Amed: „Die Menschen suchen im Müll nach Essen“

Die Verbraucherpreise in der Türkei sind im März so stark gestiegen wie seit 20 Jahren nicht mehr, die Inflationsrate stieg auf 61,14 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Das macht sich auch auf den Wochenmärkten in den kurdischen Provinzen bemerkbar.

Irfan Eminoğlu hat einen Verkaufsstand auf einem Wochenmarkt in Amed (tr. Diyarbakir). Er sagt, dass er seine Familie mit seiner Arbeit nicht mehr ernähren kann: „Alle Preise haben sich verdreifacht. Unsere Arbeit liegt brach, weil die Kaufkraft gesunken ist. Merkwürdig ist daran, dass sich kein großer Protest erhebt. Was gestern noch ein Lira kostete, kostet heute fünf Lira. Für den Stand zahlen wir 400 Lira, ein Liter Diesel kostet 22 Lira. Wie sollen wir da unseren Lebensunterhalt verdienen?“

Medine Aslan ist zum Einkaufen auf den Markt gekommen, aber die Preise bereiten ihr Kopfschmerzen: „Die Menschen sind verzweifelt. Wir bekommen 2.500 Lira Rente, aber damit kommen wir nicht mehr über die Runden. Das Geld reicht nicht für Gas, Strom, Wasser und den Einkauf. Die Preise steigen immer weiter an. Wir stehen morgens auf und wollen etwas kaufen, dann stellen wir fest, dass sich der Preis seit dem Vortag verdoppelt hat.“

Ähnlich äußert sich auch Zümrete Uyam: „So viele Menschen sind arbeitslos und die Armut wird immer größer. Wir kommen mit 100 Lira auf den Markt und gehen mit leeren Händen wieder nach Hause. Früher haben wir unsere Tüten für 50 Lira gefüllt. Wir hungern vielleicht nicht, aber wir können nicht mehr wie früher das kaufen, was wir haben wollen. Eine Palette Eier hat vor einer Woche 30 Lira gekostet, jetzt sind es 40 Lira. Es wird nicht nur alles teurer, auch die Arbeitslosigkeit nimmt immer mehr zu.“

Der Wochenhändler Nurullah Esen sagt, dass er selbst oft nicht weiß, wie er das Obst und Gemüse zum Weiterverkauf bezahlen soll: „Man muss sich die Leute nur einmal ansehen, sie sind fertig. Die Verteuerung macht allen sehr zu schaffen. Wie sollen die Menschen für ihren Lebensunterhalt sorgen? Sie können ja nicht einmal mehr ihre Miete zahlen, wie sollen sie da einkaufen? Sie gehen hungrig ins Bett. Immer mehr Menschen sammeln Lebensmittel aus dem Müll. Diese Wirtschaftskrise muss endlich ein Ende finden.“

Sein Kollege Ilhami Tayar ergänzt: „Letztens hat Erdogan mal wieder eine neue Brücke eingeweiht. Die Brücke soll angeblich dem Volk dienen, aber die Überfahrt kostet 200 Lira. Das Volk hungert und er lebt bequem in seinem Palast.“