichen Städten Ostkurdistans sowie Irans.
Jina Mahsa Amini war am Dienstag durch die Religionspolizei wegen ihres „unislamischen“ Outfits in Teheran festgenommen worden. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll sie ihren Hijab nicht regelkonform getragen haben. Sie sei deshalb auf eine Polizeiwache gebracht worden. Nach Polizeiangaben bekam sie dort „plötzlich Herzprobleme“ und fiel ins Koma. Aminis Familie und Augenzeuginnen, die ebenfalls auf die Dienststelle gebracht worden waren, wiesen diese Darstellung zurück und warfen der Polizei vor, die Kurdin geschlagen zu haben, was schließlich zum Tod führte. Von einer Hackergruppe geleakte und durch Iran International, einem Medium der iranischen Exil-Opposition, veröffentlichte Krankenhausakten mit CT-Aufnahmen, die von Jina Mahsa Amini sein sollen, bestätigen die Version, wonach die junge Frau durch massive Gewalteinwirkung auf den Kopf gestorben ist. Auch die Teheraner Klinik, in der Amini behandelt wurde, hatte nach ihrem Tod in einem inzwischen gelöschten Post bei Instagram geschrieben, dass sie bereits bei der Aufnahme am Dienstag hirntot gewesen sei.
Strenge Kleidungsvorschriften seit 1979
Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften, die insbesondere in Metropolen und reicheren Vierteln von vielen Frauen nicht ausnahmslos befolgt werden. Die Sittenpolizei setzt die Kleidungsvorschriften teils auch mit Gewalt durch.