Die iranische Menschenrechtlerin und Sacharow-Preisträgerin Nasrin Sotoudeh befindet sich seit 33 Tagen in einem Hungerstreik. Die 53-Jährige protestiert damit gegen die Missachtung ihrer Anfragen durch die Behörden und den Druck auf ihre Familie.
„Ich sehe keinen anderen Weg als den Hungerstreik. Nur so kann ich meinen Protest gegen den anhaltenden Druck auf meine Familie und Freunde zum Ausdruck zu bringen. Ab Samstag, dem 23. August, trete ich in den Hungerstreik“, schrieb die Menschenrechtlerin in einem offenen Brief aus dem Gefängnis, den ihr Ehemann Reza Khandan auf Facebook veröffentlichte.
Nasrin Sotoudeh ist eine der bekanntesten Menschenrechtsanwältinnen im Iran. Sie kämpft für die Rechte von Frauen und Kindern und setzt sich gegen die Hinrichtung von Minderjährigen ein. Mit der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi gründete Sotoudeh 2006 das Zentrum zum Schutz der Menschenrechte im Iran. Seit ihrer Verhaftung im Juni sitzt sie im berüchtigten Evin-Gefängnis in der Hauptstadt Teheran. Vorgeworfen wird ihr staatsfeindliche Propaganda, Beleidigung der Islamischen Republik und Spionage. Der Spionage-Vorwurf wurde bereits 2014 erhoben, nachdem sich Nasrin Sotoudeh mit einer Delegation von Europaparlamentarier*innen getroffen hatte. Den Kontakt zu den Abgeordneten legen die Behörden auch weiterhin als Spionage aus. Sotoudeh hat alle Vorwürfe kategorisch zurückgewiesen. Auch hat sie abgelehnt, eine Kaution von umgerechnet 125.000 Euro für eine Freilassung bis zu ihrem Gerichtstermin zu hinterlegen.
Im Jahr 2010 war Sotoudeh wegen des Vorwurfs der „Propaganda gegen die Islamische Republik“ und „Angriff auf die nationale Sicherheit“ verhaftet und von einem Revolutionsgericht zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil wurde später auf sechs Jahre reduziert. Während der Proteste gegen die Präsidentschaftswahlen 2009 hatte Sotoudeh Demonstrant*innen der oppositionellen „grünen Bewegung” verteidigt. Nach weltweiten Prosten und Appellen an die iranische Regierung für ihre Freilassung wurde sie im September 2013 vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen.
Vor wenigen Tagen wurde die Aktivistin mit dem Internationalen Ludovic-Trarieux-Preis für Menschenrechte ausgezeichnet. Der Preis ist eine Auszeichnung für Rechtsanwält*innen, die sich für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gegen Rassismus und Intoleranz engagieren. Auf dem Facebook-Profil ihres Ehemanns Reza Khandan ist kein Eintrag dazu zu finden. Er sitzt seit dem 4. September selbst im Gefängnis, weil er die Öffentlichkeit über ihren Hungerstreik informierte.