Geständnisse des Spitzels Cotyar Muhsin Hisên

Der vom türkischen Geheimdienst in Südkurdistan angeworbene Spitzel Cotyar Muhsin Hisên schildert, welche Informationen über die Guerilla er weitergegeben hat und welche Auswirkungen seine Tätigkeit hatte.

Cotyar Muhsin Hisên ist ein lebendes Beispiel dafür, wie der türkische Staat in Südkurdistan neben seiner militärischer Präsenz und seinem politischen Einfluss ein aus Kollaborateuren bestehendes Agentennetzwerk in der Gesellschaft aufzubauen versucht. Der von den HPG verhaftete Kurde ist als Arbeiter einer in der Nähe der Medya-Verteidigungsgebiete tätigen Firma am Tag seiner Entlassung wieder eingestellt und gleichzeitig Angehöriger eines Agentennetzwerks geworden. In HPG-Gefangenschaft hat er erläutert, wie er angeworben wurde, welche Informationen er weitergegeben hat und welche Auswirkungen seine Tätigkeit hatte.

Cotyar Muhsin Hisên stammt aus dem Dorf Siyare bei Amêdî in Südkurdistan. Seine Familie ist als der Mendê-Zweig des Stamms der Berwarî bekannt. Er hat die Mittelschule abgeschlossen und ist Bauarbeiter.

Im Juni 2019 beginnt er in einer Ölfirma in der Region zu arbeiten. Nach ungefähr einem Monat wird er wegen Problemen mit dem Personalchef entlassen. Am selben Tag begegnet er einer Person, die Kontakte zu der Firmenleitung hat. Er berichtet von dem Geschehen und die Person fordert ihn auf, am nächsten Tag trotzdem zur Arbeit zu gehen. Am nächsten Morgen nimmt er seine Tätigkeit wieder auf. Danach erscheint die genannte Person bei ihm, gibt ihm seine Telefonnummer und verlangt Informationen über die PKK – genutzte Fahrzeuge, Aufenthaltsorte, Stützpunkte, Bewegungsräume. So wird Cotyar im Juli 2019 Teil des von dieser Person aufgebauten Agentennetzes.

Welche Informationen wurden weitergegeben?

In einer ANF zugespielten Videoaufnahme berichtet Cotyar, welche Informationen über Guerillabewegungen und Aufenthaltsorte er weitergegeben hat und wie diese Orte danach aus der Luft bombardiert wurden:

*Eines Mittags – an den genauen Zeitpunkt erinnert er sich nach eigenen Angaben nicht – sitzt er in der Nähe der Wasserfabrik im Dorf Kanîmasî und sieht ein aus Çemanke kommendes Fahrzeug der Guerilla in Richtung des Dorfes Şikeftê fahren. Er greift sofort zum Telefon und gibt die Information an seine Kontaktperson weiter. Außerdem teilt er mit, dass sich am Fahrzeug ein orangenes Zeichen befindet, aber kein Firmenemblem. Als er am nächsten Tag zur Arbeit kommt, sieht er das zerbombte Fahrzeug in der Nähe des Dorfes Kareba.

*Als er in der Umgebung des Dorfes Şilya arbeitet, sieht er einen Stützpunkt der Guerilla. Er kontrolliert das Lager und findet Stühle und ähnliche Gegenstände. Später fotografiert er die Stelle zusammen mit einem anderen Arbeiter namens Sedîq und schickt vier Fotos an seine Kontaktperson. Auch dieser Ort wird sofort aus der Luft bombardiert.

*Ein ähnliches Lager entdeckt er in der Nähe des Dorfes Rebetke und leitet Fotos weiter. Später hinterlegt er dort ein kleines GPS-Gerät in einer leeren Zigarettenschachtel, das seine Kontaktperson ihm gegeben hat. Auch auf diese Stelle erfolgt ein Luftangriff.

*Auf dem Weg zur Arbeit in der Nähe von Şikeftê fotografiert er im Beisein von Hawar, Merwan und einer weiteren Person ein Guerillalager und leitet das Foto weiter. Die Stelle wird bombardiert.

*Zu einer Zeit, als die Arbeit beim Dorf Hesnekî weniger wird, entdeckt er ein Guerillalager in der Nähe und leitet ein Foto davon weiter. Ungefähr zwanzig Tage später wird der Ort bombardiert.

*Als er mit einem Freund ein Guerillalager zwischen den Dörfern Rebetke und Kanîka entdeckt, leitet er ein Foto davon weiter. Seine Kontaktperson übergibt ihm erneut ein GPS-Gerät, diesmal in einer leeren Cola-Dose. Er bringt die Dose in das Lager und nach seinen Angaben wird auch diese Stelle bombardiert.

*Er findet oberhalb von Kanîka zwei Stützpunkte der Guerilla, an denen sich logistisches Material befindet. Eines davon fotografiert er und leitet das Foto weiter.

*Als er in der Nähe des Dorfes Milberkê arbeitet, wird den Arbeitern von der Firma gesagt, dass sich in der Nähe ein Guerillalager befindet und sie keinesfalls dorthin gehen sollen. Cotyar hört nicht auf die Warnung, macht zwei Fotos und leitet sie weiter.

*Er fotografiert einen Guerillastützpunkt zwischen Kehreba und Kanî Mazê und leitet das Foto weiter.

*Ein Kollege sieht vier Guerillakämpfer*innen auf dem Weg nach Şilya und fotografiert sie.

*Er sieht in der Nähe von Kanîka von der Guerilla genutzte Punkte und kontrolliert sie zusammen mit Merwan, Hawar und einer weiteren Person. Sie denken darüber nach, die dort befindlichen Gegenstände zu stehlen. Auf das Gebiet erfolgt später ein Luftangriff.