Zweite Internationale Frauenkonferenz im November in Berlin

Im November findet die zweitägige Frauenkonferenz „Unsere Revolution: Das Leben befreien“ in Berlin statt. Die Veranstaltung wird vom „Network Women Weaving the Future“ organisiert und schließt an die erste Konferenz von 2018 an.

Vom 5. bis 6. November 2022 findet an der Technischen Universität in Berlin die Frauenkonferenz „Unsere Revolution: Das Leben befreien“ des Netzwerks „Women Weaving the Future“ statt. Die Konferenz schließt an die erste Frauenkonferenz von 2018 in Frankfurt an.

Die Konferenz dreht sich vor dem Hintergrund sich verschärfender Krisen um die Widerstände und Kämpfe von Frauen auf der ganzen Welt. Dabei soll der Fokus jedoch auf der tiefergehenden Vernetzung dieser liegen. In der Ankündigung dazu heißt es: „Gegen die konstanten Angriffe des patriarchalen Systems müssen wir ein dauerhaftes Netzwerk des Widerstands weben und aktive Subjekte in den wichtigsten Kämpfen unserer Zeit werden“. Wie können diese imaginiert, diskutiert, praktisch umgesetzt werden? In verschiedenen Podiumsdiskussionen und Workshops soll eine intensive Auseinandersetzung mit diesen Fragen stattfinden.

Die Konferenz wird simultan auf Kurdisch, Englisch, Deutsch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Arabisch und Türkisch übersetzt. Die Registrierung zur Teilnahme an der Konferenz ist bis zum 10. Oktober 2022 möglich, per Mail an [email protected] oder über das Formular https://womenweavingfuture.org/registration. Bei der Anmeldung sollen Name und Organisation genannt werden, sowie von wo aus die Anreise stattfindet.

Es gibt die Möglichkeit der solidarischen Unterkunft für maximal drei Nächte in kurdischen Familien und bei Freund:innen. Zudem gibt es reservierte Plätze in bezahlbaren Hostels. Bei der Anmeldung soll genannt werden, ob eine Unterkunft sowie Kinderbetreuung benötigt wird.


Vorläufiges Programm der Konferenz

Tag 1, 5. November

Session I: Der Dritte Weltkrieg sowie die Zerschlagung des Schutzpanzers des Staates und der männlichen Dominanz

Was sind die Folgen des Dritten Weltkriegs, der Gewalt der Nationalstaaten über Grenzen hinweg und der vielen Kriege, Besatzungen, ökologischen Krisen und Pandemien im Zeitalter der Frauenrevolution? Es haben sich zwei entgegengesetzte Fronten herausgebildet: der systematische Krieg des patriarchalen Systems gegen Frauen und der anti-systemische Widerstand von Frauen gegen dieses System. Das herrschende System setzt seine physischen Angriffe fort und entwickelt gleichzeitig neue Methoden und Strategien, um die feministische Widerstandsfront zu untergraben, mit dem Ziel, den Hauptwiderspruch des 21. Jahrhunderts unsichtbar zu machen. Was kann in diesem Zeitalter der Krisen und Kriege an der Front der Frauen getan werden?

1. Staatliche Gewalt über Gesellschaft und Frauen – ihre Geisel, der dominante Mann

Wie können wir eine alternative Linie des Kampfes gegen die Politiken des patriarchalischen Systems entwerfen, die darauf abzielen, den feministische in einen zu verwandeln, der nur auf die Verbesserung des Systems abzielt (gesetzliche Rechte, Zugang zur Abtreibung, usw.)? Wie wirkte sich die Pandemie, die das patriarchalische System ausnutzte, um eine Politik des „Soziozids“ zu betreiben, auf den Kampf der Frauen aus? Inwieweit hat dieser Prozess, der nicht nur die bestehenden Kontroll- und Machtmechanismen vertieft, sondern auch den Weg für mehr Gewalt gegen Frauen geebnet hat, die Forderungen der Frauen nach Widerstand und Veränderung aus den vergangenen Jahren beeinflusst? Wie kann der feministische Kampf, der das 21. Jahrhundert prägen wird, aus dieser Krise hervorgehen?

