Der Frauenrat der Demokratischen Partei der Völker (HDP) hat im Kuğulu-Park in Ankara den Beginn einer neuen Kampagne bekanntgegeben. An der Pressekonferenz nahmen neben HDP-Politikerinnen auch Mitglieder der DBP und der „Bewegung Freier Frauen“ (TJA) sowie Frauen der linken Organisationen SKM, SODAP, SYKP und „Grün-Links“ teil. Obwohl die Polizei es zu verhindern versuchte, verlas die HDP-Frauenratssprecherin Ayşe Acar Başaran die Erklärung zum Start der Kampagne „Der Frauenkampf ist überall“.

Die Erklärung begann mit der Feststellung, dass die Regierungskoalition aus AKP und MHP in der Zeit der Corona-Pandemie ein weiteres Mal bewiesen habe, wie frauen- und gesellschaftsfeindlich ihre Politik ist. Als herausragendes Beispiel wurde das Vorgehen gegen die kurdische Politikerin Leyla Güven genannt. Der HDP-Abgeordneten wurde vergangene Woche die parlamentarische Immunität und das Mandat entzogen, seitdem befindet sie sich erneut im Gefängnis von Amed (türk. Diyarbakir). „Leyla Güven hat ihr gesamtes Leben der Befreiung von Frauen und des kurdischen Volkes gewidmet und dafür große Opfer erbracht“, so der HDP-Frauenrat.

Weiter wurde in der Erklärung festgestellt, dass dem kurdischen Volk in der Türkei über das System der Zwangsverwaltung HDP-geführter Rathäuser das aktive und passive Wahlrecht faktisch entzogen worden ist. Im Fokus der Repression stünden die Frauenbewegung und die von ihr erkämpften Errungenschaften wie die genderparitätische Doppelspitze. Die Wut der Frauen und der unterdrückten Völker lasse sich von der Repression jedoch nicht aufhalten. Während die Regierungspolitik darauf angelegt sei, die patriarchale Vormachtstellung, das kapitalistische System, die eigene Machtposition und die Behaglichkeit des Palastlebens aufrecht zu erhalten, setze die HDP auf Frauenbefreiung und den Kampf für Freiheit und Gleichheit.

„Auf der einen Seite finden die Angriffe auf die Errungenschaften von Frauen statt, auf der anderen Seite steht die Entschlossenheit von Frauen, ihren Kampf fortzusetzen. Als Frauenrat der HDP organisieren wir uns gegen patriarchale Herrschaft und erklären: Wir sind hier und der Frauenkampf ist überall. Im Rahmen unserer Kampagne werden wir uns in allen Bereichen des Lebens – zu Hause, auf der Straße, im Parlament, bei der Arbeit – für unsere Rechte einsetzen.“

Die Kampagne soll einen Monat andauern und sieht folgenden Zeitplan vor:

Erste Woche: Kindesmissbrauch

Das Thema der ersten Woche ist Kindesmissbrauch und damit einhergehend das in der Türkei geplante Gesetz zur Legalisierung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger im Falle einer Eheschließung zwischen Täter und Opfer. Dazu sollen landesweit Straßenaktionen und Frauenversammlungen stattfinden. Auch im türkischen Parlament steht das Thema auf der Agenda.

Vollzugsgesetz und Zwangsverwaltung

In der zweiten Woche sind Proteste vor Gefängnissen und Justizgebäuden gegen das verabschiedete Vollzugsgesetz angekündigt, weil politische Gefangene davon ausgeschlossen sind.

Das Thema der dritten Woche ist die Zwangsverwaltung kurdischer Kommunen und die Kriminalisierung der von der HDP in allen Gremien praktizierten genderparitätischen Doppelspitze.

Gewalt gegen Frauen und Selbstmord

Die letzte Woche ist dem Thema Gewalt gegen Frauen und der steigenden Selbstmordrate gewidmet. Hierzu sind neben Straßenaktionen und Veranstaltungen Frauenversammlungen in Dörfern und Stadtvierteln geplant.

Internationaler Austausch

Darüber hinaus sollen Treffen mit alevitischen, geflüchteten und Roma-Frauen stattfinden. Auf internationaler Ebene will der HDP-Frauenrat den Kontakt zu Europaparlamentarierinnen und Frauenorganisationen in Europa, Südamerika und dem Mittleren Osten verstärken.