Kurdische Organisationen proklamieren Generalstreik

Aus Wut über den Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini in Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei haben politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen in Ostkurdistan zum heutigen Tag Massenproteste angekündigt.

Aus Wut über den Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini in Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei haben politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen in Ostkurdistan zum heutigen Montag Massenproteste angekündigt. Die Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) hat gemeinsam mit der „Freiheits- und Demokratiebewegung“ (KODAR) einen Generalstreik proklamiert und die Öffentlichkeit dazu aufgerufen, unter der Losung „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frauen, Leben, Freiheit) in allen Städten die Arbeit niederzulegen und Geschäfte zu schließen, um damit gegen einen „verbrecherischen Akt“ zu protestieren, der sich gegen alle Gesellschaften Irans und Ostkurdistans richtete. Der ostkurdische Frauenverband KJAR hat sich dem Aufruf angeschlossen.

„Bei Femiziden in einem Land wie der Islamischen Republik, in der Misogynie so stark institutionalisiert wurde, ist es elementar, die Rolle des Staates zu reflektieren, Kritik am patriarchalen System mit all seinen Dimensionen sichtbar zu machen und Einwände zu erheben. Denn die Essenz einer freien Gesellschaft ist die Befreiung ihrer Frauen“, heißt es in dem Aufruf. Deshalb müsse das ideologische Fundament des frauenfeindlichen und faschistischen Systems mit all seinen Unterdrückungsstrukturen, „die ihren Nährboden in Sexismus, religiösem Fanatismus, Sektierertum, Nationalismus und Herrschaft haben“, herausgefordert werden.

Den gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini bezeichnen PJAK und KODAR als einen Versuch des Regimes, auf Freiheit bestehende Frauen zum Schweigen zu bringen und damit die Tür zu weiteren Femiziden zu öffnen. Ihre kurdische Herkunft habe eine maßgebliche Rolle im Verhalten der iranischen Behörden gespielt, wird in der Erklärung betont, auch wenn willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, Folterungen sowie rechtswidrige Hinrichtungen in der Islamischen Republik zu einer systematischen Praxis gegen alle Frauen gehörten. „Diese frauenverachtende, rücksichtslose Tyrannei erfordert eine radikale und libertäre Haltung von allen Teilen der Gesellschaft. Wir müssen das System stoppen, bevor der Preis, den wir alle zahlen müssen, zu hoch wird. Morgen wird es womöglich zu spät sein.“

Polizei behauptet, es war Herzversagen

Die 22-jährige Jina Mahsa Amini war am Dienstag während eines Familienbesuchs in der iranischen Hauptstadt Teheran von der sogenannten Sitten- und Religionspolizei festgenommen worden, weil sie ihren Hidschab nicht so trug wie vorgeschrieben. Auf einem Revier sollten „Aufklärungs- und Schulungsmaßnahmen“ zu den Kleidervorschriften erfolgen. Zwei Stunden nach ihrer Festnahme war sie hirntot.

Nach Polizeiangaben sei die Kurdin aus Seqiz auf der Dienststelle wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und danach ins Koma gefallen. Am Freitag sei sie im Krankenhaus gestorben, berichtete das Staatsfernsehen. Aminis Familie widerspricht der offiziellen Version. Laut Angehörigen, Zeuginnen auf der Wache und Krankenhauspersonal einer Klinik in Teheran wurde Jina Mahsa Amini von der Sittenpolizei misshandelt und starb an den Folgen von Kopfverletzungen durch äußere Krafteinwirkung.

Der Tod der jungen Frau hat landesweit und darüber hinaus heftige Proteste ausgelöst. Vor allem durch Seqiz, die Geburtsstadt von Amini, und Sine (Sanandadsch) in Ostkurdistan rollt eine immer größer werdende Protestwelle. Zu dem für heute geplanten Generalstreik mobilisieren neben PJAK, KODAR und KJAR diverse andere Parteien und Organisationen, darunter auch das Zentrum für Kooperation der Parteien Ostkurdistans, dem unter anderem die PDK-I und Komala angehören.