Wie in Afghanistan, in Ukraine-Russland, Libyen, Aserbaidschan-Armenien und den Kriegen in Kurdistan und anderen Orten zu sehen ist, setzt sich das Streben der imperialistischen Mächte nach Machtakkumulation durch „heiße" Kriege und Besatzungen fort. Wie wirken sich diese Kriege auf Frauen aus? Wie wirken sich Migration und demografischer Wandel auf die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Existenz von Frauen aus? Können Frauen einen dritten Weg gegenüber der Kriegspolitik einschlagen? Können das Streben nach Frieden und Antikriegskämpfe das Kalkül des Staatssystems untergraben?

2. Ökozid: Abbau von Herrschaft, Enteignung, Unterdrückung: die Unterordnung und Kolonisierung der Natur und die rücksichtslose Aneignung und Ausbeutung von Ressourcen

Der Kampf gegen die durch das patriarchal-kapitalistische System verursachte Umweltzerstörung prägt den Charakter unserer heutigen Zeit. Die ökologische Krise ist als die dringlichste globale Krise auf die Tagesordnung der Menschheit getreten. Diese Krisensituation, die direkt mit dem Kapitalismus zusammenhängt, erzeugt ständig Gewalt gegen Frauen. Die Befreiung der Frauen und die Rettung unseres Planeten aus diesem katastrophalen Zustand sind miteinander verwobene Kämpfe. Ist es möglich, Frauen für die Idee zu sensibilisieren, dass der Kampf gegen die ökologische Krise zu einem Grundprinzip des Kampfes gegen das patriarchale System werden muss? Wie widersetzen sich Frauen den lebensbedrohlichen Praktiken der multinationalen Konzerne und den neuen Formen des Kolonialismus in verschiedenen Regionen der Welt?

3. Unsichtbare Arbeit sichtbar machen: Das Überleben des Systems basiert auf der unbezahlten und schlecht bezahlten Arbeit von Frauen

Die staatliche gelenkte Klassenzivilisation, die erste Ausbeutung der Arbeit, wurde auf der Grundlage der Körper und der Arbeiten von Frauen entwickelt. In der kapitalistischen Phase dieser Zivilisation wird die Arbeit der Frauen noch stärker ausgebeutet und noch unsichtbarer gemacht. Aus diesem Grund ist ein weiterer Bereich, der ebenso wichtig ist wie der politische Kampf gegen Rassismus, Krieg und Kolonialismus, der Klassenkampf. Wie können wir eine Perspektive schaffen, die sich auf diese Bereiche des Kampfes auswirkt, um die Realität von Frauen zu überwinden, deren Arbeit auf dem „kapitalistischen Markt" auf das niedrigste Niveau reduziert wird, die dazu verurteilt sind, unter den schlechtesten Bedingungen zu arbeiten, die als erste entlassen werden und deren Hausarbeit unsichtbar gemacht wird? Ist es möglich, den Klassenkampf auf der Achse der Frauenbefreiung zu führen, um die grundlegende Basis des kapitalistischen Ausbeutungssystems zu beseitigen? Was sind unsere ideologischen Grundlagen für diese Position? Inwieweit hat die Präsenz von Frauen in Klassenkämpfen diese Perspektive entwickelt?

Session II: Workshops

a) Wie können wir eine Widerstandsfront gegen erzwungene Migration organisieren, die sich für den Schutz und die Befreiung des eigenen Landes einsetzt, anstatt sich nur auf Probleme von Frauen im Zusammenhang mit der Migration zu konzentrieren, und die die notwendige Solidarität zeigt, um die daraus entstehenden Bedürfnisse zu erfüllen?

b) Was können wir tun, um sicherzustellen, dass bestehende Bewegungen, Organisationen und Institutionen im politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich (staatlich und nicht staatlich) Inhalte haben, die sich auf die Freiheit von Frauen konzentrieren?

c) Was können wir im Bereich der Gesundheit tun, der einer der Bereiche ist, in dem das Patriarchat dominiert, indem es die Schöpfungen der Frauen an sich reißt, ignoriert oder sich aneignet? Wie können wir ein alternatives Verständnis und eine alternative Praxis der Medizin entwickeln, die nicht dem Profitstreben des Kapitalismus unterworfen ist, sondern entsprechend den gesellschaftlichen Bedürfnissen organisiert werden kann?

d) Was braucht es für ein alternatives Verständnis von Wirtschaft, das die exzessive Profitgier des Kapitalismus zügeln kann? Welchen Weg sollten wir einschlagen, um die alternativen ökonomischen Projekte zu organisieren, die wir in kleinem Maßstab auf der ganzen Welt und außerhalb des kapitalistischen Marktes entwickelt haben?

