Kurden unzufrieden mit Politik der Bundesregierung

Das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeit e.V. – Civaka Azad veröffentlicht in ihrem Dossier Nr. 15 eine Studie mit dem Thema: Politische Einstellungen kurdischer Bürger in der BRD im Kontext der Afrîn-Krise

Kurd*innen in Deutschland: Wenn es nach den Medien geht, so sind sie meistens ein tobender Mob, „beschützt“ durch Polizei und Sicherheitskräfte. Im Zweifel sind sie Terrorunterstützer, wenn sie Glück haben dürfen sie mal ein paar wenige Takte zur aktuellen politischen Situation äußern. Wie viele sie aber sind, was sie denken und was ihre Meinung ist, ist dabei vollkommen unbekannt. Die größte europäische Kurdendiaspora lebt in Deutschland und ist verschiedenen Schätzungen zufolge eine der größten migrantischen Gruppen des Landes. Viele sind deutsche Staatsbürger und sind somit politische Akteure, die ein Wahlrecht haben.

Diese Ignoranz, die diese Gruppe erfährt, wird jedoch im Kontext der Krise in Efrîn (Afrin) besonders deutlich. Häufig werden die Proteste als „Kurdendemos“ abgetan und vielmehr wird vor „importierten Konflikten“ gewarnt, als die Deutsch-Kurdische Community im Land ernst zu nehmen und empirisch festzuhalten, was diese Gruppe für Sorgen und Ängste hat.

Um diese große Wissenslücke zu schließen, wurden im Zuge dieser Studie fast 600 Deutschkurd*innen zu ihrer politischen Meinung befragt. Die Ergebnisse sind erschreckend: 62,1 Prozent der Befragten gaben an sich während der Konfliktsituation in Efrîn von der Bundesregierung „definitiv“ alleingelassen zu fühlen und fast 80 Prozent gaben zudem an, den Einsatz der Bundesregierung für eine Konfliktlösung in Efrîn als mangelhaft zu empfinden. Mehr als 40 Prozent  gaben an, mit der Arbeit der geschäftsführenden Regierung unzufrieden zu sein und knapp die Hälfte der Befragten äußerten sich von der Politik „gar nicht“ berücksichtigt zu fühlen. Knapp die Hälfte der Befragten bestätigten zudem, sich durch den politischen Aktivismus in Deutschland gefährdet zu sehen.

Als migrantische Gruppe scheinen Kurd*innen in Deutschland weiterhin einen stigmatisierten Status zu haben. Weder innenpolitisch noch außenpolitisch fühlt sich diese Community repräsentiert und knüpft damit an eine lange Tradition der innenpolitischen Ignoranz gegenüber Kurd*innen in der BRD an. Die Ergebnisse dieser Studie sollten ein Weckruf für die deutsche Politik sein. Wer von Konfliktresolution spricht, kann nicht kommentarlos hinnehmen, dass eine derart große Gruppe offensichtlich so entwurzelt und entmündigt ist, dass sie unabhängig vom Status keinerlei politische Responsivität genießen.

Beabsichtigt Deutschland dafür zu sorgen, dass Konflikte weder in Deutschland noch in Nahost weiter aufflammen, so ist wichtig gerade denjenigen Gruppen, die Teil dieser Konflikte sind, wirkliche Anerkennung zu geben. Die Tragödie des kurdischen Volkes ist bis heute die Aberkennung dieser Anerkennung, ob in der Heimat oder im Fluchtland. Nur wenn diese Art des Umgangs mit Kurd*innen gebrochen wird, der Dialog auf Augenhöhe gesucht wird und eine wirkliche Berücksichtigung einer so marginalisierten Gruppe erfolgt, kann eine nachhaltige Konfliktresolution glücken.