Von Kobanê bis nach Tübingen: Solidarität mit Rojava

Am 20. Januar jährt sich der Beginn der türkischen Angriffe auf Efrîn zum zweiten Mal. Anlässlich dessen findet eine Veranstaltungswoche in Tübingen, Reutlingen und Esslingen statt, die mit einer Demonstration enden wird.

Der 20. Januar 2018 markierte den offiziellen Beginn der türkischen Invasion auf Afrin (kurdisch: Efrîn). Zahlreiche Juristinnen und Juristen verurteilten die Angriffe seitdem als völkerrechtswidrig. Afrin ist einer von drei Kantonen in Nord-/Ostsyrien, in denen die kurdische Partei der Demokratischen Union (kurz PYD) seit 2014 ein alternatives Gesellschaftsmodell basierend auf Frauenbefreiung, Selbstbestimmung und Ökologie aufbaut. Die selbstverwalteten Gebiete, in denen unterschiedliche Bevölkerungs- und Glaubensgemeinschaften friedlich zusammenleben, ist seitdem unter dem Namen „Rojava“ (Kurdisch für Westkurdistan) bekannt und erfährt Solidaritätsbekundungen aus aller Welt. Die seit dem 20. Januar 2018 ständig fortlaufenden Angriffe erreichten am 9. Oktober 2019 einen erneuten Höhepunkt, als türkische Truppen ihre Angriffe offiziell auch auf andere Teile Rojavas ausweiteten. Hunderte getötete Zivilisten und Zivilistinnen sowie hunderttausende Menschen auf der Flucht sind die schreckliche Folge. Während international oftmals der Eindruck entsteht, das Gesellschaftsmodell Rojava neige sich dem Ende zu, setzt man vor Ort alles daran, die erkämpften Werte zu verteidigen.

Am 20. Januar 2020 jährt sich der Beginn der türkischen Angriffe auf Afrin zum zweiten Mal. Anlässlich dessen findet vom 20. bis 25. Januar 2020 eine Veranstaltungswoche in Tübingen, Reutlingen und Esslingen statt, in der die Solidarität mit dem erbitterten Widerstand der Menschen in Rojava ausgedrückt werden soll. In verschiedenen Veranstaltungen an verschiedenen Orten sollen interessierte Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen, sich über unterschiedlichste Aspekte des Gesellschaftsmodells Rojavas zu informieren. Den Abschluss der Solidaritätswoche wird eine Demonstration am Samstag, den 25.01.2020 bilden, zu der alle herzlich eingeladen sind.

Während allen Veranstaltungen werden Spenden gesammelt. Die Einnahmen werden zur Finanzierung der Solidaritätswoche genutzt und sämtliche Überschüsse an medizinische und humanitäre Hilfsorganisationen in Nord- und Ostsyrien weitergeleitet.

Zu den einzelnen Veranstaltungen im Überblick teilen die Organisator*innen mit:

Montag, den 20.01.2020:

A. Rojava - Basisdemokratie und Selbstverwaltung in Syrien

Ort: Epplehaus, Tübingen; Zeit: 19:00 Uhr Einlass, 20:00 Uhr Veranstaltungsbeginn

In Rojava - einer Region in Nord-Syrien wird versucht eine Selbstverwaltung aufzubauen und über alle Belange des täglichen Lebens auf basisdemokratische Weise zu entscheiden. In den gewählten Räten, die die Entscheidungen treffen, wird darauf geachtet, dass Frauen mit mindestens 40% vertreten sind, und auch alle Ethnien, Religionen und gesellschaftliche Gruppen repräsentiert sind, so dass nicht eine Mehrheit die Minderheit beherrscht. Im Vortrag sollen folgende Fragen geklärt werden: Wie kam es zu dieser Selbstverwaltung? Was ist demokratischer Konföderalismus? Wie hat sich die die Selbstverwaltung entwickelt? Und was hat das alles mit uns zu tun?

