Türkischer Geheimdienst reorganisiert den IS

Der türkische Staat reorganisiert die Terrormiliz IS sowohl innerhalb der Türkei als auch in Syrien, um ihn als paramilitärische Kraft einzusetzen.

Während des gesamten Bürgerkriegs in Syrien hat der türkische Staat auf Organisationen wie die Muslimbrüder, al-Nusra und den IS gebaut, um seine Expansionspolitik umzusetzen. Die größte Hoffnung hat er in den sogenannten Islamischen Staat gesetzt und die Islamistenorganisation als paramilitärische Kraft benutzt.

Jetzt bemüht sich der türkische Staat, seine IS-Leute in der Türkei zu reorganisieren. ANF liegen Informationen über einige syrische IS-Männer vor, die für den türkischen Geheimdienst MIT arbeiten und damit beauftragt sind, IS-Verantwortliche von Syrien in die Türkei zu bringen.

Neuorganisierung in der Türkei

Nach den vorliegenden Informationen sind durch die Operationen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) in Bedrängnis geratene IS-Mitglieder in die Türkei gegangen. Bei einigen erfolgte die Fahrt in die Türkei auf Planung des MIT, andere wurden von Schleppern über die Grenze gebracht. In der Vergangenheit hat der türkische Staat Dschihadisten innerhalb des Militärs, der Polizei und des Geheimdienstes eingesetzt. Ein Teil wurde auch auf die Gesellschaft losgelassen. Jetzt hat der MIT damit begonnen, die IS-Mitglieder und ihre Familien neu zu sammeln und festzulegen, wer von ihnen kampfgeeignet ist. Die auf Eigeninitiative in die Türkei geflüchteten Dschihadisten werden in Camps zusammengeführt und reorganisiert. Diese Arbeit findet in sehr geheimer Form statt, der Name IS wird dabei nicht erwähnt.

IS-Mitglieder beim türkischen Geheimdienst

Bei einigen der IS-Mitglieder, die in der Türkei innerhalb des MIT tätig sind und verantwortlich für den Grenzübergang von Dschihadisten in die Türkei sind, handelt es sich um folgende Männer:

Ismail al-Ido: Bekannt als Abu Abdullah. Stammt aus Girê Spî (Tell Abiyad) und gehört zum Stamm der al-Ilemat. War innerhalb des IS für Waffen verantwortlich. Ging später in die Türkei und arbeitet jetzt für den MIT.

Abdulbasit al-Ido: Bruder von Ismail al-Ido. War als Kämpfer des IS an der Grenze zur Türkei eingesetzt. Brachte Flüchtlinge und IS-Leute aus Syrien in die Türkei. Arbeitet für den MIT.

Musiab al-Bedir al-Maruf: Bekannt als Abu Teyir. Stammt aus Girê Spî und gehört zum Stamm der al-Meshur. War innerhalb des IS für die Grenzsicherheit und den Geheimdienst tätig. Arbeitet jetzt für den MIT.

Sadun al-Ashiq: Bruder von Lesuud al-Ashiq und IS-Mitglied. Arbeitet jetzt in der Türkei für den MIT.

Brahim al-Shoia: Stammt aus Girê Spî. Hat für den Geheimdienst des IS gearbeitet. Ist jetzt für den MIT in der Türkei tätig.

Birahim Elzakir: Bekannt als Abu Muhammed. Stammt aus dem Dorf Mehken im Kreis Meyadin in Deir ez-Zor. Ging nach Beginn der QSD-Offensive „Gewittersturm Cizîrê“ in die vom türkischen Staat besetzten Gebiete in Şehba und schloss sich den protürkischen „Schutzschild Euphrat“-Milizen an. Ist momentan damit beauftragt, Emire und Mitglieder des IS, die sich in Nordostsyrien verborgen halten, in die Türkei zu bringen.

Keine IS-Angriffe auf türkisch besetzte Gebiete

Im Verlauf der QSD-Offensiven in Girê Spî, Hol, Şeddadê, Minbic, Raqqa und Deir ez-Zor hat der IS Hunderte Selbstmordanschläge und bewaffnete Angriffe sowohl auf die Zivilbevölkerung als auch auf die Kampfeinheiten der QSD durchgeführt. Gegen die türkische Besatzung von Dscharablus hat keine einzige Aktion des IS stattgefunden. Als die protürkischen „Schutzschild Euphrat“-Verbände gegründet wurden, haben sich die Dschihadisten des IS die Bärte abrasiert, ihre Uniformen gewechselt und wurden zu Milizionären der „Freien Syrischen Armee“ (FSA).

Alle Anschläge des IS innerhalb der Türkei haben sich gegen Kurden und demokratische Kräfte gerichtet: Am 20. Juli 2015 gegen junge Menschen, die den Kindern in Kobanê beistehen wollten, im August 2016 gegen eine kurdische Hochzeit in Dîlok (Antep), im Mai 2015 gegen HDP-Zentralen in Adana und Mersin, im Juni 2015 gegen eine HDP-Kundgebung in Amed (Diyarbakir). Der IS-Mann Savaş Yıldız, der die Angriffe in Adana und Mersin durchführte, wurde nach dem Massaker im Februar 2016 in Girê Spî verletzt festgenommen und gestand anschließend, dass die Angriffe in Zusammenarbeit des IS und des MIT stattgefunden haben.

Karayilan: IS-Dschihadisten innerhalb der türkischen Sicherheitskräfte

Der türkische Staat hat die syrischen IS-Mitglieder in der Türkei sowohl bei Operationen gegen die HPG-Guerilla in den kurdischen Bergen als auch bei der Zerstörung nordkurdischer Städte zur Zeit der Ausgangssperren eingesetzt. Murat Karayilan vom Exekutivrat der PKK erklärte in einem ANF-Interview vom 22. Oktober 2015: „Um aufzuzeigen, wie schmutzig die türkische Kriegsführung ist, möchte ich ein weiteres Beispiel nennen: Die Menschen in Cizîr (Cizre) haben gehört, dass die Polizisten, die die Wohnviertel angegriffen haben, untereinander Arabisch gesprochen haben. Das gleiche gilt für Militärs, die jetzt in Çarçella sind. Sie verständigen sich über Funk auf Arabisch. Das sind wohl keine türkischen Soldaten. Wenn Sie mich fragen, ob die Türkei gegen den IS kämpft oder nicht, kann ich nur auf diese Tatsachen hinweisen.“