e) Wie sollte die feministische Perspektive in ökologischen Auseinandersetzungen aussehen? Wie können wir einen ökologischen Kampf entwickeln, der die Freiheit der Gesellschaft und der Geschlechter einschließt?

f) Frauen können eine Rolle als Trägerinnen von Kultur und Sprache sowie des Gedächtnisses der Menschheit spielen. Was kann getan werden, um lokale Sprachen, die die Spuren moralischer und politischer Gemeinschaftswerte tragen, gegenüber den vom kapitalistischen System dominierten Sprachen wiederzubeleben?

g) Frauen in antirassistischen, antinationalistischen und antifaschistischen Kämpfen und die Notwendigkeit einer feministischen Front gegen den aufkommenden Faschismus.

h) Perwerde/Bildung: Um den Kampf der Frauen zu führen, ist es notwendig, „xwebûn“ zu sein. Der Status des xwebûn-Seins ist eine Lebensphilosophie, die auf die radikale Ablehnung aller den Frauen auferlegten Lebensnormen und Sklavencodes abzielt. Dieser, der radikal mit allen Ableitungen von Macht und Sklaverei bricht, kann nur durch einen umfassenden Kampf erreicht werden. Der Kampf und die Organisation im Rahmen des xwebûn-Seins, einschließlich der Auswirkungen auf die Persönlichkeit der einzelnen Frau, ist das Gegenmittel gegen alle Rückständigkeit, Herrschaft, Macht und Ungleichheit. Eines der wichtigsten Instrumente zur Erlangung einer Identität in Einheit mit dem Sein, dem Bewusstsein und der Form ist für Frauen der Aufbau eines eigenen Systems der Selbstbildung. Wie haben die Experimente, Wege, Methoden und alternativen Pädagogiken, die von Frauen in verschiedenen Regionen der Welt zur Bewusstseinsbildung entwickelt wurden, zum Kampf der Frauen beigetragen?

Tag 2, 6. November 2022

Session III: Werden – Das ersehnte Leben wird nicht durch Wunder, sondern durch Revolution erreicht

Der Widerspruch, der den Charakter des Zeitalters bestimmt, ist der Kampf gegen die Kolonialisierung der Frau. Diese Perspektive bildet die zentrale ideologische Achse unseres Kampfes. Die praktischen Ergebnisse zeigen, dass wir nur mit einem starken ideologischen und intellektuellen Kampf das vielschichtige und vielfältige Töten der Frauen durch das patriarchale System stoppen können.

1. Überwindung der durch die patriarchale Mentalität geschaffenen Fragmentierung: Klasse, Nationalismus, Religionismus

Was bedeutet es, eine von den Denkstrukturen des männlich dominierten Systems unabhängige intellektuelle Kraft zu schaffen und das System auf dem Gebiet der Mentalität zu besiegen? Ist es den von Frauen entwickelten intellektuellen und theoretischen Kritiken und Ablehnungen gegen das patriarchale System gelungen, die Grenzen des Systems zu überwinden? Warum ist es wichtig, ein alternatives Paradigma zu entwickeln? Welche Rolle spielt Ideologie in den Kämpfen der Frauen? Eine Opposition ohne ideologische Grundlage birgt die Gefahr in sich, dass feministische Kämpfe ihrer Essenz beraubt und an das System angeglichen werden. Ist es für Frauen möglich, eine integrative und ganzheitliche ideologische Perspektive zu schaffen, die sich gegen die miteinander verflochtenen politischen und ideologischen Angriffe der männlichen Vorherrschaft richtet?

2. Feminismus – die Rebellion der ältesten Kolonie und was dahintersteckt

Welchen Platz nimmt der Feminismus ein und welchen Beitrag leistet er zum Kampf der Frauen in Vergangenheit und Gegenwart? Was sind die Ursachen für die Blockaden, denen der Feminismus ausgesetzt ist? Wie kann der Feminismus eine antisystemische Haltung einnehmen?