B. Jineolojî – Wissenschaft der Frauenrevolution

Ort: Kulturschock Zelle e.V., Reutlingen; Zeit: 19:30 Uhr

In Nord- und Ostsyrien wird seit 2012 eine Revolution verwirklicht, die die Frauenbefreiung zur Grundlage macht und eine kommunal basierte (Basis-)Demokratie nach dem Konzept des Demokratischen Konförderalismus aufbaut. Frauen sind in gesellschaftlichen Bereichen führend, in allen politischen Gremien gleich beteiligt und haben zudem autonomen Strukturen. Die Jineolojî wurde aus den Erfahrungen der Kurdischen Bewegung und unter Einbeziehung feministischer Wissenschaftskritik als radikale Wissenschaft der Frau entwickelt. Geschichte, Gegenwart und Zukunft werden aus einem nicht patriarchalen Blickwinkel betrachtet, neu gedacht und so Lösungsvorschläge für die Fragen auf dem Weg zum Aufbau der befreiten Gesellschaft entwickelt. Auch in Europa, in Lateinamerika und an weiteren Orten wird mit der Jineolojî gearbeitet. Was bedeutet Jineolojî hier für uns?

Dienstag, den 21.01.2020:

Jineolojî – Wissenschaft der Frauenrevolution

Ort: Demokratisches Kurdisches Gesellschaftszentrum e.V., Pliensaustr. 29, 73728 Esslingen; Zeit: 19:30 Uhr

(Für nähere Infos: siehe Text Montag)

Mittwoch, den 22.01.2020:

Frauenwiderstand und Solidarität in Kurdistan

Ort: Schellingstraße 6, Tübingen, Zeit: 18:30 Uhr

Um 18:30 Uhr laden wir zunächst alle FLINT* zum offenen Women-Defend-Rojava-Treffen der Lokalgruppe Tübingen ein. Anschließend zeigen wir ab 20 Uhr einen Film über die Geschichte des Frauenwiderstandes in der kurdischen Bewegung: Von Sakine Cansiz und Leyla Zana über den Gefängniswiderstand während der türkischen Militärdiktatur bis hin zur Frauenguerilla und der YPJ: Repression, Frauenwiderstand, Liebe, Solidarität und der Kampf entschlossener Frauen für eine andere Gesellschaft jenseits von Patriarchat und Kapitalismus. (Dauer: 53 Minuten, in Kurdisch/Französisch/Englisch mit englischen Untertiteln). Währenddessen wird es vegane Küfa geben. Außerdem sind die Hausbar und ein Cocktailstand mit Soli-Shots geöffnet.

Donnerstag, den 23.01.2020:

Krieg und Utopie in Rojava - Reisebericht aus Nord- und Ostsyrien

Ort: Kulturschock Zelle e.V., Reutlingen; Zeit: 19:30 Uhr

Seit einigen Wochen ist in den Nachrichten nichts mehr von dem erneuten Ausbrechen eines Krieges in Nord- und Ostsyrien zu hören. Nachdem die Türkei die Region angegriffen hat, um das Grenzgebiet unter ihre Kontrolle zu bringen, scheint es, als hätte sich die Lage beruhigt. Es wird das Bild vermittelt durch die Interventionen und diplomatischen Bemühungen Russlands und der NATO sei es wieder friedlich. Aber ist das tatsächlich so? Wer wird dort eigentlich angegriffen? Und was für eine Gesellschaft lebt und kämpft in Rojava? Wir laden ein zu einem aktuellen Überblick über die Lage im Norden und Osten Syriens. Eine feministische Aktivistin, die vor einigen Wochen nach Deutschland zurückgekehrt ist, berichtet.

Freitag, den 24.01.2020:

Solikonzert

Ort: Gartenstraße 7, Tübingen; Zeit: 19:00 Uhr

Bevor wir am Samstag auf den Straßen selbst unsere Stimmen erheben, möchten wir am Vorabend bunten Klängen aus aller Welt lauschen. Dafür haben wir verschiedene Künstler*innen aus unterschiedlichen Genres in die Gartensia eingeladen. Zuvor wird es einen Vortrag zum Thema „Die wahren Verlierer*innen des Kriegs“ geben.

Samstag, den 25.01.2020:

Demonstration: #Riseup4Rojava

Ort: Marktplatz, Tübingen; Zeit: 14:00 Uhr

Zum Ende der Woche tragen wir unsere Solidarität mit den Menschen in Rojava auf die Straße. Wir werden lautstark und kämpferisch durch die Stadt ziehen, um auf die Situation in Nord-und Ostsyrien aufmerksam zu machen. Bringt Transparente, Schilder und eure Stimmen mit und lasst uns gemeinsam für eine befreite Welt demonstrieren.