Zwei Jahre nach dem Tod der Kurdin Mahsa Amini versuchen Behörden im Iran, neue Proteste und Gedenkfeiern zu verhindern. Das Haus der Familie wird offenbar von Sicherheitskräften umstellt, der Vater der jungen Frau muss sich laut Exilmedien einem Verhör unterziehen - sein Haus darf er nicht verlassen.
Die Eltern von Jina Mahsa Amini sind in Rojhilat unter Hausarrest gestellt worden. Sie hätten gerade zum Grab ihrer Tochter aufbrechen wollen, als sie von Sicherheitskräften des iranischen Regimes zurück ins Haus gedrängt und durch Agenten des Geheimdienstministeriums telefonisch verwarnt wurden, berichtete das in Frankreich ansässige Kurdistan Human Rights Network (KHRN). Nun dürften Amjad Amini und Mozhgan Eftekhari ihr Haus in Seqiz nicht mehr verlassen. Auf der Plattform X veröffentlichte Videos zeigen derweil eine große Menschenmenge auf dem Aichi-Friedhof, auf dem Jina Mahsa Amini begraben liegt, sowie aus Solidarität mit ihr geschlossene Geschäfte in Seqiz und anderen Städten Ostkurdistans. Trotz Warnungen des Regimes, dass öffentliche Proteste konsequent nicht zugelassen werden, zahlreichen bewaffneten Männern in Kampfmontur überall in der Stadt und Kampfhubschraubern, die im Tiefflug über Seqiz kreisen, strömten zahlreiche Menschen zu dem Friedhof, um Jina Mahsa Amini zu gedenken.
Am morgigen Montag jährt sich der Tod Aminis, der im Herbst 2022 die „Jin Jiyan Azadî“-Revolution und damit die schwersten Aufstände seit Bestehen der Islamischen Republik Iran ausgelöst hatte, zum zweiten Mal. Sittenwächter der Mullahs hatten die 22-jährige Kurdin wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die islamische Kleiderordnung festgenommen. Auf einer Wache in Teheran wurden ihr tödliche Verletzungen zugefügt – fünf Tage vor ihrem 23. Geburtstag. Zu Aminis Beerdigung strömten damals Tausende Menschen; und ausgehend von Seqiz verbreiteten sich die Proteste wie ein Lauffeuer. Das Regime ließ die Demonstrationen brutal niederschlagen. Es gab mehr als 550 Tote, tausende Verletzte und zehntausende Festnahmen.
Aminis Vater hatte am Freitag angekündigt, eine Trauerfeier am Grab seiner Tochter auszurichten. „Wenn die Machthaber es zulassen und nicht wie im vergangenen Jahr das Zusammenkommen durch staatliche Gewalt verhindern, werden wir Jina auf Anregung aus der Bevölkerung am 15. September gedenken“, sagte Amjad Amini zu Radio Farda. Die Familie wolle wie in Iran üblich ein den religiösen und traditionellen Werten entsprechendes Gedenken. „Das ist unser Recht“, so der Vater. Das Regime reagierte umgehend und rief in Seqiz die höchste Alarmstufe aus. Menschenrechtsorganisationen befürchteten zwar repressive Maßnahmen, gingen aber nicht davon aus, dass die verhängten „Sicherheitsmaßnahmen“ die geplanten Proteste verhindern könnten.