Keziban Yılmaz: Trotz Verurteilung Freilassung angeordnet

Die Bürgermeisterin Keziban Yılmaz ist in Amed wegen Terrorvorwürfen zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Gericht ordnete trotz Verurteilung die Freilassung der kurdischen Politikerin an.

Im Verfahren gegen die inhaftierte und abgesetzte Ko-Bürgermeisterin des kurdischen Stadtbezirks Payas (Kayapınar, Provinz Amed/Diyarbakir), Keziban Yılmaz, hat der 9. Schwurgerichtshof Diyarbakir sein Urteil gesprochen. Die Politikerin wurde wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht ordnete gleichzeitig mit der Urteilsverkündigung die Freilassung der kurdischen Politikerin an und erteilte ein Auslandsreiseverbot.

Keziban Yılmaz war vor einem Jahr zur Bezirksbürgermeisterin gewählt worden. Am 22. Oktober 2019 wurde sie zeitgleich mit ihren Amtskolleginnen Yıldız Çetin aus Erdîş (Erciş) und Rojda Nazlıer aus Karaz (Kocaköy) inhaftiert. Die Anklage gegen sie stützte sich größtenteils auf Aussagen der Kronzeugin Hicran Berna Ayverdi, die vom türkischen Reuegesetz profitiert und inzwischen aus der Haft entlassen worden ist. Ayverdi behauptete, Yılmaz handelte in ihrem Amt als Bürgermeisterin auf „Anweisung der Organisation“ (gemeint ist die kurdische Arbeiterpartei PKK), sei „Delegierte der KCK“ und säße im „Exekutivrat der KJB“. Die Staatsanwaltschaft will zudem wissen, dass Yılmaz Mitglied der Mesopotamischen Anwaltsvereinigung MHD und des Kongresses der Freien Frauen (KJA) gewesen sei. Beide Organisationen wurden 2016 im Rahmen des Ausnahmezustands per staatlichen Notstandsdekret verboten.

An der Verhandlung konnte Keziban Yılmaz nur über eine Videoschaltung aus dem Frauengefängnis Kayseri-Bünyan teilnehmen. Im Gerichtssaal wurde sie von ihren Anwält*innen Servet Özen, Reyhan Yalçındağ und Cihan Aydın vertreten. Der Prozess wurde von zahlreichen HDP-Politiker*innen beobachtet. Die Verteidigung hatte vor Gericht auf die zahlreichen Ungereimtheiten in der Ermittlungsakte aufmerksam gemacht und einen Freispruch gefordert.