Newroz in den Bergen mit Amed Malazgirt
Der Guerillakommandant Amed Malazgirt aus dem zentralen Hauptquartier der Volksverteidigungskräfte (NPG) hat eine unmissverständliche Botschaft an Ankara gesandt. Eine Entwaffnung oder Auflösung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) käme nur dann infrage, wenn der kurdische Vordenker Abdullah Öcalan selbst einen solchen Prozess anführt. Das sagte Malazgirt während einer Newroz-Feier in den Medya-Verteidigungsgebieten. Die türkische Regierung hingegen fordert weiterhin die Kapitulation der PKK, ohne bisher konkrete Schritte zu einem politischen Dialog eingeleitet zu haben.
Newroz-Zeremonie der Guerilla
Das Newroz-Fest in den Bergen wurde von den Kämpferinnen und Kämpfern mit einer feierlichen Zeremonie begangen. Amed Malazgirt hielt daran anschließend eine Rede zur aktuellen politischen und militärischen Lage sowie zur Haltung der Guerilla hinsichtlich des von Öcalan angestoßenen Dialogprozesses. Der kurdische Vordenker hatte in einem historischen „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ Ende Februar zu einer Auflösung und Entwaffnung der PKK aufgerufen. Damit solle der Weg zu einer politischen Lösung der kurdischen Frage in der Türkei und einem würdevollen Frieden geebnet werden.
Türkei steigert Angriffe – trotz Waffenstillstand
Die PKK hatte auf den Aufruf mit einem einseitigen Waffenstillstand reagiert und ihre bewaffneten Kräfte in den Verteidigungsmodus geschaltet. Malazgirt bestätigte: „Seit der Botschaft vom 27. Februar haben wir auf geplante militärische Aktionen verzichtet.“ Gleichzeitig warf er dem türkischen Staat vor, trotz der Waffenruhe seine Angriffe auf die Medya-Verteidigungsgebiete massiv ausgeweitet zu haben. „Die Armee bombardiert weiterhin mit Kampfflugzeugen, Artillerie und Drohnen – rund um die Uhr kreisen Aufklärungsflugzeuge über unseren Gebieten.“
„Nur Öcalans Wort zählt“
Malazgirt machte deutlich, dass die Guerilla den Fokus nicht auf offizielle Verlautbarungen aus Ankara legt, sondern allein auf die Worte Öcalans: „Nicht was der Staat sagt, sondern was Rêber Apo sagt, ist für uns entscheidend.“ Der Kommandant betonte, dass eine Entwaffnung oder ein Auflösungskongress der PKK allein von Abdullah Öcalan initiiert und geleitet werden könne. Alles andere sei nicht glaubwürdig – auch nicht gegenüber den eigenen Kämpferinnen und Kämpfern: „Viele sind in dem Glauben an Öcalan in diese Bewegung eingetreten. Nur er kann sie überzeugen.“
Historische Rückblicke und Lehren
In seiner Rede blickte Malazgirt auch auf die Geschichte des Newroz-Widerstandes zurück, der tief mit der Entstehungsgeschichte der PKK verbunden sei. Vom symbolträchtigen Akt Mazlum Doğans im Gefängnis – der PKK-Mitbegründer hatte sich an Newroz 1982 im Gefängnis von Diyarbakır (ku. Amed) aus Protest gegen Unterdrückung und Folter das Leben genommen, nachdem er zuvor seine Zelle in Brand gesteckt hatte – bis zu den Selbstverbrennungen von Rahşan Demirel und Zekiye Alkan; der Geist von Newroz habe die Identität der Organisation geprägt. Die Gründung der PKK selbst sei, so Malazgirt, an einem Newroz-Tag entschieden worden. „Die PKK ist eine Newroz-Partei“, sagte er.
Rückblick auf frühere Friedensinitiativen
Zugleich erinnerte der Kommandant an verschiedene frühere Friedensinitiativen Öcalans – etwa 1993, 1998 und 2013 – und daran, wie diese stets mit militärischer Eskalation vonseiten des türkischen Staates beantwortet wurden. Besonders der letzte Versuch eines Dialogs ab 2013 sei in einer massiven Kriegsvorbereitung Ankaras geendet, gipfelnd in großangelegten Besatzungsfeldzügen und Vernichtungsangriffen ab 2015. Dennoch, so Malazgirt, sei es nicht die PKK, sondern der türkische Staat, der in den letzten zehn Jahren geschwächt worden sei – wirtschaftlich, militärisch und politisch.
Vertrauen nur mit Öcalans Freiheit
Der Kommandant machte klar: Für eine glaubhafte Beendigung des bewaffneten Kampfes braucht es nicht nur ein Umdenken in Ankara, sondern vor allem die physische Freiheit Abdullah Öcalans. „Ohne seine Freiheit gibt es keine Lösung“, so Malazgirt. „Der türkische Staat muss seine Haltung und seinen Ton ändern, wenn er echten Frieden mit dem kurdischen Volk will.“ Seine Botschaft war unmissverständlich: Ohne Öcalans aktive Rolle und Freiheit bleibe ein strategischer Schritt wie die Auflösung der PKK ausgeschlossen. Die kurdische Seite sieht den Ball im Feld der türkischen Regierung – doch vertrauensbildende Maßnahmen bleiben bislang aus.
Konzert von Awazê Çiya
Die Zeremonie endete mit einem Konzert der Gruppe Awazê Çiya und einem traditionellen Govend um das Newroz-Feuer – getanzt unter dem Slogan: „Bi can, bi xwîn em bi te re ne ey Serok!“ – zu Deutsch: „Mit Leben und Blut stehen wir zu dir, Vorsitzender!“