Kurdische Aktivistinnen im Evin-Gefängnis im Hungerstreik

Die im Evin-Gefängnis in Irans Hauptstadt Teheran inhaftierten Kurdinnen Varishe Moradi und Pakhshan Azizi sind in den Hungerstreik getreten. Sie protestieren damit gegen die Verlegung Moradis in den berüchtigten Foltertrakt 209.

Varishe Moradi und Pakhshan Azizi

Die im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftierten Kurdinnen Varishe Moradi und Pakhshan Azizi sind in den Hungerstreik getreten. Sie protestieren damit bereits seit letztem Dienstag gegen die Verlegung Moradis in den Trakt 209, wie das in Paris ansässige Kurdistan Human Rights Network (KHRN) am Donnerstag erfuhr. Der aus Einzelzellen bestehende Trakt untersteht dem iranischen Geheimdienstministerium und ist für schwere Folter an politischen Gefangenen berüchtigt.

Die Verlegung von Varishe Moradi in Trakt Nummer 209 erfolgte laut dem KHRN auf Anordnung des Richters Abolqasem Salavati. Sie solle im Vorfeld des Prozesses nochmals verhört werden, für den Zeitraum von einer Woche werde Moradi auch der Kontakt zu ihrer Familie verweigert. Salavati, der den Vorsitz des Revolutionsgerichts in Teheran führt, ist bekannt für harte Strafen und Entscheidungen in Fällen, in denen es um die „nationale Sicherheit“ geht. Wegen seiner vielen Todesurteile ist er auch als „Richter des Todes“ bekannt.

Bilder der KJAR-Kampagne für Varishe Moradi und Pakhshan Azizi

Todesurteil gegen Moradi befürchtet

Varishe Moradi (andere Schreibweise Warisheh), auch bekannt als Ciwana Sine, war am 1. August 2023 im Zuge einer Polizeikontrolle in der Nähe ihrer Geburtsstadt Sine (Sanandadsch) festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden. Die Aktivistin ist Mitglied der KJAR, dem Dachverband der kurdischen Frauenbewegung in Iran, und engagierte sich für frauenpolitische und feministische Themen. Nach ihrer Verschleppung war ihr Aufenthaltsort monatelang unklar.

Erst durch Recherchen des KHRN wurde später bekannt, dass Moradi nach ihrer Festnahme zunächst wochenlang vom iranischen Geheimdienst in Sine brutal gefoltert, misshandelt und verhört worden war, bis sie Ende August nach Teheran überführt wurde. Dort hielt man sie schon damals über Monate im Hochsicherheitstrakt 209 des Evin-Gefängnisses fest – ebenfalls unter Folter und Misshandlungen mit dem Ziel, sie zu brechen oder ein Geständnis von ihr zu erzwingen.

Seit Anfang Januar befindet sich Moradi in der Frauenabteilung der Haftanstalt, im Februar wurde Anklage gegen die Aktivistin unter anderem wegen „Feindschaft zu Gott“ und „bewaffnete Rebellion gegen den Staat“ im Zusammenhang mit ihrer angeblichen Mitgliedschaft in der „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“ (PJAK) erhoben. Auf diese Vorwürfe steht im Iran der Mullahs die Todesstrafe. Wann der Prozess beginnt, ist noch unklar. Mehrere Termine für den Verfahrensauftakt waren in der Vergangenheit verschoben worden.

Ähnliche Vorwürfe gegen Azizi

Auch Pakhshan Azizi wird zur Last gelegt, Mitglied der PJAK zu sein. Die studierte Sozialarbeiterin war ebenfalls im August, allerdings in Teheran von Agenten des Geheimdienstministeriums festgenommen. Auch mehrere Familienangehörige setzte das Regime fest. Während diese nach einem mehrtägigen Verhör wieder freigelassen wurden, kam Azizi in Trakt 209 in Evin. Dem KHRN zufolge wurde sie sowohl körperlich als auch psychisch schwer gefoltert. Azizi stammt aus Mehabad und arbeitete in Freiheit als Journalistin. Sie hat Sozialarbeit an der Allameh-Tabatabai-Universität in Teheran studiert, wo sie im November 2009 auch ihre erste Verhaftung erlebte. Ihr wurde zur Last gelegt, an Studierendenprotesten gegen die Hinrichtung kurdischer politischer Gefangener teilgenommen zu haben. Im März 2010 kam sie auf Kaution wieder frei. Auch in ihrem Fall ist nicht bekannt, wann der Prozess beginnen soll.