Wie demokratisch sind Wahlen in Südkurdistan?

Die Bevölkerung Südkurdistans wird morgen zum fünften Mal das Regionalparlament wählen. Wir betrachten die 26-jährige Geschichte der Wahlen.

Nachdem die USA im Rahmen der Operation „Provide Comfort“ im ersten Golfkrieg 1991 eine Flugverbotszone über Südkurdistan errichteten, wurde in der Region eine amerikanische Militärmacht stationiert. Zwischen dem 36. und dem 42. Breitengrad durften keine irakischen Flugzeuge den Luftraum benutzen. Diese Grenzen definieren auch die Grenzen Südkurdistans.

Ein Jahr nach der Schließung des Luftraums für das Saddam-Regime wurde 1992 in Washington das südkurdische Parlament gegründet. Nach der Bekanntgabe der Parlamentsgründung fanden am 19. Mai 1992 die ersten Wahlen statt. Auf der ersten Parlamentssitzung wurde der Krieg gegen die kurdische Freiheitsbewegung PKK beschlossen. Der Krieg begann am 3. Oktober 1992 und auch wenn er durch Waffenstillstände in Xakurkê und manchen anderen Gebieten gestoppt wurde, dauerte er insgesamt doch über ein Jahr fort.

Die ersten Wahlen

An den ersten Wahlen in Südkurdistan nahmen die PDK, die YNK, die Sozialistische Partei mit der Allianz unabhängiger Parteien Kurdistans, die Allianz aus der Demokratischen Kurdistan Partei Yekitî, die Kommunistische Partei Kurdistans, die Islamische Liste, die Liste der Demokratischen Volkspartei Kurdistans von Sami Abdurrahman und die Liste unabhängiger Demokraten teil. Bei diesen Wahlen erreichte die PDK 45,5 Prozent und die YNK 43,63 Prozent. Das Parlament wurde aus 105 Abgeordneten gebildet, hundert Abgeordnete aus den kurdischen Parteien und fünf als Vertretung der Minderheiten in Südkurdistan.

Die zweiten Wahlen fanden 13 Jahre später statt

Die zweiten Wahlen konnten erst 13 Jahre später stattfinden. Der Verschiebung der Wahlen lagen die tiefgehenden Widersprüche und Kämpfe zwischen PDK und YNK zu Grunde. Daher konnte bis 2005 keine Wahl abgehalten werden. Nach der Intervention der USA im Irak 2003 veränderten sich die Bedingungen. Celal Talabani wurde zum Präsidenten der Übergangsregierung im Irak ernannt. Die Annäherung zwischen PDK und YNK in dieser Zeit ist vor allem auf den Druck der USA und der internationalen Kräfte zurückzuführen.

Am 30. Januar 2005, nachdem die neue Verfassung des Irak beschlossen war, fanden Wahlen statt. Um die Oppositionsparteien zu erdrücken, traten PDK und YNK auf einer gemeinsamen Liste an. Zu den Wahlen traten die Demokratisch-Patriotische Allianz aus PDK und YNK, die Komale Islamî und die Kurdistan-Arbeiterpartei sowie eine Allianz aus Unabhängigen an. PDK und YNK erhielten 89,55 Prozent der Stimmen, Komala Islamî 4,68 Prozent und die Kurdistan-Arbeiterpartei gemeinsam mit der unabhängigen Liste 1,17 Prozent.

Stimmverlust der PDK und YNK bei den dritten Wahlen

Die dritten Wahlen in Südkurdistan fanden am 25. Juli 2009 statt. An ihnen nahmen 24 Parteien und Listen teil. Die PDK und die YNK traten diesmal als Kurdistanî-Liste gemeinsam an. An den dritten Wahlen nahm auch die von Neçirwan Mustafa gegründete Abspaltung von der YNK, die Gorran-Bewegung, teil. Daneben trat eine Gruppe als Islamische Bewegung Kurdistans an, die alle islamischen Gruppen in sich vereinte. Weitere Parteien waren die Dienst- (Hizmet) und Reformbewegung, die Liste für soziale Gerechtigkeit und Freiheit, die turkmenische Demokratische Bewegung, die Turkmenische Front Irak (ITC), die turkmenische Liste von Hewlêr, die Demokratische Bewegung der Suryoye, die Assyrische Demokratische Bewegung, die Allianz der Assyrer, Suryoye und Chaldäer sowie unabhängige armenische Kandidaten.

Bei den dritten Wahlen büßten PDK und YNK massiv an Stimmen ein, ihre Zustimmung lag jetzt nur noch bei 57,34 Prozent, ein massiver Einbruch angesichts der vorherigen Wahlergebnisse. Die Gorran-Bewegung erhielt 23,75 Prozent.

Demokratisierung wird behindert

Die vierten südkurdischen Regionalwahlen fanden am 21. September 2013 statt. 31 Listen und Parteien traten an. 17 von ihnen konnten Kandidaten ins Parlament entsenden. Bei den damaligen Regionalwahlen trat die Demokratische Lösungspartei Kurdistans unter dem Ko-Vorsitz von Dr. Fayik Gulbi und Necibe Ömer an. Sie hatte ein Programm aufgestellt, das eine demokratische Verwaltung der Bevölkerung in den Vordergrund stellte. Obwohl die Partei zu den Wahlen antrat, wurde ihr Name auf der offiziellen Seite des Parlaments nicht geführt. Dies zeigt die Haltung gegenüber Parteien, die eine demokratische Veränderung wollen. Dass dieses Mal Tevgera Azadî nicht zu den Wahlen zugelassen wurde, deutet bereits im Vorfeld darauf hin, dass die Wahlen in Südkurdistan wieder einmal nicht demokratisch sein werden.