3. Soziologie der Freiheit und Jineolojî

Der Aufbau einer starken Verbindung zwischen der revolutionären Organisation und den Sozialwissenschaften ist ein Schlüsselaspekt im Kampf gegen Verzerrung, Manipulation und ideologische Angriffe. Eine intellektuelle Suche, die auf einem alternativen Paradigma basiert, kann die Werte, die durch den Widerstand der Frauen an der Front gesammelt wurden, zur Grundlage der Revolution machen. Welche Rolle wird die Jineolojî bei der Umwandlung der Werte, Erfahrungen und Kenntnisse spielen, die aus der Frauenrevolution hervorgehen und in die soziale Kultur einfließen? Was sind die Ergebnisse der philosophischen Erkundungen, die ein freies Leben und eine freie Identität im Kampf um das Sein hervorbringen werden? Wie trägt die Philosophie des freien Zusammenlebens zur Bildung dieser Identitäten bei?

Sitzung IV: Unsere Vision: Freies Leben aufbauen

1. Wie man lebt, was man macht und wo man anfängt

Was sind unsere Antworten auf die Fragen: Wie sollen wir leben? Was sollen wir tun? Wo sollten wir beginnen? Töten des Mannes und freies Zusammenleben – Was bedeutet es, Männer aus dem Griff des Patriarchats zu befreien? Was bedeutet es, Formen von Machtbeziehungen auf der Grundlage des Geschlechts zu befreien und Frauen und Männer durch die Überwindung des Geschlechts zu definieren? Was sind die Bausteine einer Lebensphilosophie, die die sozialen Beziehungen verändern und umgestalten wird?

2. Organisieren!

Autonome Organisierung ist das wichtigste Instrument, um die Energie, den Kampf und den Widerstand der Frauen gegen das Patriarchat zu verteidigen. Wie kann eine Art der Organisierung entwickelt werden, der alle gesellschaftlichen Bereiche und Unterschiede, einschließlich ethnischer, kultureller, religiöser und klassenbedingter Widersprüche, umfasst?

3. Das Leben verteidigen: Nein zum Krieg, ja zur Selbstverteidigung

In den nationalen und Klassenbefreiungskämpfen, im Widerstand gegen Faschismus und Rassismus, im täglichen Leben der Frauen ist die Selbstverteidigung eines der wichtigsten Instrumente zum Sturz des patriarchalen Systems. Welche Aspekte unterscheiden Selbstverteidigung vom Militarismus? Was ist das soziale Äquivalent einer Selbstverteidigung, die durch feministische Ethik und Ästhetik entwickelt wurde? Wie sollten wir vorgehen, um ein Selbstverteidigungsmodell zu verwirklichen, das intellektuelle und praktische Ganzheitlichkeit aufweisen kann?

Sitzung V: Unseren Weg finden

Jin, Jîyan, Azadî: Warum eine supranationale Frauenorganisierung? Wie sieht der Vorschlag für einen demokratischen Weltfrauenkonföderalismus aus?

Was muss getan werden, um das Bewusstsein der Frauen für die ideologischen Angriffe des Systems zu schärfen? Ist das Niveau der Debatte über Ideologien, die Frauen spalten und ihre Sichtbarkeit verhindern, ein Hindernis für unseren praktischen Fortschritt? Wie kann eine Einheit von Prinzipien formuliert werden, die alle Arten von Frauenkämpfen dazu ermutigt, sich vorrangig auf das Hauptziel zu konzentrieren, nämlich die Zerstörung der vielschichtigen, verdeckten und miteinander verflochtenen Politiken, Praktiken und Angriffe des Patriarchats?

Inwieweit wirken sich Unterschiede in den ideologischen Perspektiven auf feministische Bündnisse aus? Was wird unser Hauptansatzpunkt bei der Festlegung gemeinsamer Prinzipien sein? Welcher Weg sollte eingeschlagen werden, um Strukturen aufzubauen, die nicht hierarchisch, statistisch oder zentralistisch sind, und um nachhaltige Partnerschaften zu schaffen?

In diesem Abschnitt werden wir uns die Fragen stellen: Wie können sich alle Kämpfe für die Befreiung der Frauen auf grundlegende Ziele einigen? Wie sollten sie aufgebaut sein? Wie können sie sich so entwickeln, dass sie einen Frauenkonföderalismus schaffen, der nicht auf Ethnie oder Dominanz basiert? In diesem Abschnitt können wir konkretisieren, wie wir uns gemeinsam den demokratischen Weltkonföderalismus der Frauen vorstellen können. Hier kann jede ihre Vorschläge in Bezug auf das von der kurdischen Frauenfreiheitsbewegung vorgelegte Dokument einbringen.