Am 4. September 2015 wurde das erste Ausgangsverbot in Cizîr erklärt. Seitdem sind drei Jahre vergangen. Die Stadt stand monatelang unter der Belagerung türkischer Sicherheitskräfte. Bei den Angriffen kamen knapp 300 Menschen ums Leben. Die Bevölkerung widersetzte sich dem Ausgangsverbot und forderte das Recht auf Selbstverwaltung. Eine der Widerstand leistenden Frauen von Cizîr ist Zekiye Edin. Sie verlor ihre zwei Söhne und ihre Schwiegertochter.
Am 9. September 2015 wurde Zekiye Edins 22-jähriger Sohn Mehmet aus einem Panzerfahrzeug heraus erschossen. Der Leichnam ihres anderen Sohnes Sahip wurde Monate später in einer Truhe in einem der Häuser im Stadtteil Cûdî gefunden, in deren Kellern Hunderte Menschen getötet wurden.
„Monatelang haben wir nichts voneinander gehört“
Zekiye Edin und ihre Familie weigerten sich zu Beginn der Ausgangssperre, ihr Haus, wie von den staatlichen Kräften gefordert, zu verlassen. „Am Anfang waren alle Menschen vorbereitet. Auch wir hatten Vorbereitungen getroffen. Bei dem ersten Verbot starben mein Sohn und meine Schwiegertochter. Mein anderer Sohn Sahip kam bei dem zweiten Verbot im Dezember ums Leben. Als im Dezember die zweite Ausgangssperre verhängt wurde, hielten wir es noch drei Wochen aus. Dann wurde eine Bombe in unser Haus geworfen, ein Zimmer wurde dabei komplett zerstört. Gezwungenermaßen mussten wir das Haus verlassen. Die gesamte Familie wurde zerstreut, jeder musste an einen anderen Ort gehen. Monatelang haben wir nichts voneinander gehört, bis das Verbot wieder aufgehoben wurde und wir zurückkommen konnten.“
Die Leiche des Sohnes auf Fotos erkannt
Das Haus der Familie war bei den Angriffen zerstört worden. Sie zog notgedrungen in ein anderes Haus im gleichen Viertel. „Wir wollten unser Haus wieder herrichten, aber es wurde uns nicht erlaubt. Es ist dann abgerissen worden. Mein Sohn Sahip war verheiratet und hatte vier Kinder. Bis die Kämpfe vorbei waren, hörten wir nichts mehr von ihm. Schließlich wurde uns gesagt, dass eine Leiche in einer Truhe gefunden wurde. Uns wurden Fotos gezeigt. Ich habe meinen Sohn auf diesen Fotos erkannt. So haben wir ihn gefunden.“
„Vergesst diese jungen Menschen nicht“
Zekiye Edin hat die Fotos ihrer Kinder eingerahmt. Sie schaut sie ständig an. Sie werde niemals vergessen, was vor drei Jahren geschehen ist, sagt sie. „Meine Kinder hatten selbst Kinder. Ich werde dem Weg meiner Kinder folgen, ich stehe voll und ganz hinter ihrem Kampf. Niemand sollte die jungen Menschen vergessen, deren Blut hier vergossen worden ist.“