Das Bündnis „Frauen sind gemeinsam stark“ hat am Samstag im Istanbuler Stadtbezirk Kadiköy gegen Feminizid protestiert. Bei der Kundgebung wurden Regenbogenfahnen und ein Transparent mit der Aufschrift „Kein Gehorsam – Rebellion gegen staatlichen Täterschutz“ getragen. Auch die HDP-Abgeordnete Züleyha Gülüm nahm an dem Protest teil, die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Teilnehmerinnen skandierten die Parolen „Wir schweigen nicht, wir fürchten uns nicht, wir gehorchen nicht" und „Feminizide sind politisch".
Im Namen des Frauenbündnisses erklärte die Aktivistin Dilek Başalan auf der Kundgebung, dass die staatliche Kriegspolitik gegen Kurdistan von brutaler Frauenfeindlichkeit begleitet wird. Als Beispiel nannte sie den Mord an Firdevs Babat, die in Şirnex mit dem Gewehr eines paramilitärischen Dorfschützers erschossen wurde. Die 17-Jährige sei von 17 Kugeln getroffen worden. „Der Staat unterstützt das System der Dorfschützer, aber er schützt die Frauen nicht vor diesen Mördern, die er bewaffnet. Der Bruder des Mörders Ahmet Babat, Ramazan Babat, wurde wegen Vergewaltigung eines anderen Mädchens am selben Ort verhaftet. Um sein Verbrechen zu vertuschen, kann der Vergewaltiger die Familie bedrohen und mit der Macht, die er vom Staat erhält, Geld anbieten. Warum werden Männer an einem Ort geschützt, an dem so viele Verbrechen begangen werden? Die heuchlerische Moralpolitik, die jedem Mann, der eine Uniform trägt, das Recht gibt, alle Arten von Gewalt zu begehen, ist dafür verantwortlich“, so Dilek Başalan.
Başalan betonte, dass sie ihre Freiheiten, die ihnen der männliche Staat wegnehmen wollte, nicht aufgegeben haben: „Die Hassreden der Regierung, die Haltung der Opposition und die auf männlichem Denken basierende Justiz richten sich gegen uns Frauen und setzen uns jeden Moment dem Tod, der Vergewaltigung und der Verhaftung aus. Der Rückzug aus der Istanbul-Konvention, die unwirksame Umsetzung von Artikel 6284 und die Tatsache, dass alle Entscheidungen von einem Mann getroffen werden, entfernen das Land rapide von Demokratie, Freiheit und dem Status als sicherer Ort. Wir haben in der Vergangenheit erfahren, was das von Männern dominierte System vorhat, und wir werden das nicht hinnehmen. Wir werden weder vernünftige noch gehorsame Frauen sein. Wir haben denen, die Mördern und Vergewaltigern auf die Schulter klopfen, etwas zu sagen: Wir sind auf der Straße, zu Hause, in der Schule, am Arbeitsplatz, überall. Wir werden weder ihnen noch ihrer frauenfeindlichen Politik gehorchen."