Bei der Revolution von Rojava handelt es sich bekanntlich um eine Frauenrevolution. Was Frauen in den zehn Jahren der Revolution erkämpft haben, ist offensichtlich. Mittlerweile stehen Frauen auf politischem, militärischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gebiet und allen Lebensbereichen im Vordergrund. Eine dieser Errungenschaften ist das Frauendorf Jinwar westlich von Dirbêsiyê in Nordsyrien. In dem Dorf leben Frauen und Kinder weitgehend autark. Sie arbeiten an ihrer Selbstversorgung und ihrer Weiterbildung und führen damit vor Augen, wie willensstark Frauen sein können.
Rûken Rojda ist Mitglied der Akademie für Jineoloji und hat sich gegenüber ANF zum Gründungszweck von Jinwar geäußert. Jineolojî als Wissenschaft der Frau kritisiert das elitäre, patriarchale, positivistische Verständnis von Wissenschaft und entwickelt Wissen und Methoden für die Erforschung und Überwindung patriarchaler, staatlicher und kapitalistischer Wissens- und Herrschaftsformen mit dem Ziel einer Frauenrevolution für eine freie Gesellschaft.
Jinwar sei im Zuge der Revolution von Rojava entstanden, sagt Rûken Rojda: „Frauen und Kinder leiden am meisten im Krieg. Mit der Rojava-Revolution wurde das System der demokratischen Autonomie aufgebaut und in den entstandenen Institutionen sind vor allem Frauen in den Vordergrund getreten. 2017 wurde über die Notwendigkeit und den Zweck eines Frauendorfes diskutiert. An der Gründung von Jinwar waren Frauen aus vielen verschiedenen Institutionen beteiligt. Die Eröffnung fand am 25. November 2018 statt, dem Kampftag gegen Gewalt an Frauen.“
Selbstversorgung und Heilkunde
Zu dem in Jinwar gelebten System erklärt Rûken Rojda: „In Jinwar gibt es ein kommunales System und einen Dorfrat. In zweiwöchentlichen Versammlungen wird über die Organisation des Alltagslebens und die anfallende Arbeit beraten. Es findet Bildungsarbeit für Frauen und Kinder statt. Kurdische, arabische und internationalistische Frauen sind an allen Lebensbereichen beteiligt. Jinwar ist ein Dorf für Frauen aus der ganzen Welt. Über eine eigene Bäckerei und einen Laden wird die Alltagsversorgung gewährleistet. Die Frauen leben von Land- und Viehwirtschaft. Im Heilzentrum Şîfa Jin wird aus Kräutern natürliche Medizin hergestellt, mit der viele Krankheiten behandelt werden können.“
Ein Frauendorf in einem belagerten Land
Nach Jinwar kommt oft Besuch, viele Menschen interessieren sich für das Dorf, berichtet Rûken Rojda weiter. Viele sind verblüfft, dass es ein solches Dorf in einem belagerten Land geben kann. Diese Tatsache sei eine Revolution für sich. Rûken Rojda sagt, dass weise und freie Frauen überall auf der Welt Angst bei den Herrschenden auslösen. Jinwar ist eines der wenigen Frauendörfer auf der Welt. Laut Rojda wurde das erste Frauendorf auf dem afrikanischen Kontinent gegründet. „Wer Jinwar besucht, setzt sich danach auch außerhalb für das Dorf ein. Mit der Revolution von Rojava haben Frauen bewiesen, dass sie alle Bereiche des Lebens anführen können und sich für ihre Rechte einsetzen. Was auch immer die Herrschenden versuchen, sie können sich gegen den Willen der Frauen nicht durchsetzen.“