Stadtmauern von Amed: Zeugen der Geschichte

Amed hat eine jahrtausendealte Geschichte. Die Besiedlung geht bis ins 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zurück. Die Stadtmauern sind Zeugen vom Blühen dieser Geschichte, aber ebenso von Belagerung, Besatzung und dem Widerstand der Stadt.

Die Stadt Amida (heute Amed/Diyarbakir) wurde zum ersten Mal in assyrischen Quellen aus dem 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung erwähnt. Es wird vermutet, dass die ersten Befestigungsanlagen im 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung von den Hurritern errichtet wurden. Amed wechselte immer wieder die Besatzer, von den achämenidischen Persern über die hellenistischen Seleukiden, zu den Römern, den Sassaniden, den Abbassiden, den Osmanen bis zur Türkei.

Die Mauern der Stadt wurden unter spätrömischer Besatzung des Kaisers Constantius des II. 349 nach unserer Zeitrechnung modernisiert und sind so in ihrer heutigen Form erhalten. Die 5,7 Kilometer lange Mauer wurde bereits zehn Jahre später vom sassanidischen Herrscher Schapur II. belagert. Die Stadt verteidigte sich 73 Tage lang, wie Ammianus Marcellinus plastisch berichtet. Der Autor entkam nur knapp der Eroberung durch die Sassaniden. Die strategisch wichtige Grenzfestung wechselte daraufhin regelmäßig den Herrscher, zunächst vor allem zwischen Persern und den Römern. Es gibt in den gewaltigen etwa zehn bis zwölf Metern hohen und drei bis fünf Metern dicken Mauern vier Tore und 82 Türme. Viele können heute noch bestiegen werden. Während die Abbassiden die äußeren Mauern von Amida schliffen, blieben die inneren, großen Mauern erhalten. Sie tragen nicht nur die Spuren der Kämpfe der Antike und des Mittelalters, sondern auch die der jüngeren Vergangenheit.

Amed blieb wichtiger Grenzposten – auch unter türkischer Herrschaft. Hier wurden die Luftwaffenstützpunkte errichtet, von denen aus täglich F-16-Bomber starten, um kurdische Dörfer in Rojava und in Südkurdistan zu bombardieren und einen blutigen Krieg gegen die Freiheitsbewegung Kurdistans zu führen. Während der ersten Jahrzehnte der türkischen Besatzung verfielen die Mauern. Erst als in Amed eine kurdische Stadtverwaltung der Partei für eine Demokratische Gesellschaft (DTP) die Geschäfte der Stadt übernahm, wurde damit begonnen, das historische Erbe zu pflegen. Die Mauern wurden gereinigt, restauriert und um sie herum Parks angelegt. Amed blühte auf und wurde zum Anziehungspunkt von Menschen aller Welt. Mit der Eskalation des Krieges durch das Erdoğan-Regime im Jahr 2015 gerieten die Mauern in das Visier des türkischen Militärs. Während des Widerstands in Amed-Sûr wurden die Mauern Dutzende Male beschossen. Die 700 Jahre alte Süleyman-Moschee wurde vom türkischen Staat mit Baggern eingerissen. Was die Mauern in Zukunft bezeugen werden, ist noch nicht geschrieben.