Die Profiteure des türkischen Militarismus
Mit dem System Erdoğan setzte sich auch ein neues ökonomisches Netzwerk durch. Das schmutzige Geld musste neue Kanäle finden. Das Palastsystem hat neue Eminenzen hervorgebracht.
Mit dem System Erdoğan setzte sich auch ein neues ökonomisches Netzwerk durch. Das schmutzige Geld musste neue Kanäle finden. Das Palastsystem hat neue Eminenzen hervorgebracht.
Von der Verteidigung zur Energiewirtschaft, von der Bildung zur Gesundheit, von der Textilproduktion zu den Medien, fast alle Sektoren werden von den Netzwerken des türkischen Republikspräsidenten Erdoğan beherrscht. Manche drücken ihre Abhängigkeit von Erdoğan als „Liebe“ aus, andere als Profitbündnis, manche sind vollkommen treu, manche sind in einem Konkurrenzkampf um die neuen Herren. Die AKP hat in ihrer seit 2002 andauernden Herrschaft die Kontrolle über die Polizei, das Militär, die Medien und die Justiz erlangt und gleichzeitig die Arbeitswelt an sich gebunden. Sie hat in allen Bereichen ihre Kader aufgebaut.
Alle begehen Verbrechen, alle sind Komplizen
Berat Albayrak wurde zum aufsteigenden Stern von Erdoğans Politik. Ohne Zweifel war er damit nicht alleine. Der „Sultan“ webte ein wirtschaftliches Netz um sich herum. Wie auch die Polizei und die Soldaten benutzt er die Wirtschaft als Mittel der Gewalt und Repression sowohl gegen die Arbeiter*innen als auch gegen die Opposition. Dieses Rad läuft durch Korruption, durch schmutzige Gelder, Ausbeutung und noch mehr. Die zentralen Gewaltmittel der Regierung werden von einem großen Firmennetzwerk hergestellt. Sie alle begehen Verbrechen, sie alle sind Komplizen. Wir stehen vor einem wahrhaft militaristischen Wirtschaftssystem, das dafür da ist, die Diktatur zu schützen und zu stärken.
Berat Albayrak: Erdoğans Schwiegersohn Albayrak wurde in dem neuen System Finanzminister. Seit 2015 war er in Schlüsselpositionen wie dem Energieministerium tätig. In den vergangenen Jahren setzte sich sein Aufstieg rasant fort. In einer Zeit, in der die Inflation in der Türkei Rekorde bricht, wurde er in eine so wichtige Position wie die des Finanzministers versetzt, und das Haushaltsloch wächst. Der „Schwiegersohn“ begleitet Erdoğan bei wichtigen Reisen und nahm an den entscheidendsten Treffen teil. Beim Putschversuch im Juli 2016 war er an Erdoğans Seite. Bevor er in die Politik befördert wurde, leitete er die Çalık-Holding. Diese Firma steckt in der Textilien-, Energie- und vor allem in der Medienbranche. Die Zeitungen Sabah und A-Haber gehören zu diesem Imperium. Unter anderem durch Albayrak kontrolliert Erdoğan die Medien. Während Erdoğan die Armen mit Nationalismus impfte, machte sein Schwiegersohn seinen Master an der Pace-Universität in New York. 2015 trat er dann in die Regierung ein. Als er Energieminister wurde, nahmen die Gespräche mit anderen Staaten zu. An der Spitze dieser Staaten standen Russland und Israel. Beide Länder traten mit der Türkei in Verhandlungen über wichtige Energieprojekte. Mit den von Russland nach dem Abschuss eines russischen Flugzeugs veröffentlichten Dokumenten wurde klar, dass Erdoğan und Albayrak mit dem IS Ölgeschäfte betrieben. Als sich die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei entspannten, wurden alle Vorwürfe vergessen. Albayrak strahlte, als er 2016 ein Abkommen über ein Gasprojekt zwischen Russland und der Türkei unterzeichnete.
