Guerillakämpfer Hogir Mervan in Gare gefallen

Der Guerillakämpfer Hogir Mervan ist im Oktober bei einem Angriff des türkischen Staates in der südkurdischen Gare-Region gefallen. Die HPG haben einen Nachruf veröffentlicht und würdigen seinen Kampf.

Gegen den IS gekämpft

Der Guerillakämpfer Hogir Mervan ist im vergangenen Oktober bei einem Angriff des türkischen Staates in der Gare-Region in Südkurdistan gefallen. Das machten die Volksverteidigungskräfte (HPG) in einem am Freitag über ihre Pressestelle veröffentlichten Nachruf auf den Kämpfer öffentlich. Darin würdigt die Guerillaorganisation Hogir Mervan als „unbeugsamen Kämpfer und Verfechter der apoistischen Philosophie des freien Lebens“. Den Angehörigen des Gefallenen und der kurdischen Bevölkerung sprechen die HPG ihr Mitgefühl aus. Zur Biografie von Hogir Mervan machte die Pressestelle folgende Angaben:

                               

Codename: Hogir Mervan

Vor- und Nachname: Fırat Serihan

Geburtsort: Êlih

Namen von Mutter und Vater: Asiye – Halil

Todestag und -ort: 10. Oktober 2024 / Gare

 

Hogir Mervan wurde in der nordkurdischen Provinz Êlih (tr. Batman) geboren, seine Eltern stammen ursprünglich aus Dih (Eruh) im benachbarten Sêrt (Siirt). Die Familie migrierte in den 1990er Jahren nach Êlih. Es war die Hochphase der Politik der verbrannten Erde; eine Strategie des türkischen Staates, die Dorfzerstörungen, die Vertreibung Hunderttausender Menschen und willkürliche Tötungen umfasste, um im Rahmen der „Aufstandsbekämpfung“ der kurdischen Guerilla das Rückgrat zu brechen. Kurdistan galt quasi als rechtsfreier Raum und die Bewohnerinnen und Bewohner als Staatsfeinde. Bedingt durch diese Realität wurde Hogir Mervan bereits früh politisiert. Auch die Tatsache, dass sich viele Menschen aus dem sozialen Umfeld seiner Familie dem bewaffneten Kampf angeschlossen hatten und einige Verwandte Opfer von extralegalen Hinrichtungen geworden waren, wirkte sich prägend auf sein weiteres Leben und politisches Wirken aus.


Nach einigen Jahren in Sêrt zog die Familie weiter in den Westen der Türkei. Als Heranwachsender wurde Hogir Mervan hier Zeuge der staatlichen Praxis des weißen Genozids. Dagegen wollte er sich zur Wehr setzen. „Es war für ihn eine Mission. Hevalê Hogir betrachtete die Erhaltung der kurdischen Sprache und Kultur sowie die sozialen Merkmale der kurdischen Gesellschaft als seine vorrangige patriotische Pflicht“, erklären die HPG. [Anm. Der Begriff „weißer Genozid” wird häufig im Zusammenhang nicht-physischer Formen von Ethnozid und Völkermord wie Vertreibung, Assimilation, Vernichtung des kulturellen Erbes und der Geschichte usw. im Kontext mit Gräueltaten an Kurd:innen und anderen durch die Türkei unterdrückten Völkern verwendet. Dies hat nichts mit der Verwendung des Begriffs durch rechtsradikale Verschwörungstheorien in westlichen Ländern zu tun, die die Mär vom angeblichen „weißen Genozid“ in Südafrika streuen.]


Erstmals politischen Aktivismus betrieb Hogir Mervan unter dem Dach der Revolutionären Jugend Kurdistans. In diese Zeit fällt auch ein etwa neunmonatiger Aufenthalt in türkischer Untersuchungshaft. Er begriff das Gefängnis als Schule und betrachtete den dort geleisteten Widerstand gegen das System als Basis für eine Intensivierung des eigenen Wirkens beim Kampf des kurdischen Volkes. Nach seiner Entlassung im Jahr 2010 suchte er daher umgehend den Weg in die Berge. Er schloss sich in den Medya-Verteidigungsgebieten der Guerilla an und blieb die ersten vier Jahre dort und bildete sich nach seiner Grundausbildung sowohl ideologisch als auch militärisch stets weiter. Mit dem Aufkommen der Terrorherrschaft der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in weiten Teilen Syriens und des Irak verließ er vorübergehend die Berge.

Nach HPG-Angaben kämpfte Hogir Mervan in verschiedenen Befreiungsoffensiven gegen den IS. Hierbei wurde er mehrmals teils schwer verletzt. „Diese Erfahrungen konnten seine Entschlossenheit aber nicht bremsen, im Gegenteil. Hevalê Hogir widmete der moralischen Beteiligung am Kampf fortan noch mehr Aufmerksamkeit“, so die HPG. Nach der Zerschlagung der Territorialherrschaft des IS kehrte Hogir Mervan zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete, wo er in verschiedenen Regionen im Einsatz war, zuletzt in Gare. „Unser Genosse Hogir, der seinen Platz unter den unsterblichen Heldinnen und Helden unseres Volkes eingenommen hat, hat uns wichtige revolutionäre Aufgaben hinterlassen, die erfüllt werden müssen. Als seine Weggefährtinnen Weggefährten bekräftigen wir, dass wir die Mission, die uns Hevalê Hogir anvertraut hat, in dem Bewusstsein erfüllen werden, all unserer unsterblichen Gefallenen in seiner Person würdig zu sein“, heißt es in dem Nachruf.