Rewşan Mêrdîn ist Mitglied der Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (KJK) und war zu Gast bei der Sendung „Rojeva Jin“ (Frauenagenda), die jeden Freitag auf Stêrk TV ausgestrahlt wird. Gestern äußerte sie sich zu der türkischen Invasion in Südkurdistan und erklärte, dass alle Teile Kurdistans besetzt seien. Der türkische Staat und die AKP-Regierung hätten sich auf die Vernichtung der Kurdinnen und Kurden eingeschworen:
„Heute wird Südkurdistan bedroht. Diese Situation ist nichts Neues, der türkische Staat führt seit langer Zeit eine Besatzungsoperation in Südkurdistan. Diese Tatsache muss vom kurdischen Volk, der südkurdischen Regierung und den politischen Parteien begriffen werden. Insbesondere die politischen Parteien müssen jetzt richtig handeln, ansonsten wird es auch für sie das Ende bedeuten. Zu diesem Thema herrscht große Unwissenheit. Den Parteien ist nicht bewusst, wohin sie ihr Bündnis mit dem türkischen Staat führen wird.“
Neoosmanische Expansion
Die südkurdische Regierung stelle falsche Berechnungen auf und setze falsche Schritte, erklärte Rewşan Mêrdîn weiter: „Die Angriffe sind nicht nur militärisch, sondern gleichzeitig auch politisch. Dass die südkurdische Regierung nichts gegen die Besatzung ihres Territoriums sagt, bedeutet, dass sie politisch ihren Anteil daran hat. In der Bevölkerung besteht ein Bewusstsein darüber, dass es bei den Angriffen weniger um die PKK als um die Vernichtung der Kurden und eine neoosmanische Expansion geht. Wenn sich die Regierung im Süden als Vertreterin des kurdischen Volkes sieht, sollte sie die Politik des türkischen Staates deutlich machen. Zweifellos haben sich im Süden auch Menschen bemerkbar gemacht, die gegen die Besatzung vorgehen wollen. Es sind zum Beispiel Unterschriften gesammelt worden. Das ist wichtig, aber es reicht nicht aus. Das kurdische Volk muss sich gemeinsam gegen die Angriffe erheben, die Methode dabei ist eindeutig.“
Gegen Nationalismus und Staat
„Der Regierung im Süden sollte klar sein, dass sie ohne die PKK selbst vernichtet werden wird. Innerhalb der Regierung gibt es jedoch Kreise, die sich aufgrund von langjährigen Wirtschaftsinteressen dem türkischen Staat beugen. Heute stehen sie zwischen allen Stühlen und finden nicht aus dieser Situation heraus. Für die Regierung im Süden gibt es nur einen einzigen Weg, sie muss an die Interessen des Volkes denken. Im Mittleren Osten findet der dritte Weltkrieg statt. Als eine Kraft, die überall gesehen wird, müssen wir innerhalb des neuen Systems für unsere Rechte eintreten. Dabei dürfen wir jedoch nicht auf Nationalismus, Staat und Stämme setzen, sondern müssen uns mit einem demokratischen Verständnis organisieren, das alle Völker und Glaubensgemeinschaften einschließt“, sagte Rewşan Mêrdîn weiter.
Frauen müssen sich zur Wehr setzen
Zur Rolle von Frauen erklärte die KJK-Koordinatorin: „In allen Kriegen leiden Frauen und Kinder am meisten. In Südkurdistan hat immer Krieg geherrscht. Der momentane Krieg findet jedoch auf vielen verschiedenen Ebenen statt. Beispielsweise gab es früher viel weniger sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen, aber einhergehend mit dem Krieg treten viele solche Fälle auf. Dagegen müssen Frauen sich zur Wehr setzen. Sie müssen sich organisieren und eine gemeinsame Position entwickeln.“
Rewşan Mêrdîn ging weiter auf die neu gegründeten Selbstverteidigungskräfte Südkurdistans ein und sagte: „In Südkurdistan haben sich Selbstverteidigungskräfte gegründet. Es geht jedoch nicht nur um militärische Fragen. Frauen müssen sich in allen Bereichen selbst verteidigen, auf kulturellem, sozialem und ökonomischem Gebiet. Sie müssen die Gesellschaft anführen, sich ihrer eigenen Kraft bewusst werden und sich gegen die Besatzung wehren.“