Drei Guerillakämpfer in Gever gefallen

Die Guerillakämpfer Avareş Pirsûs, Serxwebûn Amed und Raman Sine sind am 20. Juni in Gever bei einem Gefecht mit der türkischen Armee gefallen.

Die Guerillakämpfer Avareş Pirsûs, Serxwebûn Amed und Raman Sine sind am 20. Juni in dem nordkurdischen Bezirk Gever (tr. Yüksekova) bei einem Gefecht mit der türkischen Armee ums Leben gekommen. Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat den Tod der Kämpfer bestätigt und Angaben zur ihrer Identität veröffentlicht. Demnach kam es im Gebiet Warê Teço zu einem Feindkontakt zwischen einer Guerillagruppe und einer türkischen Armeeeinheit. Bei dem Gefecht wurde ein Soldat getötet. Daraufhin wurden die türkischen Bodentruppen zurückgezogen und das Gebiet wurde von Kampfjets bombardiert. Bei dem Luftangriff sind Avareş Pirsûs, Serxwebûn Amed und Raman Sine gefallen. Die HPG würdigen ihren mutigen Kampf und sprechen den Angehörigen und dem Volk Kurdistans ihr Mitgefühl aus.

Zur Identität der gefallenen Kämpfer machen die HPG folgende Angaben:

                            

Codename: Avareş Pirsûs
Vor- und Nachname: Ahmet Demir
Geburtsort: Dîlok
Namen von Mutter und Vater: Fatma – Ali
Todestag und -ort: 20. Juni 2023 / Gever

 

Codename: Serxwebûn Amed
Vor- und Nachname: Şehmus Akyol
Geburtsort: Amed
Namen von Mutter und Vater: Halime – Cemil
Todestag und -ort: 20. Juni 2023 / Gever

 

Codename: Raman Sine
Vor- und Nachname: Muhammed Fuad Nusreyî
Geburtsort: Sine
Namen von Mutter und Vater: Şehla – Xosro
Todestag und -ort: 20. Juni 2023 / Gever

 

Avareş Pirsûs


Avareş Pirsûs stammte aus Pirsûs (Suruç), wuchs jedoch in Dîlok (Antep) auf. Er war der älteste von sechs Geschwistern und entwickelte schon früh Verantwortungsgefühl. Neben der Schule arbeitete er in einer Apotheke und war in der kurdischen Jugendbewegung aktiv. Im März 2014 schloss er sich in der Zap-Region der Guerilla an.


Das kollektive Guerillaleben führte bei Avareş Pirsûs zu einer revolutionären Veränderung. Er wollte sich von patriarchalischen Zwängen befreien und ein Weggefährte freier Frauen sein. Die PKK war für ihn ein Überbegriff für ein neues und freies Leben, dem er sich voller Überzeugung und auf Grundlage einer revolutionären Kultur und Moral widmete. Er kämpfte in den Regionen Zap und Gare und war in Gebiete wie Çemço und Cîlo, wo er Lebens- und Kriegserfahrung gewann. An einer Militärakademie wurde er zum professionellen Scharfschützen ausgebildet, anschließend bildete er selbst andere Kämpfer:innen aus. 2017 ging er erneut in den Zap und übernahm verschiedene Aufgaben, unter anderem beteiligte er sich an der Errichtung von Verteidigungsanlagen. 2020 ging er auf eigenen Wunsch nach Nordkurdistan und kam nach Gever, wo er seinen Kampf bis zuletzt entschlossen fortsetzte.

Serxwebûn Amed


Serxwebûn Amed ist in Amed geboren und in einem der kurdischen Freiheitsbewegung nahestehenden Umfeld aufgewachsen. Nach achtjährigem Schulbesuch begann er zu arbeiten und Drogen zu nehmen. Der türkische Staat fördert den Drogenkonsum in Kurdistan, um die Jugend von ihrer gesellschaftlichen Kultur und Identität zu entfremden und vor allem vom Befreiungskampf abzuhalten. Serxwebûn distanzierte sich von seiner Familie und lebte fünf Jahre lang ziellos vor sich hin. Trotzdem beeinflusste ihn die Befreiungsbewegung und als er Kontakt zu Jugendaktivist:innen bekam, konnte er sich von seinem Drogenkonsum lösen. Unter dem Eindruck des Kampfes gegen den IS in Kobanê und dem Widerstand für Selbstbestimmung im Altstadtbezirk Sûr entschied er sich Ende 2015 für den bewaffneten Kampf und ging in die Berge.


Serxwebûn Amed absolvierte eine Grundausbildung in Metîna und ging danach in die Praxis. Er beteiligte sich am Aufbau von Verteidigungsstellungen und blühte unter den Bedingungen eines kollektiven und freien Lebens auf. 2017 machte er eine Fachausbildung im Gebrauch leichter und halbautomatischer Waffen und kam anschließend in eine mobile Einheit im Zap. Dort wurde er außerdem in Sabotagetaktik ausgebildet. Gleichzeitig las er die Schriften von Abdullah Öcalan und setzte sich selbstkritisch mit seiner eigenen Persönlichkeit und seiner Herangehensweise an Frauen auseinander. Seine Cousine Dîcle Hêvîdar (Rojbîn Akyol) fiel am 9. Juni 2018 in Amed. Serxwebûn ging danach nach Gever, wo er bis zuletzt unter schwierigen Bedingungen und mit großer Entschlossenheit kämpfte.

Raman Sine


Raman Sine stammte aus Sine (Sanandadsch) und ist in einer armen Familie mit starken sozialen Werten aufgewachsen. Neben der Schule arbeitete er in einer Tischlerei und auf dem Bau, anschließend studierte er Landwirtschaft. Er lehnte religiösen Fanatismus und Sexismus als Spaltungsinstrumente des iranischen Regimes gegen die Gesellschaft ab und suchte nach Lebensalternativen außerhalb der ideologischen Varianten, mit denen die Kapitalistische Moderne aufrecht erhalten wird. Die PKK lernte er über die Medien kennen, insbesondere durch den mutigen Kampf gegen den IS. Nach der türkischen Invasion in Efrîn schloss er sich 2018 in Qendîl der Guerilla an.


Nach seiner Ausbildung zum Guerillakämpfer beteiligte er sich sich mit großer Lebensfreude und Bescheidenheit an der praktischen Arbeit und beschäftigte sich an einer Militärakademie mit den Erfordernissen des modernen Guerillakampfes. Sabotagetaktiken wurden sein Spezialgebiet. Auf eigenen Vorschlag ging er schließlich nach Nordkurdistan, wo er seinen Kampf weiter steigerte. Mit der Kampftaktik in mobilen Kleingruppen gelang es ihm unzählige Male, Operationen der türkischen Armee ins Leere laufen zu lassen. Gleichzeitig nahm er an diversen Überraschungsangriffen teil.