Brief von Frauen aus Rojhilat an Leyla Güven

In einem Brief an die hungerstreikende kurdische Politikerin Leyla Güven schreiben 93 Frauen aus Rojhilat: „Ihre freiheitlichen Anstrengungen geben uns Kraft. Wir glauben daran, die Mauern des diktatorischen Systems niederzureißen“.

Seit 84 Tagen ist die kurdische Politikerin Leyla Güven gegen die Isolation des Vordenkers der kurdischen Freiheitsbewegung, Abdullah Öcalan, im Hungerstreik. In einem Brief an die HDP-Abgeordnete und Ko-Vorsitzende des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress, türkisch: Demokratik Toplum Kongresi) schreiben 93 Frauen* aus Rojhilat (Ostkurdistan/Iran): „Ihre freiheitlichen Anstrengungen geben uns Kraft. Wir glauben daran, die Mauern des diktatorischen Systems niederzureißen“.

„Genossin Leyla,

Wir Frauen aus dem Osten Kurdistans senden Ihnen innige Grüße und bringen unsere Liebe Ihrer Verantwortung und Ihres Willens gegenüber zum Ausdruck. Seit dem 7. November setzen Sie ihren Hungerstreik mit einem großen Widerstand fort. Auch wenn wir physisch voneinander getrennt sind, überwindet Ihr Kampf für den Frieden und die Freiheit die Grenzen und vereint uns. Ihr Widerstand und der Kampf Ihrer Freundinnen und Freunde hat alle Mauern niedergerissen. Wir sind Ihnen und allen federführenden Frauen näher als jemals zuvor.

Genossin Leyla, Ihr Widerstand gegen die faschistische Regierung und die patriarchalische Ideologie ist ein Kampf für die gesamte Menschheit. Dieser Kampf hat Grenzen überwunden und ist zum Symbol aller politischen Bewegungen geworden. Er verleiht insbesondere den Frauenbefreiungsbewegungen Stärke und Willenskraft, die Widerstand gegen diktatorische Regime leisten. Sie haben sich voll und ganz einer humanen Politik verschrieben und eine neue Dimension des Widerstands für alle freiheitlichen Kräfte geschaffen.

Eine Hoffnung für alle, die gegen Unterdrückerregime kämpfen

Der Faschismus und die Vorherrschaft als Produkt des patriarchalischen Gedankenguts greifen seit Tausenden von Jahren den Mittleren Osten an. Die Basis dieser Angriffe bilden das kapitalistische System und der Neoliberalismus. Die gegenwärtige Situation ist zu einer großen Gefahr für Frauen und die gesamte Gesellschaft geworden.

Diese Regierung respektiert weder ihre eigenen Gesetze, noch das internationale Völkerrecht. Sie verstößt auch gegen die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln). Aus diesem Grund können die Stärke der Frauen und ihr Wille, ihre Einheit und ihr Pioniergeist eine Alternative und eine Quelle der Hoffnung gegen das Unterdrücker-Regime sein. In diesem SInne geben uns Ihre freiheitlichen Anstrengungen Kraft. Wir glauben daran, die Mauern des diktatorischen Systems niederzureißen.

Wir Frauen, die diesen Brief unterzeichnen, möchten kundtun, dass wir die Forderungen der hungerstreikenden Aktivistinnen und Aktivisten unterstützen. Wir appellieren auch an alle freiheitlichen Frauen, die sich für den Frieden und die Menschheit einsetzen, Ihnen ihre Stimme zu verleihen, die Isolation zu durchbrechen und für die Freiheit aller politischen Gefangenen zu kämpfen”.

*Die Namen der Frauen sind der Redaktion bekannt, wurden jedoch aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht.