„Teile und herrsche“ als Führungskonzept türkeitreuer Milizen - 2

Die nordsyrische Stadt al-Bab ist ein Zentrum der türkischen Besatzung. Hier zeigen sich die Methoden der Besatzungsmacht in aller Deutlichkeit. Die türkeitreuen Milizen führen von der Türkei angestachelte Verteilungskämpfe.

Die Situation in al-Bab zeigt deutlich, wie die Türkei bewaffnete Gruppen zur Erreichung ihrer Ziele um sich sammelt und für ihren Vorteil benutzt. Wenn es dann soweit ist, spielt die Türkei die Milizen gegeneinander aus. Im zweiten Teil des von der Nachrichtenagentur ANHA veröffentlichten Dossiers geht es um diese Praktiken des türkischen Staates.

Wird Ahrar al-Sharqiya aufgelöst?

Eine Quelle der Nachrichtenagentur ANHA in der nordsyrischen Stadt Rai erklärte, dass der türkische Staat Ahrar al-Sharqiya für zu viele Verbrechen genutzt habe. Nun beginnt die Miliz selbst zu einem Problem für die Türkei zu werden. Daher hat man die Entscheidung zu ihrer Auflösung getroffen. Ahrar al-Sharqiya war vom türkischen Staat gegründet worden, um Chaos in den Regionen Raqqa, Dêra Zor und Tabqa zu verbreiten. Daher stammt auch die Mehrheit ihrer Mitglieder aus diesen Regionen. Noch während die Befreiung von Raqqa im Gange war, hatten die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) eine Operation für die Befreiung von Dêra Zor begonnen und den Besatzungsplan der Türkei für diese Region über den Haufen geworfen. In dieser Situation hat der türkische Staat, nachdem er die Miliz im Sinne seiner Interessen bei der Invasion von Efrîn für jede schmutzige Aufgabe benutzt hatte, beschlossen, diese Miliz aufzulösen –, auch um die eigenen Verbrechen zu verbergen. Die Quelle legt gegenüber ANHA dar, dass Ahrar al-Sharqiya für die demografische Veränderung der Bevölkerung von Efrîn benutzt habe und dass man nun die Vernichtung dieser Gruppe durch die Intervention anderer Milizen geplant habe.

Ahrar al-Sharqiya, Al-Wakî-Klan und al-Hamza kämpfen gegeneinander

Nach aktuellen Informationen war es in der vergangenen Woche in der Nähe von al-Bab zu heftigen Kämpfen unter Einsatz schwerer Waffen zwischen Ahrar al-Sharqiya und al-Hamza gekommen. Auch der Al-Wakî-Klan nahm Ahrar al-Sharqiya ins Visier. Die gegenseitigen Angriffe resultierten in heftigen Gefechten im Stadtzentrum von al-Bab. Während der Kämpfe beschoss Ahrar al-Sharqiya die Stadtviertel Rai und Al-Wakî mit Mörsern. Quellen aus al-Bab berichten, dass die Parteien immer wieder heftig aneinandergeraten und es auf beiden Seiten eine Vielzahl von Toten und Verletzten gebe. Nachdem ein Anführer von Ahrar al-Sharqiya mit dem Namen Yaba gegen Mitarbeiter*innen des Krankenhauses von al-Bab vorging, war das Maß für die Bevölkerung von al-Bab voll und massive Proteste begannen, die bis heute noch andauern.

