Fünf Jahre Kampf um Anerkennung
Mit einer Kundgebung und einem anschließenden Fahrrad- und Autokorso haben am Sonnabend rund 300 Menschen in der Kasseler Nordstadt an den rassistisch motivierten Mordversuch an dem Taxifahrer B. Efe erinnert. Die Demonstration fand anlässlich des fünften Jahrestags des Angriffs statt und stand unter dem Motto: „Noch lange kein Schlussstrich“.
Die Teilnehmenden forderten eine umfassende Aufarbeitung des Falls, die politische Anerkennung des rassistischen Tatmotivs sowie konkrete Unterstützungsmaßnahmen für das weiterhin schwer gezeichnete Opfer. B. Efe überlebte den Angriff vom 21. Juni 2020 nur knapp – er wurde während seiner Schicht mit einem Messer schwer verletzt, nachdem er rassistisch beleidigt worden war. Erst durch sein eigenes Handeln, eine Notfahrt ins Krankenhaus, konnte sein Leben gerettet werden.
Fünf Jahre Kampf für Rente, Schmerzensgeld und Entschädigung
Bis heute, so kritisieren Betroffene und Unterstützer:innen, sei der Fall nicht offiziell als rassistisch motiviert anerkannt worden. Auch eine Entschädigung oder Rentenansprüche blieben bislang aus. „Ich kämpfe seit fünf Jahren für Rente, Schmerzensgeld und Entschädigung, aber alles wurde abgelehnt“, sagte B. Efe. Sein gesundheitlicher Zustand gilt weiterhin als schlecht.
Statt Solidarität erleben Betroffene Ausgrenzung
Ein Sprecher der Soligruppe B. Efe 09 kritisierte in seiner Rede, dass sich Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt regelmäßig mit Ablehnung, Bürokratie und Gleichgültigkeit konfrontiert sehen: „Ihre Ängste und Bedürfnisse werden nicht ernst genommen. Sie müssen sich immer wieder rechtfertigen und sind in einem Labyrinth aus Formularen und Fristen gefangen.“
Foto © Soligruppe B. Efe 09
Die Teilnehmer:innen kritisierten das lange Ausbleiben institutioneller Unterstützung, die fehlende Entschädigung sowie Versprechen von Seiten der Stadt und Politik, die sich bislang als leere Worte erwiesen haben. Redebeiträge verwiesen darauf, dass der Fall Efe kein Einzelfall sei, sondern Ausdruck eines strukturellen Versagens im Umgang mit rechter, rassistischer, antisemitischer und polizeilicher Gewalt.
Überlebende fordern gemeinsame Konsequenzen
Aynur Satır, Überlebende des rassistischen Brandanschlags in Duisburg 1984, bei dem sieben Mitglieder ihrer Familie starben, sagte: „Wir Betroffenen rechter Gewalt unterstützen uns gegenseitig. Gemeinsam fordern wir Aufklärung und Konsequenzen.“ Auch dieser Anschlag ist bis heute nicht offiziell als rassistisch motivierte Tat anerkannt worden.
Lesung mit Microphone Mafia am Vorabend
Unter den Demonstrierenden befanden sich viele Angehörige von Betroffenen sowie Aktivist:innen aus bundesweiten Solidaritätsnetzwerken. Bereits am Vorabend hatte im Kulturzentrum Schlachthof Kassel eine szenisch-musikalische Veranstaltung mit der Kölner Band Microphone Mafia stattgefunden. In Kooperation mit der Soligruppe wurde dort die Kontinuität rechter Gewalt sowie der zivilgesellschaftliche Widerstand dagegen thematisiert.