HPG geben Tod von Kommandant Cemil Cîlo bekannt

Cemil Cîlo hat 21 Jahre lang in den kurdischen Bergen gekämpft. Der Guerillakommandant ist im Juni 2020 bei einem feindlichen Angriff in Heftanîn gefallen.

Der Guerillakommandant Cemil Cîlo ist nach über zwanzig Kampfjahren im Juni 2020 bei einem feindlichen Angriff in der südkurdischen Region Heftanîn ums Leben gekommen. Das hat das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte heute bekannt gegeben: „Hevalê Cemil hat 21 Jahre lang ohne Atempause von Botan bis Qendîl, von Colemêrg bis Kelareş, von Heftanîn bis Gabar und von Besta bis Şirnex für die Existenz und Freiheit des kurdischen Volkes gearbeitet. Sein vorbehaltlos revolutionäres Leben, sein fleißiger Charakter, seine Opferbereitschaft, seine Arbeitsmoral, sein reines Herz und sein aufrichtiger genossenschaftlicher Umgang werden uns immer ein Beispiel sein. Wir werden seinen Kampf weiterführen, die Erinnerung an ihn weiterleben lassen und seine Ziele auf jeden Fall verwirklichen.“ Die HPG sprechen der Familie von Cemil Cîlo, der Bevölkerung seiner Heimatregion Elbak (tr. Başkale) in der Provinz Wan und dem gesamten Volk Kurdistans ihr Beileid aus.

Zur Identität des Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:

                               

Codename: Cemil Cîlo
Vor- und Nachname: Yalçın Keskin
Geburtsorg: Wan
Namen von Mutter und Vater: Fatma – Mustafa
Todestag und -ort: 24. Juni 2020 / Heftanîn


Cemil Cîlo ist im Dorf Hestan in Elbak auf die Welt gekommen und in einem natürlichen Umfeld fern des Einflusses der kapitalistischen Moderne aufgewachsen. Er ging nie in eine türkische Schule und brachte sich Lesen und Schreiben selber bei. In dieser Zeit kümmerte er sich im Dorf um die Feldarbeit und die Tiere und hütete Schafe und Ziegen auf der Hochalm. Seine Sozialisation basierte auf der gesellschaftlichen Ethik und den Werten, die die kurdische Gemeinschaft seit Tausenden Jahren zusammenhält. Zwar hatte der feudale Charakter seines Umfelds auch auf ihn eine Wirkung, aber er blieb der nach wie vor existierenden kommunalen und demokratischen Kultur der Muttergöttin verbunden. „Hevalê Cemil wurde zu einem Menschen erzogen, dessen Herz keine Schlechtigkeit kannte und der immer daran dachte, was das Beste für die Menschheit, die Natur und die Gesellschaft ist“, schreiben die HPG in ihrem Nachruf. Durch seine Arbeit im Dorf und auf der Alm entwickelte er ein inniges Verhältnis zur Natur. Die profitorientierten Beziehungen im Kapitalismus blieben ihm fremd. Er war voller Lebensfreude und Liebe zu den Menschen und der Natur.


Cemil Cîlo verfolgte den kurdischen Befreiungskampf mit großem Interesse und fühlte sich schon immer von der Guerilla angezogen. Er war PKK-Anhänger und die Verschleppung von Abdullah Öcalan im Februar 1999 erfüllte ihn mit großer Wut. Als Antwort auf das internationale Komplott gegen die kurdische Bewegung ging er am 15. August 1999, dem Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes 1984, in die Berge und wurde Guerillakämpfer. Aufgrund des damaligen Rückzugs der Guerilla von türkischem Staatsgebiet kam er in die Medya-Verteidigungsgebiete und hielt sich die folgenden Jahre in Qendîl auf. 2003 ging er auf eigenen Wunsch nach Botan. Bis 2007 war er in Colemêrg und Wan und gewann große Erfahrung im Guerillakampf. Als er bei einem Hubschrauberangriff an Händen und Füßen verletzt wurde, kam er zur Behandlung zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete. Nach seiner Genesung war er zur ideologischen und militärischen Ausbildung an den Apollo-Akademien und hatte damit die Möglichkeit, seine Praxis der vergangenen Jahre selbstkritisch zu reflektieren. Von 2008 bis 2014 war er in Heftanîn und übernahm verschiedene Aufgaben. Viele Jahre lang arbeitete er in der militärischen Logistik.


Ab 2014 kämpfte Cemil Cîlo wieder in Botan und übernahm Verantwortung als Kommandant. Er machte keinen Unterschied zwischen kleinen und großen Aufgaben und richtete sich nach dem jeweiligen Bedarf der Guerilla. So beteiligte er sich am Aufbau von Stellungen, betätigte sich als Kurier und kümmerte sich um Waffen, Munition und Geld. Als der türkische Staat 2015 jegliche Hoffnung auf Frieden zunichte machte und die kurdische Bewegung brutal angriff, unterstützte Cemil den Widerstand der Bevölkerung für Selbstbestimmung und kam aus den Besta-Bergen nach Şirnex. Dort wurde er zu einem der führenden Kommandanten des Selbstverwaltungswiderstandes. Im Sommer 2016 kehrte er in die Berge von Botan zurück und kam nach einer Weile wieder zur Behandlung in die Medya-Verteidigungsgebiete. Er nahm an einer Fortbildung an einer Selbstverteidigungsakademie teil und reflektierte die Zeit des Städtewiderstands in Nordkurdistan. Zuletzt war er in Heftanîn, wo er bei einem Angriff tödlich verletzt wurde.