Die Volksverteidigungskräfte (Hêzên Parastina Gel, HPG) haben eine Gedenkbotschaft für Azad Çewlîk veröffentlicht. Der Guerillakämpfer, der mit bürgerlichem Namen Irfan Kılıç hieß, wurde 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Kandıra in der türkischen Provinz Kocaeli zu Tode gefoltert. Der 32-Jährige war heftig geschlagen, gewürgt und erschossen oder erstochen worden, wie es in einem Autopsiebericht hieß und auf einer Videodokumentation der Leichenwaschung zu sehen war. Außerdem hatten die Täter versucht, die Leiche anzuzünden und Spuren zu verwischen. Die extralegale Hinrichtung wurde von den Behörden als Selbstmord ausgegeben, bis heute wurde der Tod des Kurden nicht aufgearbeitet.
„Unser Freund Azad, selbstloser Apoist, war ein unermüdlicher Widerstandskämpfer, der sowohl im aktiven Kampf als auch in Gefangenschaft den Gegner in die Knie zwang. Er war ein Opferbereiter, der sich dem Befreiungskampf unseres Volkes verschrieben hatte, und ging keine Kompromisse ein, was seine Widerstandslinie betraf. Hevalê Azad repräsentierte bis zuletzt die Militanz der PKK. Seine Tötung stellt nicht nur nach nationalem wie internationalen Recht ein schweres Verbrechen sowie einen Stich in die menschliche Moral dar, sondern auch eine große Niederträchtigkeit. Wir versprechen, in der Person von Azad Çewlîk Vergeltung für alle Gefallenen unserer Bewegung zu üben und sprechen seiner Familie und der Öffentlichkeit Kurdistans unser Mitgefühl aus.“
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Codename: Azad Çewlîk
Vor- und Nachname: Irfan Kılıç
Geburtsort: Çewlîk
Namen von Mutter und Vater: Sabriye – Mustafa
Todestag und -ort: 3. Juli 2019 / Hochsicherheitsgefängnis Kandıra
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Azad Çewlîk wurde in Bongilan (tr. Solhan) in der nordkurdischen Provinz Çewlîk (auch Çewlîg, tr. Bingöl) geboren. Er wuchs in einem patriotischen und durch die jahrtausendalte Kultur und Tradition Kurdistans geprägten Umfeld auf. „Eine in seinem Wesen verankerte unveränderliche Eigenschaft, die seinen Charakter ausmachte, war mit harter Arbeit verbundener Fleiß“, schreiben die HPG über ihn. Auf seinen späteren Weg zur Guerilla stieß er bei seiner Suche nach Reaktionen auf die in Kurdistan gültige Vernichtungspolitik des türkischen Staates. Er sympathisierte für die kurdische Befreiungsbewegung und engagierte sich zunächst in den Reihen der „Revolutionären Jugend“. Dabei lernte er die PKK und ihren Begründer Abdullah Öcalan näher kennen.
2013 gingen mehrere Menschen aus seinem Umfeld in die Berge. Diese Erfahrungen bewirkten bei Azad Çewlîk, sich noch näher mit der Frage „Wie kämpfen?“ auseinanderzusetzen. Das Resultat dieser Reflektion war eine tiefgründige Analyse seiner Widersprüche mit dem System. Er kam zu dem Ergebnis, dass angesichts eines Staates, der trotz zahlreichen Friedensinitiativen Öcalans und der PKK absolut genozidär im Umgang mit den Kurdinnen und Kurden handelte, mit der Waffe bekämpft werden müsste. „Unser Genosse Azad war davon überzeugt, dass es unmöglich und auch sinnlos ist, Frieden zu verwirklichen, ohne die physische Freiheit von Rêber Apo erlangt zu haben. Er glaubte, dass das Kriterium für alle Völker des Mittleren Ostens, insbesondere für das kurdische Volk, in Freiheit und Frieden zusammenzuleben, eine freier Rêber Apo und seine Ideologie sein würden. Deshalb schloss er sich am 15. Februar des Jahres 2015 den Reihen der Guerilla an. Er wählte dieses Datum aus, um ein Zeichen gegen das internationale Komplott gegen Abdullah Öcalan zu setzen.“
Azad Çewlîk erhielt seine Grundausbildung in den Medya-Verteidigungsgebieten. „Mit tiefer Liebe und Hingabe nahm unser Freund am Leben und Lernen in den Bergen teil, rebellierte gegen alte Wesensmerkmale des Systems und gab sich voll und ganz der Linie der Revolution hin“, so die HPG. Nach seinen Worten bereute Azad Çewlîk es, sich erst mit Ende 20 der Guerilla angeschlossen zu haben. Umso schneller saugte er das theoretische und praktische Wissen für die Kunst des Kampfes, an das er gelangen wollte, wissbegierig auf. Er wurde Teil der Sondereinheit Hêzên Taybet, die eine besondere ideologische Überzeugung und Opferbereitschaft voraussetzt, und ließ sich auf eigenen Wunsch hin zur Organisierung des revolutionären Volkskriegs in die gesellschaftlichen Arbeiten versetzen. In diesem Sinne war er im Westen der Türkei für eine Reihe kritischer Aktionen verantwortlich. Dabei geriet er in Gefangenschaft und wurde von der türkischen Justiz wegen PKK-Mitgliedschaft zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. Bevor er am 3. Juli 2019 durch Folter ermordet wurde, hatte er sich bereits mehrfach gegen Angriffe des Gefängnispersonals zur Wehr gesetzt.