Messerattacke auf 28-jährigen Kurden
Der kurdische Dachverband KON-MED hat sich von der Messerattacke auf einen kurdischen Aktivisten in Kiel erschüttert gezeigt. Der Angriff, bei dem Muhammed Ilhan A. von einem arabischen Syrer schwer verletzt wurde, sei „ein alarmierendes Zeichen für die anhaltende Bedrohung durch den ideologischen Extremismus des IS“, erklärten die Ko-Vorsitzenden des Verbands Ruken Akça und Kerem Gök am Sonntag in einer Mitteilung. Solche Fälle verdeutlichten nicht nur die Gewaltbereitschaft islamistischer Gruppierungen, sondern ebenso deren Rückkehr und Mobilisierung, auch in Deutschland.
Die Türkei, die seit Wochen gemeinsam mit dschihadistischen Gruppen die Demokratische Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) angreift, trage „aktiv“ zum Wiedererstarken des IS bei, betonte die Spitze von KON-MED. Deshalb sei der Kieler Vorfall kein Einzelfall, „sondern Teil einer international vernetzten Bedrohung“. Der Dachverband erwartet von der deutschen Politik, entschieden gegen die Wurzeln solcher Taten vorzugehen. Dabei sei eine gründliche Aufklärung des Angriffs unerlässlich.
So müssten zunächst die genauen Hintergründe der Tat und mögliche Verbindungen des Verdächtigen zum IS oder anderen islamistischen Netzwerken, auch im Kontext eines möglichen Türkei-Bezugs, umfassend ermittelt werden. „Es darf keine Toleranz gegenüber jeglicher Form des Hasses und der Gewalt geben“, fordert KON-MED. Auch gelte es, die Demokratie zu schützen. Gerade friedliche Demonstrationen von bedrohten Communities wie der kurdischen, müssten besser geschützt werden. Die Sicherheitsbehörden stünden in der Pflicht, solche Veranstaltungen präventiv abzusichern und entschlossen gegen Bedrohungen vorzugehen.
Auch die internationale Gemeinschaft sei hier gefordert. Deutschland und die Europäische Union (EU) dürften ihre Verantwortung im Kampf gegen islamistischen Extremismus nicht vernachlässigen, so KON-MED. Die Unterstützung demokratischer Kräfte, wie die der kurdischen Bewegung, sei entscheidend, um solche Ideologien auch an ihren Ursprungsorten zu bekämpfen. „Dabei ist die offizielle Anerkennung der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens unabdingbar.“
Zeug:innen: Täter äußerte sich zugunsten des IS
Der Übergriff auf den 28-jährigen Geflüchteten hatte sich am Samstag in der Kieler Innenstadt ereignet, unmittelbar vor einer friedlichen Kundgebung zum 10. Jahrestag der Befreiung von Kobanê – jener Stadt in Nordsyrien, die zum Symbol des Widerstands gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) wurde. Zeug:innen berichteten, dass sich der Tatverdächtige und ein Begleiter zugunsten der Dschihadistenmiliz geäußert und eine verbale Auseinandersetzung mit A. provoziert hätten.Plötzlich habe der jüngere von beiden – ein 25-Jähriger – ein Messer gezückt und auf den Kurden eingestochen. Anschließend seien er und sein Bekannter geflüchtet, während A. blutüberströmt zusammenbrach.
Opfer außer Lebensgefahr
Nach Angaben der Polizei Kiel stellte sich Verdächtige noch am selben Abend den Behörden. Er kam zunächst in Gewahrsam und wurde nach Beendigung der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen, ein Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung ist eingeleitet. Auch ein unmittelbar nach dem Angriff als möglicher Verdächtiger in Tatortnähe festgenommener 29-Jähriger kam wieder auf freien Fuß. Es handelte sich offenbar um den Begleiter des Angreifers und soll ebenfalls Syrer sein. Der Zustand von Muhammed Ilhan A. ist derweil nach einer am Samstag in einer Kieler Klinik erfolgten Operation wieder stabil. Er liegt aber weiterhin im Krankenhaus.