In der nordkurdischen Provinz Semsûr (tr. Adıyaman) sind am Freitag knapp fünfzig Tabakbauern festgenommen worden. Die Razzien von Polizei und Gendarmerie (Militärpolizei) fanden sowohl in der gleichnamigen Provinzhauptstadt als auch in den Landkreisen statt. Den Betroffenen wird vorgeworfen, sich an nicht genehmigten Protesten gegen eine neue Gesetzesregelung beteiligt zu haben. Sie werden im Polizeipräsidium sowie bei der Provinzkommandantur der Militärpolizei festgehalten.
Straßen mit Panzerfahrzeugen blockiert
Zeitgleich zu den Razzien fuhren vielerorts Panzerwagen in Semsûr auf. Die Gendarmerie riegelte mehrere Straßen in der Provinz mit gepanzerten Fahrzeugen ab. Vielerorts patrouillieren Soldaten, die Lage ist angespannt. Die Festnahmeoperationen erfolgten unmittelbar vor einer parlamentarischen Debatte um die am 1. Juli in Kraft getretene Regelung des Schmuggelbekämpfungsgesetzes Nr. 5607, durch die der Tabakanbau und -verkauf unter die Zulassungspflicht fallen.
Tabakanbau einzige Lebensgrundlage
Tabakbauern und Händler, die sich keine Lizenz beim türkischen Ministerium für Land- und Forstwirtschaft einholen, werden nach der neuen Regelung mit Haftstrafen von mindestens drei bis maximal sechs Jahren und Geldstrafen zwischen 5.000 und 50.000 TL belegt. Liegt die Befugnis vor, darf der Tabak zwar legal angebaut werden, die Ware frei auf dem Markt handeln dürfen die Bauern aber trotzdem nicht. Der Verkauf bleibt abhängig von der Mitgliedschaft bei einer Genossenschaft, die aus mindestens 250 Mitgliedern bestehen muss. Die Tabakbauern aus Semsûr und der benachbarten Provinz Meletî (Malatya) vermuten, dass Interessen der ausländischen Tabakindustrie eine Rolle bei der Gesetzeseinführung spielen und fordern die Rücknahme der Verordnung. In Semsûr und Meletî leben etwa 450.000 Menschen vom Tabakanbau. Sie befürchten, durch die neue Regelung ihre einzige Lebensgrundlage und damit Existenz zu verlieren.