Barzan Kamal Majeed alias „Skorpion“
Barzan Kamal Majeed wird in mehreren Ländern per Haftbefehl wegen Menschenschmuggel gesucht. Über Jahre kontrollierte seine Bande in Europa einen Großteil des Menschenschmuggels über den Ärmelkanal in Booten und Lastwagen. Nun wurde Majeed in Silêmanî (Sulaimaniyya) festgenommen. Wie die Generaldirektion für Sicherheit der Kurdistan-Region des Irak (KRI) am Montag mitteilte, erfolgte die Festnahme des 38-Jährigen bereits am Sonntag. Gegenstand sei eine Ausschreibung von Interpol, hieß es. Er befinde sich inzwischen in Untersuchungshaft.
Europas meistgesuchter Menschenschmuggler wurde 2006 als 20-Jähriger selbst auf dem Rücksitz eines Lastwagens nach England geschleust. Obwohl ihm ein Jahr später die Aufenthaltsgenehmigung verweigert wurde, blieb er noch mehrere Jahre in Großbritannien – einige davon verbrachte er wegen Waffen- und Drogendelikten im Gefängnis. 2015 wurde Majeed in den Irak abgeschoben. Kurz danach soll er ein Menschenschmuggelgeschäft von seinem älteren Bruder „geerbt“ haben, weil dieser in Belgien ins Gefängnis musste.
Bei den europäischen Kriminalbehörden ist Barzan Kamal Majeed unter dem Namen Skorpion bekannt – nach seinem WhatsApp-Profilbild, das er für seine Schlepperdienste benutzte. Seine Bande soll zwischen 2016 und 2021 den Menschenschmuggel zwischen dem europäischen Festland und Großbritannien kontrolliert haben. Eine zweijährige internationale Polizeiaktion führte schließlich zur Verurteilung von 26 Mitgliedern der Bande durch die Justiz Großbritanniens, Frankreichs und Belgiens.
Fahndungsfotos von Barzan Kamal Majeed
Der „Skorpion“ entging jedoch der Verhaftung und war seither untergetaucht. In Abwesenheit wurde Majeed in Belgien 2022 wegen Menschenschmuggels in 121 Fällen zu einer Haftstrafe von zehn Jahren und einer Geldstrafe von rund 970.000 Euro verurteilt. Dass er jetzt in Silêmanî festgesetzt wurde, wird von regierungsnahen Medien in der Kurdistan-Region des Irak als heldenhafte Leistung gefeiert – tatsächlich wirkt es wie eine Farce. Den Behörden im totalüberwachten Süden dürfte wohl kaum entgangen sein, dass Europas meistgesuchter Schleuser in seiner alten Heimat sitzt – und zwischen Silêmanî, Istanbul und Marmaris hin und her jettet.
Aufgespürt wurde Majeed allerdings von einer BBC-Journalistin und einem ehemaligen britischen Soldaten. Er sehe aus wie ein wohlhabender Golfer mit neuen Kleidern und manikürten Fingernägeln, schreibt Sue Mitchell in ihrer Story, die am letzten Freitag veröffentlicht wurde. Die Journalistin traf Majeed in einem Einkaufszentrum in Silêmanî. Er leugnete wohl zunächst, der Chef einer kriminellen Organisation zu sein, und behauptete, verhaftete Bandenmitglieder hätten seine Rolle überhöht, um eine mildere Strafe zu erhalten. Später gab er allerdings zu, zwischen 2016 und 2019 einer der beiden Hauptverantwortlichen für die Schleppergeschäfte in Belgien und Frankreich gewesen zu sein. In dieser Zeit habe er Millionen von Dollar verwaltet.
Auf seine Verantwortung für den Tod von Migranten angesprochen, wiegelte Majeed laut der BBC-Journalistin Mitchell ab. Er habe nur das Geld genommen und Plätze gebucht. „Ich setze niemanden in ein Boot, und ich töte niemanden“, wird der Schmuggler zitiert. Empathie mit Flüchtenden – 2023 sind mindestens 8.565 Menschen auf der Flucht ums Leben gekommen und seit 2018 starben mehr als 70 Menschen bei der Überfahrt mit dem Boot im Ärmelkanal – scheint Majeed nicht zu haben: „Gott schreibt auf, wann du sterben wirst, aber manchmal ist es deine Schuld. Gott sagt nie‚ steig ins Boot.“ Laut einer Quelle der BBC soll Majeed mittlerweile in den Menschenschmuggel von der Türkei nach Griechenland involviert sein. Ob die KRI-Behörden ihn an Belgien oder England ausliefern werden, bleibt abzuwarten.
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