EU-Linksfraktionschef Martin Schirdewan in Rojava

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Europäischen Parlament, Martin Schirdewan, setzt seine Delegationsreise durch Kurdistan in Rojava fort. Dort trifft er sich mit politischen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen.

Gespräche zu Dezentralisierung, Menschenrechten und türkischen Angriffen

Der Ko-Vorsitzende der Linksfraktion im Europäischen Parlament, Martin Schirdewan, setzt seine Reise durch Kurdistan fort. Nach Stationen im Süden, darunter im ezidischen Siedlungsgebiet Şengal, besuchte er gestern die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), wo er sich in Raqqa und Kobanê mit Vertreter:innen der DAANES sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen traf.

Begleitet wurde Schirdewan von Philip Degenhardt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, DEM-Partei-Vertreter Fayik Yağızay sowie Mitarbeitenden beider Organisationen. Erster offizieller Termin war ein Treffen mit Huseyin Osman, Ko-Vorsitzender der Autonomieverwaltung, und seinen Stellvertretenden. Die Gespräche konzentrierten sich auf die Lage in Syrien, den Umgang mit Kriegsverbrechen, die Notwendigkeit einer neuen Übergangsverfassung, die türkischen Angriffe in der Region sowie die Rolle Europas im Konflikt.

Schirdewan verwies auf eine kürzlich angenommene Resolution des Europäischen Parlaments, in der verstärkte Unterstützung für die Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien gefordert wird. Die Reise diene dazu, die Lage vor Ort besser zu erfassen und mögliche Beiträge der europäischen Linken zu prüfen.

Treffen mit Zenobiya-Frauen

Ein weiterer Programmpunkt war ein Treffen mit Vertreterinnen der Zenobiya-Frauenvereinigung. Arabische Frauen aus Raqqa und Deir ez-Zor berichteten von ihren Erfahrungen während der dreijährigen Herrschaft der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) und ihrem Engagement für Emanzipation in einer nach wie vor patriarchal geprägten Gesellschaft. Besonders hervorgehoben wurden die Rolle lokaler Frauenhäuser, interethnische Zusammenarbeit und feministische Ansätze, inspiriert durch die Philosophie Abdullah Öcalans.

Im Anschluss führte die Delegation Gespräche mit vertriebenen Familien aus Efrîn, die derzeit in Raqqa untergebracht sind. Sie berichteten von Gewalttaten durch Türkei-treue Milizen, der Enteignung ihrer Häuser sowie dem Mangel an internationaler Unterstützung. Die Beendigung amerikanischer Hilfsleistungen habe die humanitäre Notlage zusätzlich verschärft, so die Gesprächspartner:innen.

Schirdewan zeigte sich nach dem Austausch tief bewegt. Zwar seien EU-Sanktionen gegen einige Milizenführer symbolisch bedeutsam, doch reichten sie nicht aus, um die Situation vor Ort spürbar zu verbessern.

Besuch in Kobanê

Zum Abschluss besuchte die Delegation die Stadt Kobanê – ein symbolischer Ort des Widerstands gegen den IS. Nach einer Besichtigung von Gedenkstätten und zerstörten Stadtteilen fand ein Gespräch mit Ferhan Haci Isa, dem Ko-Vorsitzenden des Firat-Kantons statt. Im Zentrum stand die Rolle der kurdischen Bewegung im Nahen Osten sowie die Perspektiven für eine politische Lösung im Sinne des Konzepts einer demokratischen Gesellschaft.

Weitere Gespräche der Delegation sind für heute in Hesekê und Qamişlo geplant.