Selçuk Bayraktar: Eine weitere Tochter Erdoğans wurde ebenfalls mit einem Wirtschaftsmagnaten verheiratet. Sein Name ist Selçuk Bayraktar. Er tauchte das erste Mal im Mai 2016 bei einem Manöver des türkischen Militärs bei Izmir in der Öffentlichkeit auf. Selçuk Bayraktar produziert die „nationale“ Drohne Bayraktar TB2 und unterrichtete dort den damaligen Generalstabschef Hulusi Akar über deren Kapazitäten. Er gilt als „regionaler und nationaler Produzent bewaffneter Drohnen“. Es erstaunt wenig, dass er dem Industrie- und Technologieminister des diktatorischen Regimes, Mustafa Varank, zu seiner Ernennung mit den Worten gratulierte: „Ich wünsche, dass Herr Varank, der so viel Engagement für die Aufhebung der bürokratischen Hindernisse, die der nationalen Technologie im Wege standen, geleistet hat, nun als Minister für Industrie und Technologie gute Dienste leistet.“ Bayraktar bereitet auf aktive Weise der Herrschaft Erdoğans in militärischer Hinsicht den Boden. Die bewaffneten und unbewaffneten Drohnen leisteten bei den Angriffen auf die Kurden im Rahmen der Operationen „Schutzschild Euphrat“ und „Olivenzweig“ wichtige Luftunterstützung. Die bewaffneten Drohnen können vier intelligente Bomben tragen und die von ROKETSAN entwickelten intelligenten Mini-Bomben (MAM), MAM-L und MAM-C wurden in die Bayraktar TB2 Drohne integriert. Staatspräsident Erdoğan sprach intensiv mit Selçuk und Haluk Bayraktar, welche für Baykar Makina die Bayraktar TB2 produzieren.
Ethem Sancak: Er erhielt den Konzern BMC weit unter Wert vom Einlagensicherungsfond (TMSF) und wurde Besitzer der Zeitungen Akşam und Star, wie auch der Fernsehsender SKY und 24. Ethem Sancak ist im Vorstand der Es Anlagegesellschaft und beschreibt seine Beziehung zu Erdoğan als der Liebe zwischen Şems und Mevlana ähnlich. Diese „Liebe“ verwandelte ihn von einem Medikamentenverteilungsunternehmer zu einem Medienriesen sowie mit der Produktion der Kirpi-Panzerfahrzeuge und anderer Rüstungstechnologie zu einem der militärischen Investoren in Erdoğans Herrschaft. Sancak steigerte seine Investitionen von der Tierzucht über den Tourismus bis zur Produktion verschiedener Panzerfahrzeuge, Tankwagen und Wasserwerfer. Mit anderen Worten, er produziert die Gewaltmittel des Staates.
Nurol Holding: Das Unternehmen führt das Staudamm- und Wasserkraftwerksprojekt Ilisu durch. Mit diesem Projekt wird das historische Heskîf (Hasankeyf) unter Wasser gesetzt. Das Unternehmen ist auch für die Konstruktion des Kiğı-Staudamms in Çewlîg (Bingöl) verantwortlich und verkauft Wasserwerfer sowie andere Aufstandsbekämpfungsfahrzeuge wie EJDER TOMA, EJDER 6X6, EJDER II und AKINCI ZMA an den türkischen Staat. Nurols andere Erfindungen lassen sich folgendermaßen auflisten: Panzerung der Çankaya-Villa, Panzerung des Präsidialamtes, die Versorgung des Schutzpersonals der Kommandantur der Spezialkräfte des Generalstabs mit Schutzwesten, ballistische Schutzschilder für das Polizeihauptquartier, die Panzerung der Unterseite der Sikorsky -Hubschrauber, die Panzerung der Personentransporter der Jandarma und die Errichtung gepanzerter Wachhäuser.
Volkan Feuerwehr: Wurde 1974 von Isa Tecim gegründet, um Feuerwehrautos herzustellen, unterstützt jedoch auch die Produktion von Wasserwerfern.
Katmerci: Die Firma zur Ausstattung von Fahrzeugen wird vom ehemaligen AKP-Abgeordneten Ismail Katmerci geleitet. In der Firma werden 30 verschiedene Fahrzeugtypen, darunter Wasserwerfer und Feuerwehrfahrzeuge, hergestellt. Die Firma exportiert in fast 40 verschiedene Länder. Sie versorgt das türkische Militär und die Polizei mit Wasserwerfern und Personentransportern vom Typ Kangal. Wir finden die Spuren dieser Firma in den niedergebrannten kurdischen Städten: der Personentransporter KHAN.D und die Schutzschilde wurden ebenso bei den Angriffen auf die kurdischen Städte eingesetzt wie die gepanzerten Bagger und Lastwagen.
Otokar: Die zur Koç-Gesellschaft gehörende Firma Otokar produziert verschiedene Typen von Panzerfahrzeugen von drei bis zu 60 Tonnen Gewicht. Außerdem produzierte Otokar die Termalsysteme auf Wachtürmen in der Türkei. Weiterhin stellt sie an Radpanzern die Modelle ARMA, KOBRA, KALE, URAL, KAYA und ZPT her sowie an Kettenpanzern TULPAR, TULPAR S und ALTAY.
Demir Çelik: Der Lastwagenhersteller Öztreyler Demir Çelik A.Ş. produziert gemeinsam mit BMC von Ethem Sancak Wasserwerfer.