Dörfer in Meletî: „Es gibt hier kein Leben mehr“

In der Erdbebenregion um Meletî sind ganze Dörfer zerstört worden, es findet eine Massenauswanderung statt. Die verbliebenen Menschen sagen, dass der Staat keine Hilfe leistet und es nach wie vor kein Wasser gibt.

Malatya (ku. Meletî) ist eine der kurdischen Provinzen, in denen die Erdbeben vom 6. Februar eine verheerende Zerstörung verursacht haben. In den Dörfern Topraktepe (Mihaciran) im Landkreis Doğanşehir (Wêranşar) und Ören im Landkreis Akçadağ (Argan) gibt es keine festen Strukturen mehr.

Topraktepe mit 350 Haushalten und Ören mit 850 Haushalten wurden fast vollständig zerstört, staatliche Einrichtungen leisteten keine Hilfe nach der Erdbebenkatastrophe. Nach wie vor ist die Wasser- und Stromversorgung nicht gewährleistet, unter den Trümmern liegt noch Vieh.

In dem alevitischen Dorf Topraktepe sind bei dem Erdbeben elf Menschen ums Leben gekommen. Die Siedlung liegt nur anderthalb Kilometer entfernt von der Kreisstadt Doğanşehir, trotzdem habe der AKP-Bürgermeister sie nicht besucht, sagen die Dorfbewohner:innen.


Ali Babur ist einer der wenigen Menschen, die weiter in Topraktepe ausharren. Er berichtet, dass sie nach dem Erdbeben drei Tage lang ohne Nahrung und Wasser im Dorf gelebt und mit eigenen Mitteln versucht hätten, die Trümmer zu räumen. „Der Staat kam nach drei Tagen. Er warf Zelte in die Mitte und ging. Geholfen haben uns die Menschen aus dem Dorf, die in Städten wie Izmir und Istanbul wohnen. Strom gab es erst nach 14 Tagen wieder. Wir haben immer noch kein Wasser. Gott sei Dank haben wir Lebensmittel, aber wir haben keine Kleidung. Elf von uns sind im Dorf gestorben. Alle 350 Häuser wurden zerstört. Von 700 Einwohnern leben jetzt nur noch 130 Menschen hier, alle anderen sind weggegangen."

Hasan Kayapınar, ein weiterer Dorfbewohner, sagt, dass das, was sie im Moment am meisten brauchen, ein Dach über dem Kopf ist: „Wir können nicht mehr in Zelten leben. Wir können nicht in der Kälte bleiben. Wir appellieren an die Behörden, aber wir wissen nicht, ob sie unsere Stimme hören werden. Das erste Erdbeben war schon sehr schlimm, beim zweiten wurde alles zerstört. Zwei Tage lang hatten wir Hunger und Durst. Das AFAD-Team kam erst nach drei Tagen. Es gab Menschen, die gerettet werden mussten, aber sie starben, weil die Hilfe zu spät kam."

Auch der Ortsvorsteher Irfan Barlas kritisiert das Fehlen jeglicher Rettungsmaßnahmen im Dorf: „Am ersten Tag haben wir unsere Straßen mit eigenen Mitteln geräumt. Das Dorf wurde beim zweiten Erdbeben zerstört. Einige Menschen sind verbrannt. Da niemand zur Hilfe kam, starben auch Menschen, die zunächst überlebt hatten. Wir haben die Knochen der Verbrannten eingesammelt. Sie sehen ja, in welchem Zustand unser Dorf jetzt ist. Selbst die Hilfsgüter, die zu uns kamen, wurden beschlagnahmt. Die Stadtverwaltung von Malatya brachte zwei Päckchen mit Waffeln und wünschte uns alles Gute. Die Genesungswünsche sind bei allen angekommen. Am 16. Tag kamen sie, um endlich festzustellen, wie viele tote Tiere unter den Trümmern liegen."

„Wir haben kein Wasser und keinen Strom"

Die Situation im Dorf Ören in Akçadağ ist nicht anders. Achtzig Prozent der Häuser sind zerstört, die meisten Menschen haben die Siedlung verlassen und die Verbliebenen leben größtenteils in Zelten. Mustafa Özer, einer der Dorfbewohner, sagt, dass sie nach dem Erdbeben wegen des kalten Wetters einige Tage lang in Autos unterkamen. Hilfe sei nur von Freiwilligen gekommen und nicht vom Staat kam: „Der Staat hat erst viel später angefangen, etwas zu schicken. Wir haben vor allem Hilfe von der Zivilbevölkerung erhalten. Jetzt denken wir darüber nach, in andere Städte zu ziehen. Wir können die Trümmer hier nicht beseitigen. Wir haben kein Wasser und keinen Strom. Es wird versucht, Wasserleitungen zu bauen, aber es gibt hier kein Leben mehr."

Der neunzigjährige Hasan Türkmenoğlu aus Ören sagt, dass sein Haus zerstört wurde und er in das beschädigte Haus seiner Tochter gezogen ist: „Mein Haus wurde zerstört. Ich war hilflos, ich kam in das Haus meiner Tochter und kann nirgendwo anders hin. Ich habe in meinem Leben schon drei Erdbeben erlebt, aber so ein Erdbeben habe ich noch nie gesehen. Dieses Erdbeben hat alles in einer Sekunde getroffen."

Foto: MA