Über tausend irakische Familien aus Camp Hol zurückgekehrt

Das irakische Ministerium für Migration hat bekannt gegeben, dass bisher insgesamt 1.200 Familien aus Camp Hol in Nordsyrien in den Irak zurückgekehrt sind. Eingefrorene US-Hilfen sowie fortdauernde türkische Angriffe verschärfen die Situation zunehmend.

Belastung durch Auffang- und Flüchtlingslager

Der Sprecher des irakischen Ministeriums für Migration, Ali Abbas, gab in einer Erklärung gegenüber irakischen Medien bekannt, dass 1.200 Familien nach Abschluss der Sicherheitskontrollen aus Camp Hol im Kanton Cizîrê der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) zurückgekehrt seien.

Unterstützung für die DAANES

Er betonte weiter, dass die irakische Regierung aufgrund der anhaltenden Sicherheitsbedenken in dem Lager und der instabilen Lage in Syrien ihre Bemühungen fortsetzt, die Rückführung ihrer Bürger:innen aus Camp Hol zu erleichtern. Im Rahmen ihrer Bemühungen die DAANES zu unterstützen, das Camp Hol schließen zu können, habe die irakische Regierung laut Abbas drei Phasen des Rückführungsprozesses abgeschlossen.

Verantwortung für eigene Staatsbürger:innen

Der Ministeriumssprecher stellte mit Verweis auf die noch etwa 833 im Lager befindlichen irakischen Familien klar, dass „der Irak niemandem, der nicht die irakische Staatsbürgerschaft hat, die Einreise in sein Hoheitsgebiet gestattet hat. Alle, die zurückkehren, sind irakische Staatsbürger. Der Rückführungsprozess wird nach detaillierten Verfahren durchgeführt, einschließlich DNA-Tests zur Überprüfung der Identität“.

Rückkehr syrischer Binnenflüchtlinge

Die DAANES hatte vor wenigen Wochen bekannt gegeben, die freiwillige Rückkehr syrischer Binnenvertriebener, die derzeit in Camps in den Gebieten der DAANES leben, an ihre ursprünglichen Wohnorte in Syrien verstärkter zu erleichtern. Viele Familien hätten diesen Schritt in der Vergangenheit aus Angst vor dem Assad-Regime vermieden.

Fortdauernde türkische Angriffe schaffen kontinuierlich neue Fluchtursachen

Die verantwortlichen Institutionen der DAANES wiesen in der Vergangenheit immer wieder auf die enorme Belastung durch die Unterhaltung der Auffang- und Flüchtlingslager hin. Zuletzt hatte das Büro für Camps und Migration nach der gemeinsamen Invasion von protürkischen Söldnertruppen und HTS-Dschihadisten in Aleppo und Şehba dringend internationale Hilfe angefordert. Tausende Schutzsuchende hatten die selbstverwalteten Städte Tabqa und Raqqa erreicht, unzählige weitere befanden sich auf dem Weg. Die Zahl der angekommenen Flüchtlinge überstieg jedoch die Kapazitäten der Selbstverwaltung.

Ausländische IS-Mitglieder und ihre Angehörigen

In Nord- und Ostsyrien befinden sich außerdem seit der Zerschlagung des selbsternannten IS-Kalifats im Frühjahr 2019 weiterhin Zehntausende IS-Mitglieder und ihre Angehörigen in Lagern und Gefängnissen der Selbstverwaltung. In Camp Hol lebten Mitte letzten Jahres noch mehr als 40.000 Personen, darunter etwa 8.000 ausländische IS-Frauen und Kinder aus über fünfzig verschiedenen Ländern. Das Lager nahe Hesekê gilt als Zentrum der Reorganisierung des IS-Terrornetzwerks und wird als tickende Zeitbombe bezeichnet.

Staaten verweigern Verantwortungsübernahme

Die Rückführung des ausländischen IS-Anhänger:innen in ihre Heimatländer ist insbesondere aufgrund der Verweigerungshaltung vieler Staaten auch sechs Jahre nach dem militärischen Sieg nicht abgeschlossen. Die DAANES kritisierte hierbei mehrfach, dass die Herkunftsstaaten ihre eigenen Staatsangehörigen nicht zurück wollten, sondern wenn, dann nur die Kinder. Das sei für die Selbstverwaltung absolut inakzeptabel.

Eingefrorene US-Hilfen verschärfen Lage

Erst kürzlich warnte Human Rights Watch aufgrund eingefrorener US-Auslandshilfen vor einer Verschlechterung der Lage in Auffanglagern und Gefängnissen in Nord- und Ostsyrien, in denen IS-Mitglieder und ihre Angehörigen festgehalten werden. US-Präsident Donald Trump hatte Ende Januar diesen Jahres quasi über Nacht die gesamte Entwicklungshilfe der USA für 90 Tage auf Eis gelegt. In Nord- und Ostsyrien erhielten unter anderem NGOs, die in Auffang- und Flüchtlingslagern wie Hol und Roj arbeiten, Entwicklungshilfe von USAID. Darunter auch die Organisation Blumont, die mitverantwortlich für die Bewachung in den Lagern und Gefängnissen mit Angehörigen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ist. Allein in den beiden Camps Hol und Roj befinden sich derzeit rund 44.000 Personen aus IS-Familien. Hinzu kommen etwa 12.000 IS-Söldner in verschiedenen Gefängnissen. Sowohl die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern, sogar Wasser, wie auch die Sicherheit sind somit kaum noch zu gewährleisten.