Tagung „Perspektive Rojava“
Organisiert wurde die zweitägige Veranstaltung vom selbstverwalteten Studierenden- und Auszubildendenwohnheim „Collegium Academicum“ in Zusammenarbeit mit verschiedenen Vereinen und Initiativen. „Wir wollten dem, was in Rojava passiert, noch mehr Raum und Öffentlichkeit geben, weil wir glauben, dass die Bewegung dort - vor allem die Frauenbewegung - für viele eine große Inspiration sein kann.“, sagt Rebecca Castellana, Bewohnerin und Teil des Organisationsteams. Und so wurde ein Tagungs-Programm geschaffen, dass es rund 200 interessierten Teilnehmer:innen ermöglicht, sich zum Thema zu informieren und in einen lebhaften Austausch zu gehen.
Anruf von internationalistischer Frauendelegation aus Rojava
Nach einem einleitenden Lagebericht des Journalisten Ali Çiçek berichtete Anja Flach von ihren Erfahrungen als Internationalistin bei der kurdischen Befreiungsbewegung. Die Ethnologin hatte von 1995 bis 1997 in den Bergen Kurdistans das Leben von Guerilla-Einheiten geteilt und gab nun persönliche Einblicke sowie theoretische Perspektiven auf die Frauenbefreiung in Kurdistan.
Politischer Lagerbericht von Ali Çiçek © Fabio Klevenz
Highlight war jedoch die internationalistische Frauendelegation, die per Anruf an der Konferenz teilnahm und von ihren Erfahrungen am Tişrîn-Staudamm berichtete, der seit Anfang Dezember massiven Angriffen der türkischen Armee ausgesetzt ist. Besucher:innen der Tagung hatten so die Gelegenheit, ihre Fragen direkt an Menschen vor Ort zu stellen. Hier war es den Teilnehmer:innen und Organisator:innen ein großes Anliegen, Solidarität mit den Menschen vor Ort zu zeigen.
Workshops und Ausstellung
Anschließend fanden verschiedenste Workshops, etwa zu den Themen „Alltagserfahrungen aus Rojava“, „Repressionen gegen Kurd:innen in Deutschland“ oder „Frauenbefreiungsideologie der kurdischen Freiheitsbewegung“ statt. So konnten sich die Teilnehmer:innen informieren und miteinander diskutieren: „Wir wollten, dass verschiedenste Menschen durch die Tagung zusammenkommen, miteinander in den Austausch gehen und voneinander lernen“, so Castellana. Ergänzt wurde das Programm durch die Ausstellung „Jin Jiyan Azadî – Die Errungenschaften der Frauenrevolution“, die in aussagekräftigen Bildern und Texten einen Blick in die verschiedenen Lebensbereiche wirft, in denen die Frauen der Region ihre selbst verwalteten Strukturen aufgebaut haben.
Anja Flach berichtet über die kurdische Frauenbewegung © Fabio Klevenz
Weitere Live-Schalte aus Rojava, Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten
Danach berichtete der kurdische Politiker Salih Muslim per Videoschalte aus Rojava von den Entwicklungen und Herausforderungen in der Region. Muslim ist ehemaliger Ko-Vorsitzender der Partei der demokratischen Einheit (PYD) in Syrien. Er arbeitet für die Außenvertretung der Bewegung für eine demokratische Gesellschaft (TEV-DEM) und ist eine führende Stimme aus der Demokratischen Selbstverwaltung in Nord und Ost-Syrien.
Diskussion zur Verantwortung des Westens für die Zukunft Rojavas © Fabio Klevenz
Zum Ende des ersten Tages fand eine Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten der Linken und Grünen sowie Leyla Imret, der Deutschland-Vorsitzenden der DEM-Partei und ehemaligen Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Cizîr (tr. Cizre) statt. Mit dabei war außerdem Sara Stachelhaus, die als Programmkoordinatorin für Syrien bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Beirut arbeitet. Gemeinsam wurde die Verantwortung des Westens für die Zukunft Rojavas diskutiert und auch auf Fragen und Anregungen aus dem Publikum eingegangen.
Nach den vielen Diskussionen und Eindrücken sorgte ein abwechslungsreiches Kulturprogramm für die Möglichkeit, den Abend gemeinschaftlich ausklingen zu lassen.
Programm am Sonntag
Am Sonntag stehen dann noch Vorträge und Diskussionen zum Thema „Sicherheit in Syrien“ auf dem Programm. Wer spontan in Heidelberg ist, kann auch für einen Tag im Collegium Academicum an der Tagung teilnehmen. Alle Infos dazu gibt es unter collegiumacademicum.de/rojava.