Überall dort, wo der türkische Staat fremdes Territorium besetzt, erfolgt im Anschluss die systematische und gewaltsame Zerstörung des kulturellen und religiösen Erbes in den illegal besetzten Gebieten. Historische Stätten und religiöse Denkmäler werden zerstört, ausgeplündert, dem Erdboden gleichgemacht oder enteignet. Auch nicht-islamische Kulturgüter dem Verfall zu überlassen, hat Tradition. Multiethnische und multireligiöse Gebiete sind spätestens seit der Staatsgründung ein Dorn im Auge des türkischen Regimes.
Jahrtausende lang haben die Völker Mesopotamiens miteinander in Harmonie gelebt und der Menschheit ein überwältigendes Kulturerbe hinterlassen. Die meisten der historischen Denkmäler in der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari) jedoch werden seit Jahren von den türkischen Sicherheitskräften besetzt und als Militärstützpunkte oder Polizeiwachen genutzt. Im Zuge dessen sind bereits unzählige Kulturgüter zerstört worden. Viele historische Stätten befinden sich noch immer in den Händen der Staatsgewalt. Dazu gehören unter anderem die Mîr-Festung im Zentrum der Stadt sowie die Bay-Festung im Dorf Bay. Die Denkmäler jedoch, in denen es nichts mehr zu plündern gibt, werden sich selbst überlassen. Als jüngstes Beispiel in Nordkurdistan gilt dafür die 1.500 Jahre alte nestorianische Halil-Kirche im Zap-Tal in Colemêrg (Hakkari).
Der etwa acht Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegenden Kirche droht der Verfall. In der näheren Vergangenheit wurden in dieser historischen Kirche noch Gottesdienste abgehalten. Obwohl die Kirche kurz vor dem Zerfall steht, zieht sie weiterhin jedes Jahr unzählige Einheimische und Touristen an.
Historische Stätten von Plünderern zerstört
Weil die Regierung die Kirche nicht unter Denkmalschutz stellt, ist der Innenraum bereits von Plünderern zerstört worden. Auf der Suche nach Kulturschätzen und Gold im Zuge illegaler „Ausgrabungen“ von Plünderern ist die Halil-Kirche schwer beschädigt worden.
Doch im Zap-Tal, das reich an historischen Stätten ist, erleiden auch weitere Kulturgüter das gleiche Schicksal wie die Halil-Kirche. Insbesondere die Grabstätten aus nestorianischer Zeit um die Kirche herum wurden verwüstet und teilweise zerstört.
Die Zerstörung historischer Kulturgüter in Kurdistan durch die Sicherheitskräfte der Türkei hat System. Alles, was nicht islamisch ist, wird entweder dem Erdboden gleichgemacht oder sich selbst überlassen, damit das kollektive Gedächtnis der kurdischen Gesellschaft verschwindet.