Der türkische Staat legitimiert die Angriffe auf die Zivilbevölkerung durch seine Presse

Aus den gegen die türkeitreuen Milizen gerichteten Entwicklungen aus der Bevölkerung von al-Bab, versucht der türkische Staat durch Desinformation Kapital zu schlagen und die Milizen so ein weiteres Mal zu benutzen. Nach den Protesten erklärten sowohl al-Hamza, als auch Ahrar al-Sharqiya, dass sie mit „Yaba“ nichts zu tun hätten. Yaba hatte an den Angriffen auf Efrîn teilgenommen und Plünderungen, Diebstahl und Entführungen in Efrîn, wie auch Erpressungen begangen. Aus Sicherheitsgründen anonyme Quellen berichten: „Nach den Ereignissen in al-Bab hatte der türkische Staat die Auflösung von Ahrar al-Sharqiya beschlossen. Sie dachten daran die Al-Hamza-Organisation damit zu betrauen. In diesem Rahmen hat die Organisation erklärt, dass sie keinerlei Beziehungen zu Yaba hätten.“ Bezüglich der Ereignisse in al-Bab muss insbesondere aber auf die Tatsache hingewiesen werden, dass die Bevölkerung, die gegen das Vorgehen Yabas protestierte, von türkischen Soldaten angegriffen wurde.

Aufgrund der massiven Proteste der Bevölkerung gegen Ahrar al-Sharqiya in al-Bab, mischte sich der türkische Staat nicht in die Kämpfe zwischen dem Al-Wakî-Klan und Ahrar al-Sharqiya ein. Während der türkische Staat einerseits die Milizen zum Angriff auf die Bevölkerung ermutigte, versucht er nun die Milizen, nachdem sie die schmutzige Arbeit für ihn erledigt haben, aufzulösen und sich als Retter darzustellen. Das eigentliche Ziel dabei ist es, die Bevölkerung von al-Bab, Cerablus und Efrîn dazu zu bringen, die Besatzung zu akzeptieren und diese zu verstetigen. In diesem Rahmen war auch zu erfahren, dass die Türkei Hai‘at Tahrir al-Sham (al-Nusra) in der Region reorganisiert.

Die Welt schweigt zu ethnischer Säuberung

Der türkische Staat versucht also die Ereignisse in al-Bab für sich zu nutzen. Folgende Hauptziele des türkischen Staats zeichnen sich in diesem Rahmen ab:

- Auflösung von Ahrar al-Sharqiya und Stärkung der turkmenischen Milizen.

- Von den ethnischen Säuberungen in Efrîn durch Chaos in al-Bab abzulenken und weitere Milizen aus Orten wie Homs in Efrîn anzusiedeln.

- Die Ansiedlung von Menschen, die vor den Kämpfen in al-Bab fliehen, wird in Efrîn vorbereitet.

- Die Infrastruktur der Orte wird durch die Kämpfe vollständig zerstört. Der türkische Staat reagiert auf die Zerstörung und versucht sich als Retter darzustellen und so den Anschluss der Gebiete an die Türkei mit Akzeptanz der Bevölkerung durchzuführen.

Welche Organisationen sollen aufgelöst werden?

Es wird vermutet, dass folgende Organisationen vom türkischen Staat aufgelöst werden sollen: „Ahrar al-Sharqiya, Siqûr al-Cebel, Ahrar al-Xab, Siwar al-Xûta, Liwa Ahrar Suriya, Liwa Şuheda Bedir, al-Dschaisch al-Weteni, Siqûr-al-Şam-Brigaden, Dschaisch al-Muhaschirin, Dschaisch al-Islam, Dschaisch al-Mujahidin, Abu Amara Brigade, Festeqim Kema Umêrt Gruppe, 16. Gruppe, Dschaisch al-Sunna und 11. Ketibe.″

Gruppen, die geschwächt werden sollen

Dabei handelt es sich um Gruppen, in denen Turkmenen, bzw. Kurden organisiert sind: „Sultan Murad, Sultan Mihemed al-Fatih, al-Hamza, Liwa Silêman Şah, Ahrar al-Sham, Hay'at Tahrir al-Sham, Liwa Siwar al-Kurd, Ketiba Selahedîn Eyûbi, Hereket Qiyam, Hereket Nûredîn Zenki, Turkmenische Brigaden.”

ANHA | ROJ MÛSA