Rakel, Türkan, Emel und die anderen

Frauenporträts von Tuğçe Kara: Vor elf Jahren wurde der armenische Journalist Hrant Dink in Istanbul ermordet. Der Kampf seiner Weggefährtin Rakel geht weiter, ebenso wie der von Türkan Elçi und Emel Kitapçı.

„Zehn Jahre… das lässt sich leicht sagen. Volle zehn Jahre. Ohne dich nicht einfach. Dass du mir geplant genommen wurdest, bedeutet einen besonderen Schmerz, eine besondere Trauer. Und was sollen erst die sagen, deren Schmerz bereits seit 20 Jahren währt? Oder 30, 40 Jahren? Was sollen die sagen, deren Kind ermordet wurde?“

Rakel ist 1959 als eines von 13 Kindern von Siyament und Delal Yağbasan vom Stamm der Varto in Silopî zur Welt gekommen. Wie andere Stämme auch wurde der Stamm der Varto 1915 vertrieben und auf der Flucht angegriffen. Fünf Familien des Stammes flüchteten sich in die Cûdî-Berge und lebten 25 Jahre fast ohne Kontakt zur Außenwelt. Als sie nach 25 Jahren wieder Kontakt zur Außenwelt aufnahmen, passten sie sich zunehmend der kurdischen Bevölkerung der Gegend an. Sie vergaßen zwar ihre armenisch-christliche Herkunft nicht, aber sie begannen, überwiegend kurdisch zu sprechen.

Von ihrem langjährigen Weggefährten getrennt

Eines Tages besuchte sie der armenische Prediger Hrant Güzelyan im Rahmen eines Programms zur Ansiedlung anatolischer Armenier in Istanbul und brachte knapp 20 Kinder ist ein Kinderlager in Istanbul-Tuzla. In diesem Lager lernte Rakel Hrant Dink kennen. Sie war neun Jahre alt. Rakel verbrachte die Sommer in Tuzla und die Winter im Waisenheim in Gedikpaşa. Sie lernte türkisch und armenisch und schloss die Grundschule ab. Da sie behördlich nicht als Armenierin registriert war, sondern als Türkin, konnte sie nicht weiter auf eine armenische Schule gehen.

1976 heiratete sie Hrant Dink. Das Paar bekam drei Kinder: Delal, Arat und Sera.

Der armenische Journalist Hrant Dink verlor am 19. Januar 2007 durch einen bewaffneten Angriff in Istanbul vor dem Gebäude der Zeitung Agos sein Leben. Und Rakel verlor ihren Weggefährten, mit dem sie seit ihrem neunten Lebensjahr zusammen war…

Die Anarcho-Syndikalistin Emel Kitapçı

Emel Kitapçı bezeichnet sich als Anarcho-Syndikalistin. Ihren Mann verlor sie bei dem blutigen Anschlag in Ankara am 10. Oktober 2015. Eines der Bilder dieses Tages war das von Emel Kitapçı, wie sie ihren Sohn umarmt. Sie sieht wütend aus. Der Schmerz des Verlustes ist ihr anzusehen, aber sie hebt die Hand zum Himmel und sagt: „Ali ist heute nur körperlich von uns gegangen. Die, die nach ihm kommen, wir alle, werden seinen Kampf weiterführen. Er wird mit uns weiterleben.“

Die Juristin Türkan Elçi

Auch Türkan Elçis Kampf ähnelt dem von Rakel Dink und Emel Kitapçi. Ihr Mann Tahir Elçi, Vorsitzender der Anwaltskammer von Amed, wurde am 28. November 2015 nach einer Presseerklärung in Sur, der Altstadt Ameds, durch einen Kopfschuss getötet. Türkan Elçi gab nach dem Tod ihres Mannes ihren Beruf als Lehrerin auf und ließ sich in Istanbul nieder, um Jura zu studieren.

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